Hitman 3 [Test] – 47 auf einsamer Mission

Hitman 3 [Test] – 47 auf einsamer Mission

von am 24.01.2021 - 14:34
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Auf ein Neues, Agent 47! Solid Snake ist im Ruhestand, Sam Fisher macht momentan alles , außer ein neues Splinter Cell, und auch sonst ist die Videospielwelt recht schleicharm geworden. Jetzt zählt es also. Die Welt wartet auf ihren Einsatz..

Das dritte eines Ganzen

Als Entwickler IO-Interactive im Jahr 2016 den ersten Teil der  „World of Assassination Trilogie“ veröffentlichte, waren die Meinungen doch recht gespalten. Zwar waren die Level und das Gameplay hervorragend, doch gerade das Episodenmodell konnte viele Spieler nicht so recht überzeugen. Zu sehr roch es nach Publisher-Intervention.

2018 ging es dann jedoch steil bergauf. Nach der plötzlichen Trennung von Square-Enix übernahm man die Hitman Reihe einfach selbst und brachte einen Nachfolger auf den Markt, der im Grunde ,wie Teil eins war. Nur noch raffinierter und auf noch mehr Kreativität ausgelegt.

Und nun kommt, mit einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit, der dritte Teil. Wieder zwei Jahre später. Wieder im gleichen Grundgerüst: 5-6 Schauplätze, mehrere Ziele und viele Möglichkeiten den Bösen um die Ecke zu bringen. Doch klappt das noch im dritten Anlauf?

Die Arbeit als Hitman

Das Ziel in Hitman 3 ist, wie in den Vorgängern, nur der Aufhänger für das größere Ganze. In Wirklichkeit ist hier stets der Weg das Ziel. Natürlich kann man ganz einfach eine der Möglichkeiten auswählen und so doch recht schnell den Abspann des Spieles sehen. Mehr als 8 Stunden würdet ihr, mit dieser Methode, nicht brauchen.

Doch hier verfehlt man als Spieler den Punkt. Denn erst wenn man anfängt,  das Level in- und auswendig zu können, ist es da. Dieses komplett einzigartige „Hitman“-Gefühl. Dieses Gefühl, komplett überlegen zu sein, genau zu wissen, wo man als nächstes wie hin möchte, um den besten und kreativsten Kill zu landen.

Man kommt in einen Flow, den es in unserem liebsten Hobby nur sehr selten gibt. Heutzutage versinkt man kaum noch in den jeweiligen Spielwelten, da es ja direkt weiter geht zum nächsten Level, Storypunkt oder Szenario. Hitman bindet mich und lässt mich in der Welt atmen, lässt es zu, dass ich Fehler mache, ohne mir direkt die Lösung zu präsentieren.

Aber all das kann am Ende ja nur funktionieren, wenn die jeweiligen Schauplätze gut entworfen sind und einen großen Wiederspielwert bieten.

Level zum drin Verschwinden

Und da kann ich nur mit lauter Stimme sagen:

„Ja, das tun sie! Und wie! Ich mein, schaut euch nur mal den Dubai-Level an, da kann ich auf so vielen, vertikalen Ebenen agieren. Das ist der Wahnsinn. Oder der andere Level, wo ich als Detektiv einen Mordfall lösen kann oder jemanden mit der Kamera elektrifiziere. Oder in Berl….. ähm…ich spoilere besser nicht zu viel“.

So viel darf gesagt werden: Die Schauplätze in Hitman 3 sind mindestens von der gleichen Güte wie in den Vorgängern, überflügeln in zwei Fällen die vorigen Schauplätze sogar. Aber natürlich ist das auch eine recht subjektive Meinung. Ich bin schon immer ein Fan der sehr vertikalen Schauplätze in den Hitman-Spielen gewesen. Wer jedoch lieber weitläufige Areale bevorzugt wird zwar nicht komplett enttäuscht, ist da aber in den Vorgängern etwas besser aufgehoben.

Zudem gibt es, zum Ende hin, einen sehr linear aufgebauten Level, der dann doch ein bisschen enttäuscht. Hier ist die Grundidee zwar ebenfalls hervorragend präsentiert und ausgeführt, aber ein wenig mehr Varianz wäre schon schön gewesen. In besagtem Gebiet hatte ich nach 4 Stunden bereits alles gesehen. Im Gegensatz dazu habe ich in Dubai noch immer mindestens die Hälfte vor mir. Nach 8 Stunden.

Ein wenig „Watchdogs“, ein wenig „Nioh“

Im Gameplay hat sich nicht so wirklich viel getan. Im Grunde gibt es zwei zentrale Neuerungen. Eine Handykamera und Abkürzungen.

Die Handykamera ist schnell erklärt:

Ab und an geratet ihr in den neuen Levels an kleine Terminals, die sich mit eurer Handykamera hacken lassen. Damit könnt ihr z.B. Glas von durchsichtig zu gespiegelt wechseln, Tore und Fenster öffnen und schließen, oder einfach für Ablenkung sorgen. Eine wirklich neue Art zu spielen ist das zwar nicht, ergänzt das Arsenal unseres Agenten aber sehr angenehm um ein paar Facetten.

Ganz ähnlich verhält es sich mit den Abkürzungen. Diese stellen zwar eindeutig die größere Neuerung dar, bereichern das Spielerlebnis aber auch nur recht spärlich. Ähnlich Spielen wie „Nioh“ oder auch den „Souls“-Spielen habt ihr hier die Möglichkeit, permanente Abkürzungen für den Level frei zu schalten. Das macht das Spiel auf einer Speedrun-Ebene interessant und belohnt ausgiebiges Erkunden. Für einen „Heureka“-Moment sorgte das jedoch leider nie. „Nice to have“, aber auch nicht mehr.

Die Sache mit der KI

So toll die Umgebungen auch erscheinen, so berechenbar ist leider die KI der NPCs und Ziele. Natürlich: Damit ein Stealth-Spiel funktioniert, braucht es eine Vorhersehbarkeit in den Script-Abläufen der Gegner. Es braucht feste Patrouillen der Wachen, damit ich eine gewisse Planungssicherheit in meinem Vorgehen habe.

Und doch habe ich das Gefühl, das hier noch mehr geht.

Warum reagieren Gegner immer exakt gleich auf meinen guten, ollen Münzwurf? Warum sind die Gäste bei einer Leiche lediglich kurz schockiert und sippen danach wieder genüsslich am Champagner? Und warum wird ein Ziel nicht nervös oder wenigstens skeptisch, wenn plötzlich alle Wachen wie vom Erdboden verschluckt sind?

Selbstverständlich ist es kaum möglich all diese Punkte perfekt auszuführen. Doch wenn ich mich z.B. an das Verhalten der Wachen in den „Batman: Arkham“ spielen erinnere ,weiß ich, dass es besser geht. In Hitman 3 werden diese zusätzlichen Ebenen einfach ein wenig ignoriert. Das ist zwar nicht schlimm,  schließlich lädt genau diese Vorhersehbarkeit zum Experimentieren ein, aber schade ist es allemal.

Technisch fast einwandfrei gemeuchelt

Auf der technischen Eben leistet sich Agent 47s dritter Einsatz kaum schwächen. In meinen nun knapp 30 Stunden Spielzeit sind mir zwar ein paar kleinere Bugs untergekommen (NPCs rennen ineinander, Ragdoll-Physik spielt kurz verrückt), allerdings  kam nie wirklich Spielfrust auf.

Zudem läuft das Game auf meiner uralten Base PS4 wunderbar flüssig bei 30 FPS und bringt diese auch nicht in den „Flugzeug-Turbinen Modus.“

Als sehr löblich muss ich hier auch noch die Ladezeiten erwähnen, denn das Speichern innerhalb der Levels geht so viel schneller und flüssiger von der Hand, dass ich auch in die Schauplätze der Vorgänger nochmals gerne reingeschaut habe, denn die sind nämlich allesamt in Teil 3 spielbar, wenn ihr die Vorgänger besitzt und einen Goldpass habt. Sehr schön.

Ein kleiner Rüffel muss dann aber auch noch sein: Leider sind die Online-Server noch nicht wirklich stabil, so dass zuverlässig alle 50 Minuten eine Nachricht aufpoppt, welche euch aus dem Spielfluss reißt. Wenn das einfach so passiert… geschenkt. Bei mir ist es jedoch während einer wichtigen Cutscene passiert, was zu einem Abbruch eben dieser führte und  mich zum Neustart Zwang. Das ist dann keine Kleinigkeit mehr, sondern wirklich nervig und unnötig.

Die große Stärke

All die bislang aufgezählten Punkte würden mir schon reichen. Das großartige Gameplay und Level-Design, gepaart mit der ziemlich guten Performance und Technik ergeben einen sehr guten Spieletitel. Danke! Nehm ich.

Doch es gibt noch einen Aspekt, auf welchen ich noch nicht zu sprechen kam und welcher das Spiel für mich in die 90er Regionen anhebt. Und das ist die Story.

Denn ganz plötzlich und unverhofft zeigt IOI, dass sie mehr können, als einfach „nur“ gute Level bauen. Sie können ein (in sich fast perfekt geschlossenes) Gesamtwerk schaffen. Dass die Dänen es schaffen würden, Agent 47s Geschichte so gut zu erzählen und vor allem auch zu einem schönen Ende zu führen, verdient wirklich Respekt und verpasst dem Charakter eine Ebene, welche ich ihm so nicht zugetraut hätte. Viel verraten möchte ich hier nicht mehr…

Nur so viel:

Ich kann es kaum erwarten, was IOI mit 007 anstellen.

Fazit:

Hitman 3

von am 24.01.2021

Was für ein Spiel. Was für ein Abschluss. Ich hatte schon sehr lange nicht mehr so früh einen Kandidaten für mein Spiel des Jahres vorliegen. Hitman 3 baut nicht nur konsequent auf den Stärken seines Vorgängers auf, sondern bereichert diese auch noch um kleine Kniffe im Gameplay und großartiges Leveldesign. Den großen Unterschied macht hier jedoch die Story, welche mit wirklich gut inszenierten Charaktermomenten punkten kann und so Hitman 3 auch zum möglicherweise besten Hitman aller Zeiten werden lässt. Und genau deshalb fällt es gerade jetzt schwer, einen Abschluss zu haben und zu sehen, dass IOI zu neuen Bond-Ufern aufbrechen. Doch das ist gut so. Wir sehen uns, Agent 47. Machen sie es gut.

Grafik: 84
Sound: 90
Gameplay: 95
Spieldesign: 90
Spielspaß: 92
Welt / Atmosphäre: 90

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