Eigentlich geht es mich nichts an – mich interessiert die Battlefield-Reihe nicht. Ich habe die Serie seit dem ersten Teil nicht mehr mit dem Hintern angesehen. Da ich aber gerne informiert bin, habe ich in den letzten Tagen vereinzelte Videos und Kritiken zu Battlefield: Hardline in meinen Kopf gestopft. Ich muss leider einmal mehr meinen „Social Justice Warrior“-Hut aufsetzen und zugeben, dass mir das Setting zu denken gibt.
Letztes Jahr sprach Keith Knight an unserer Universität, seines Zeichens „Gentleman-Cartoonist“, der sich gegen Polizeibrutalität in den USA engagiert. Er hat davon erzählt, wie es immer von Vorteil als schwarzer Mann ist, wenn man mit weißen Freunden unterwegs ist – weshalb man immer eine weiße aufblasbare Sex-Puppe dabeihaben sollte.
Eins der Bilder, die Keith in seiner Präsentation zeigte, war kein Cartoon: Es war ein Foto von einem Polizeiteam, das mit einem gepanzerten Wagen und schwer bewaffnet durch die Straße zieht. Das genaue Bild finde ich nicht mehr, aber eine kurze Suche auf Google liefert genügend Beispiele dafür, wie der Leitsatz „to protect in serve“ anscheinend in den Hintergrund geraten ist. „Beschützen und dienen“ muss die Polizei anscheinend mit den Waffen, die das Militär zu viel eingekauft hat.
Darüber lässt sich bestimmt streiten. Ohne Frage möchte ich, dass die Menschen gut geschützt sind, die im Ernstfall ihr Leben riskieren, um unbedarfte, nasebohrende Zivilisten wie mich zu schützen. Polizisten sind letztendlich auch nur Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen in den Dienst getreten sind – so wie ich mich gegen einen Dienst an der Waffe entschieden habe, so wie du vielleicht beim Bund gelandet bist, oder so wie ein anderer seine Berufung bei der Feuerwehr, auf dem Bau, in der Uni, in einer Kanzlei, beim Bäcker oder wo auch immer fand.
Trotzdem: Als ich auf dem Weg ins Kino war, während in Bremen eine Terrorwarnung die Runde machte, da hatte ich mehr Angst vor der Polizei als vor einer Bombe, die unter dem Klo im Kino lauern könnte. Ich habe mich nicht sicherer gefühlt, trotz unserer Polizei und den Waffen, die sie in den Händen trugen – im Gegenteil.
Dabei können einzelne Polizisten nichts für die Bewaffnung der Polizei – das geschieht ein paar Ebenen höher. Ebenfalls dort setzt das Portrait der Polizei in den Medien an und das reicht von „alle sind Idioten“ bis hin zu „alle Polizisten sind Actionhelden“, als ob es niemanden unter den Polizisten gäbe, der einfach nur seinen Job machen will – protect and serve, oder „Recht und Ordnung aufrecht erhalten“.
Und das ist ein Grund, warum ich meine Stirn in meiner Hand versenke, wenn ich von Battlefield: Hardline lese – glorifiziert das Spiel vielleicht Polizeigewalt und Militarisierung? Gibt es jungen Spielern vielleicht falsche Ideen von Heldenmut und ehrhafter Polizeiarbeit? Ich weiß es nicht, und ich bin ehrlich – ich kotze schon jetzt, weil Allgemeinplätzchen wie „Wir brauchen ein innovatives Bild der Polizei“ oder „Die Darstellung der Polizeigewalt in Hardline ist schädlich“, die in Kritiken überall auf dem Globus auftauchen werden, ohne, dass sich irgendetwas ändern wird.
Denn wir „Gamer“ überschätzen immer wieder eins: Die Bedeutung und Wirkung unseres Mediums, und die unserer zerstrittenen, von falschen Versprechungen besessenen „Community“. Selbst wenn die Hälfte unserer Kritiker das Spiel auf eine Weise verteufelt, die die andere Hälfte als SJW-Propaganda ablehnt, selbst wenn plötzlich alle „wahren“ Gamer auf diesem Planeten über Battlefield: Hardline sprechen: Außerhalb unserer kleinen Welt ist das eine Randnotiz. Der Planet Erde mag spielen; doch wie es einen Unterschied zwischen Kinogängern und Cineasten gibt, so gibt es einen Unterschied zwischen elf Millionen World of WarCraft-Spielern und den Leuten, die den gesamten Blizzard-Store leergekauft haben; so wie es geschätzte 200 Milliarden Menschen gibt, die Guardians of the Galaxy im Kino gesehen haben, gibt es auch nur 200 Menschen, die die Comics gelesen haben.
Und es gibt nur eine kleine Schnittmenge von Menschen, die das neue Battlefield kaufen, weil eben Battlefield draufsteht, und denen, die sich danach eine „Kritische Abhandlung über die Polizeigewalt und Militarisierung in Battlefield: Hardline“ durchlesen. Die „politisch/sozial motivierten“ Kritiken, die es geben wird, haben ihren eigenen Zweck: Sie versichern dem Kreis der Fans in den Twitter- und Facebook-Echokammern, dass sie auf der richtigen Seite sind, wenn sie das Spiel ablehnen. Um es anders zu sagen: Kritiken zu einem Spiel dieser Größenordnung bestehen nur dazu, um die Meinung der Leser/Zuschauer zu bestätigen.
Letztendlich ist es das, was mir Sorgen bereitet: Polizeigewalt ist in den USA ein reales Problem, und Battlefield: Hardlinie mag eine waffenstarrende Polizei glorifizieren – oder eben auch nicht. Die Leute werden’s aber trotzdem kaufen, weil es nur eine handvoll Menschen tatsächlich interessiert, was denn die Stangenware von EA dazu zu sagen hat. Es wird keine Diskussion geben, sondern eine Reihe von dogmatischen Twitter-Einzeilern, die dann eifrig geteilt werden, um imaginäre Fronten zu klären. Am Ende hat es nur tangentiell mit Videospielen zu tun und mehr mit dem Ego der Kritiker-Persönlichkeiten, die wir in den letzten zehn, zwanzig Jahren in den Himmel gehoben haben. Und in der Zwischenzeit werden weitere Menschen in den USA durch Polizeigewalt sterben.
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