GC14: Graue Schmiere auf dem Schirm
Da gibt es doch tatsächlich noch Echtzeit-Strategie auf der gamescom: Noch vor ein paar Tagen dachte ich, dass das Genre komplett in Richtung MOBA abgewandert wäre. Zum Glück gibt es Grey Goo, das irgendwo zwischen StarCraft und Command & Conquer liegt. Letzteres ist kein Zufall, denn im Entwicklerteam von Grey Box schrauben Veteranen des Westwood-Klassikers.
Mit NOD und GDI hat der graue Schleim aber nichts zu tun: Vielmehr ist er eine der drei verschiedenen Fraktionen im Spiel. Der Schleim ist eine Art Nano-Lebensform, die im Kampf um Ressourcen sehr mobil sein muss – nichts für den Burgenbauer Christoph. Ich entscheide mich von daher für die Menschen, die ihre Bauwerke an ein Kerngebäude anschließen müssen, das mit weiteren Gebäuden erweitert wird.
Die wichtigsten Gebäude sind zunächst Raffinerien. Die platzieren Extraktoren auf unterirdischen Ressourcenquellen. Das Besondere: Die Ressourcenfelder ziehen sich unterirdisch über weite Strecken, was fiese Strategien ermöglicht – wenn etwa der Gegner an einem der Felder lutscht, kann ich am anderen Ende des Feldes selber einen Extraktor platzieren, um ihm die Ressourcen zu mopsen.
Mein Gegner spielt übrigens die Betas, ein Volk, dass an verschiedenen Stellen der Karte Hubs bauen muss, um zu wachsen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er mich gewinnen lässt, aber das dürfte der Sinn des Matches sein. Nach kurzer Zeit habe ich auf einem Großteil der Karte Extraktoren und kann genug Einheiten bauen, um ihn zu besiegen. Doch genau bei den Einheiten liegt das Problem.
Die Menschen-Maschinen sehen aus wie die etwas weniger kunstverliebten Brüder der Protoss aus StarCraft. Identifikation fällt schwer, da zwischen den Extraktoren und meinen Raffinerien hunderte von kleinen Transportern fahren, die wie kleinere Versionen meiner Standard-Kampfmaschinen wirken. Es ist fast, als ob der Entwickler für jede Fraktion ein einziges Designelement festgelegt und dabei belassen hätte. Das gilt nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Betas und vor allem den Titelpaten Grey Goo, der einfach eine graue Masse ist. Man mag kaum glauben, dass die Konzeptentwürfe von Weta Workshops stammen, die unter anderem mit dem Herr der Ringe Unvergessliches auf die Leinwand brachten.
Das ist schade, denn das Spiel läuft flüssig, fordert weniger Tempo als das hektische StarCraft II und macht Spaß – wenn ich denn meine Einheiten finde. Ähnlich wie in Command & Conquer bezahle ich Gebäude und Einheiten nicht am Stück, sondern in Raten. So kann ich mehrere Dinge gleichzeitig bauen, muss aber aufpassen, dass ich nicht mehr ausgebe, als ich pro Sekunde wieder einnehme. Auch der Basisbau ist interessant, da ich nicht beliebig erweitern kann: Wenn ich etwa als Mensch Fabriken baue, muss ich für fortgeschrittene Einheiten Erweiterungsmodule an die Fabrik ansetzen. Doch ich habe nur zwei Plätze, und ob ich nun die Artillerie- oder die Panzer-Erweiterung anbaue, ist eine schwere Frage.
Keine schwere Frage ist die Steuerung, denn der Entwickler hat es vereinfacht, den Basisbau zu bedienen: Mit Hilfe der Tasten Q, W, E und R kann ich zwischen Strukturen, leichten Einheiten, schweren Einheiten und Lufteinheiten wählen; und wenn ich eine der Kategorien gewählt habe, kann ich mit den gleichen Tasten die exakte Einheit in Auftrag geben, die ich bauen möchte. Das ist brillant, leidet aber wieder etwas unter dem grafischen Design, in dem alles gleich aussieht.
Das Spiel endet damit, dass ich gewinne – wie nett von meinem Mitspieler, denn meine Taktik ist eigentlich viel zu billig und hört auf den Namen “SPAM”. Den Sieg erringe ich nämlich mit einem Schwarm aus kleinen, billigen Einheiten, mit denen ich jeden plattwalze, der mich lustig anguckt. Zwischendrin ballern ein paar Panzer, die aber nicht weiter auffallen: Wie eben damals in Command & Conquer.
Grey Goo soll im Herbst 2014 erscheinen.