Eine recht unerwartete Ankündigung war Anfang Juni das plötzliche Erscheinen von Project Cars 3. Auf einmal war es da… so… Peng!… auf der Bildfläche. Und jetzt, Ende August, wurde das Spiel bereits für PlayStation 4, Xbox One und PC veröffentlicht. Wir haben uns das Spiel natürlich für euch angeschaut und waren selbst ziemlich überrascht was das neue Spiel zu bieten hat…
Getestet wurde mit der Xbox One X. Alle Screenshots wurden direkt dem Spiel entnommen.
Vorzeichen
Project Cars 2 war ein Statement. Man bewegte sich auf knüppeldickes Sim-Feeling zu und zog das auch recht konsequent durch. Unser damaliger Redakteur Lars, zeigte sich auch durchweg begeistert vom hohen Realismusgrad des Spiels. Die Community war stellenweise gespalten, denn ohne passendes Equipment, wie einem geeigneten Lenkrad, war die Steuerung via Standard-Controller schon heftig – selbst wenn man den Schwierigkeitsgrad etwas entschärft hatte.
Für Simulationsfans mal eine gelungene Abwechslung, wenn man sich nicht ausreichend mit der Königsklasse (F1-Serie) bedient gefühlt hat, und für Arcade-Racing Spieler (mit Controller) teilweise der Horror.
Doch statt in Project Cars 3 weiter auf dem Vorgänger aufzubauen, geht der neue Serienableger einen ganz anderen Weg. Die krasse Simulation weicht nämlich einem weitgehend arcadigem Fahrgefühl, was mich schon fast etwas an die gute, alte 360-Zeit mit Need for Speed SHIFT erinnerte.
Man kann sich jetzt natürlich darüber streiten, welche Ausrichtung dem Namen Project Cars mehr gerecht wird. Letztlich ändert das aber nichts am fertigen Spiel und der Tatsache, dass Project Cars 2 ja trotzdem spielbar ist. Varianz innerhalb einer Serie finde ich keineswegs schädlich. Und abseits der exklusiven Marken, wie Forza Horizon, bietet sich hier eine Alternative auf mehreren Systemen.
Entgegen dem eher mäßig ausgefallenem Fast and Furious Crossroads, spielt Project Cars 3 in einer ganz anderen Liga und entgegen der weit gestreuten Ansicht, dass die Ausrichtung des Spiels suboptimal sei, finde ich eher, dass man doch die Umsetzung an sich bewerten muss.
Der Puls der Straße
Was Project Cars 3 gleich auf Anhieb spürbar macht, ist die stärkere Verlagerung auf mehr Action während den Rennen. Das Fahrverhalten lässr weit mehr Manöver zu, die sich fernab von realistischem Aktionen bewegen.
Trotzdem hat man einen angenehmen Weg gefunden, Komponenten wie Bodenhaftung, Kurvenverhalten und Bremswegen eine ausreichende Bedeutung zukommen zu lassen, um besonders in der Cockpit- oder Helm-Perspektive einen Hauch von Sim-Feeling mit auf die Spur zu bringen. Dazu zählen auch Einflüsse wie das Wetter.
Schön zu sehen sind, abseits der sehr gelungenen Controller-Steuerung, die spürbaren Unterschiede der Autos in ihren unterschiedlichen Klassen und auch die klaren Veränderungen des Fahrverhaltens, die nach Anpassungen und Upgrades entstehen. Alles natürlich etwas vorgefertigt und nach einem Punktesystem für die einzelnen Klassen kategorisiert.
Natürlich sind das nicht die einzigen Anpassungen, die ihr vornehmen könnt. Gleich zu Beginn des Spiels erstellt ihr den Look für euren Fahrer und auch jedes neue Auto könnt ihr umlackieren, mit Stickern versehen, die Felgen anpassen und eure Designs natürlich auch speichern, so dass ihr sie gegebenenfalls auch auf andere Fahrzeuge übertragen könnt.
Flair statt Realismus
Der Karriere-Modus setzt auf einzelne Event-Gruppen und damit verbundene Fahrzeugtypen. Diese Gruppen bestehen zumeist aus 4 Unterkategorien, die je 4 Rennen zur Auswahl stellen.
Um die jeweils nächste Gruppe freischalten zu können müsst ihr allerdings nicht zwangsläufig in der Kategorie komplett siegreich sein. In jedem Rennen gibt es nämlich einzelne Herausforderungen, die nach Abschluss Punkte geben. Zudem gibt es eine Ingame-Währung, die komplett ohne nervige Mikrotransaktionen auskommt, mit der ihr euch auch ohne die Punkte der Herausforderungen in die nächsten Klassen einkaufen könnt. Allerdings macht das relativ wenig Sinn, wenn man bedenkt, dass ein stetiger Fortschritt und die damit verbundene Lernkurve im Handling weit effektiver sind.
Die Rennen selbst bieten dabei mit ihren unterschiedlichen Typen und Herausforderungen ausreichend Abwechslung. Vom Standard-Rennen, Zeitfahren bis hin zu Breakout-Fahrten (hier gilt es Kisten unterschiedlicher Wertigkeit zu zerstören und eine Idealstrecke zu halten, damit man innerhalb des Zeitlimits maximal Punkte abstauben kann) ist hier einiges geboten und sorgt für gehörige Langzeitmotivation.
Hinzu kommen noch die diversen Möglichkeiten innerhalb des Multiplayers an geplanten Events teilzunehmen, vordefinierten Lobbys beizutreten oder einfach nur in ein paar schnellen Runden spontan einzusteigen.
Weiterhin kann man sich auch eigene Offline-Events gestalten, bei denen ihr völlig frei die Regeln des Rennens, die Anzahl der KI-Kontrahenten, Rundenzahl, die Strecke und natürlich auch das Wetter bestimmen könnt.
Eine witzige Idee, um nochmal auf die Karriere zurück zu kommen, ist auch das Freischalten von Einladungsevents durch bestehen gewisser Herausforderungen. Und sei es nur, dass man beispielsweise 30 Events mit italienischen Fahrzeugen gewinnt. Tatsächlich ist man so auch angehalten mal vielleicht das eine oder andere Auto mehr auszuprobieren.
Was natürlich fehlt sind spielerische Komponenten, die eine gewisse Renn-Strategie erfordern und mehr in die Sparte der Simulation gehören, wie zum Beispiel der klassische Boxenstopp und Treibstoff-Management, denn Project Cars konzentriert sich einzig und allein auf die Inszenierung von Events.
Technik und Ton
Gerade in Sachen Steuerung und allgemeinem Handling kann man dem Spiel keinerlei Vorwürfe machen. Die Fahrzeuge lassen sich einwandfrei mit dem Controller bewegen und je nach persönlichem Geschmack sind genügend Kameraperspektiven verfügbar um das Renn-Erlebnis individuell passend zu gestalten.
Teilweise gibt es sogar Modi, in denen es sich regelrecht empfiehlt auch mal die Perspektive zu wechseln um beispielsweise mehr Überblick über die Ausbruchbewegungen des Wagens zu bekommen und diese eventuell sogar sinnvoll zu nutzen.
Optisch ist das Spiel wirklich gelungen. Zwar gibt es hier und da ein paar kleinere Fehler und speziell in der Cockpit Ansicht fallen Unfeinheiten in den Konturen etwas mehr auf. Aber insgesamt sind die Strecken und Umgebungen wirklich schön anzusehen und farbenfroh präsentiert.
Der treibende Soundtrack des Spiels, mit seinen manchmal fast episch angehauchten Anleihen, passt perfekt zum Spiel und betont einmal mehr die Betonung der arcadigeren Renn-Action.
So wurde aus Project Cars 3 ein guter Titel, der wirklich Laune macht und eigentlich mehr den Erwartungen gerecht wird, die man an das letzte Grid hatte. Wer sich an die guten, alten Zeiten mit Need for Speed SHIFT erinnert, wird auch hier Gefallen finden. Freunde beinharter Simulationen sind hier ganz klar nicht die Zielgruppe.
FAZIT
Project Cars 3 ist kein verbessertes Copy/Paste Produkt und für die Reihe eine gelungene Abwechslung, die richtig Spaß macht. Zwar gibt es ein paar kleine Schwächen in Sachen Optik, aber grundsätzlich überzeugt das Spiel als schicke Mischung von überwiegend arcadigem Gameplay und dezenten Simulationseinflüssen, die mit steigender Schwierigkeit auch etwas zunehmen. Slightly Mad Studios haben einen soliden Racer abgeliefert, der gut zu unterhalten weiß und besonders Spielern entgegen kommt, die nicht zwangsweise auf zusätzliches Equipment zurückgreifen wollen und spannende Rennen mit dem Controller erleben möchten. Nice!
Grafik: 76
Sound: 83
Gameplay: 85
Spieldesign/Spielwelt: 80
Spielspaß: 84
So wertet Krautgaming:
0-25 ungenügend (6), 26-45 mangelhaft (5), 46-65 ausreichend (4), 66-75 befriedigend (3), 76-85 gut (2), 86-95 sehr gut (1), 96-100 ausgezeichnet (1+)
Weitere Infos zu Project Cars 3 und Bandai Namco findet ihr HIER.
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