Outward im Review: Australischer Eintopf

Outward im Review: Australischer Eintopf

von am 24.04.2019 - 22:52
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Das kleine australische Entwicklerteam „Nine Dots“ hat sich mit Outward ein großes Ziel gesteckt. Eine breite 3D Welt zum Erkunden designen, mit Survival-Aspekten füllen und das Ganze soll auch noch im Splitscreen spielbar sein.  Ob ihnen das gelungen ist, verraten wir im Test.

Mögen auf den 3. Blick

„Was ist das denn?“ ist wohl das erste was man sagen wird, wenn Outward seine „Grafikqualitäten“ offenbart. Denn Limitierung in allen Ehren: Outward ist kein hübsches Spiel. Auch kein nett aussehendes Spiel. Auch wenn ich kein Fan von Absolutismen bin… aber viel hässlicher als in Outward , kann der erste Eindruck einer Welt nicht ausfallen.

Wenn man zu Anfang am Strand aufwacht, sieht das Meer aus wie ein Spiegel ohne Bewegung. Die Lichtstimmung besteht aus 5 Polygonen und die NPCs sind auf einem mittelgroßen Fernseher ohne Mimik ausgestattet. Warum man genau an diesem Strand startet, in diesem vielleicht hässlichsten Punkt des Spiels, ist mir schleierhaft. Denn selbst auf einer PS3/XBOX 360 würde Outward keinen Blumentopf in der optischen Präsentation gewinnen. Jedoch muss gesagt werden:

An visuellen Ideen mangelt es den Entwicklern im Verlauf des Spiels nicht. Denn sobald die Geschichte beginnt, öffnet sich auch die erstaunlich tiefe Spielwelt.

Tja…. Das Bild spricht für sich.

Ein Niemand im Niemandsland

Die Geschichte fängt sehr unspektakulär an. Ohne Zwischensequenz wache ich an einem Strand auf. Naja… immerhin erinnere ich mich an was. Ein Anfang. Ein mir vertrauter NPC sagt mir, dass wir mit unserem Schiff kurz vor unserem Heimathafen zerschellt sind. Der Inhalt (Geld, Gewürze, Plunder): Alles ist futsch.

Problem: Die Traditionen in meinem Dorf besagen, dass Schulden auch von verstorbenen Verwandten übertragen werden. Diese Schiffsreise sollte also meine Rettung in der Schuldennot sein. 150 Silbermünzen muss ich binnen 5 Tagen zusammenklauben, um mein Zuhause zu behalten und ein gutes Leben zu führen. Und weil leider kein Finanzberater zur Hand ist, schnappe ich mir eine Spitzhacke und mache mich auf in die freie Welt.

Mit Krautolos zu neuen Ufern.

Vorbereitung mit Rucksack

Doch bevor ich überhaupt durchs Tor schreiten kann, werde ich schon von der mürrischen Wache aufgehalten. Ich hätte ja gar keinen Rucksack dabei. Stimmt ja! Wo ist der eigentlich?!  Nach mehreren Minuten des wilden Herumirrens, finde ich einen ersten kleinen Rucksack auf einem Tisch in meiner Wohnung (klar gekennzeichnet wird in Outward übrigens nix).  So! Jetzt aber auf in die tolle große Welt.

Der beste Freund des Abenteurers ist stets der Rucksack. Ein treuer Begleiter, der alles auf sich nimmt. Und er sollte stets mit allerhand Materialien gefüllt sein. Holz, Nägel, Verpflegung… eben alles was man so braucht. Aus Holz zimmert man sich flott eine Keule und man geht gut ausgestattet auf seine erste Reise… wobei…

Guten Morgen Welt und alle? die sie bevölkern

Das ich ausnahmsweise mal kein Auserwählter in der Not bin, ist eine wirklich schöne Idee. Mir wird hier nichts geschenkt und das macht mir Outward von der ersten Sekunde an klar. Als ich also als erstes einem seltsamem Vogelvieh auf die Schnabelschnauze hauen möchte, bekomme ich alles doppelt und dreifach zurück.  Ich kann mich gerade noch verteidigen und erledige ihn mit letzter Kraft. Ich blute, aber bin zufrieden. Ein erster Sieg. Bin also schon gespannt, was mich als nächstes erwartet.

Erwarten tun mich dann viele unterschiedliche Dörfer, Menschen und diverses Getier. Die Mythologie der Welt und deren Völker stammen aber leider aus dem typischen RPG Baukasten. Hier gibt es jetzt nicht wirklich etwas, dass ich so noch nie gesehen hätte. Aber es gibt sie: Die tollen Momente auf dieser Reise. Wenn man nach Stunden des langen Wanderns und Erforschen, ans rettende Ufer kommt. Und dann fühlt sich Outward sogar wirklich klasse an. Auch schön ist, dass ich mich nach recht kurzer Zeit bereits für eine Fraktion entscheiden und so die Geschichte stark beeinflussen kann.

Die Welt an sich ist jedoch leider sehr steril geraten. Nur Vogelpfeifen und Insektengeräusche deuten auf Leben hin. So weit, so Brandenburg. Aber egal. Durch die wenigen NPCs und Gegner kommt aber auch eine schöne, einsame Stimmung auf. Aber ist auch egal. Wir sind doch eigentlich alle nur wegen einer Sache hier.

Loot, Loot, LOOT

In Outward dreht sich praktisch alles um das Erkunden und den Loot, den ihr dabei einsackt. Denn alles was ihr findet ist nützlich. Und das ist wirklich toll. Hier entsteht eine stimmiges System. Ihr könnt kochen um euch zu heilen, Kleidung anfertigen um gegen Witterungen zu bestehen, Waffen herstellen und Rüstungen bauen. All das (und noch viel mehr) geht in Outward. Und alleine das, macht das Erkunden der verschiedenen Klimazonen (von Wüste bis Eis ist alles dabei) lohnenswert und motivierend.

Schade nur, dass die Menüs dann so krude und unübersichtlich ausgefallen sind. Klar. Outward möchte euch nichts schenken oder erleichtern. Dieser Umstand gehört zur Philosophie des Spielprinzips. Dass jedoch auch schwer zu erreichende Untermenüs, sowie krude Beschreibungen der Craftingvorgänge dazugehören, kann ich mir nur schwer vorstellen.

Kloppen wie bei Oppa

Das Kampfsystem soll auch nicht unerwähnt bleiben. Ich würde es momentan als verworfenen 3D-Zelda Prototypen bezeichnen. Die Steuerung ist hakelig, das Anvisieren funktioniert immerhin manchmal und das Move-Set hat im Grunde einen Knopf. Natürlich ist das hier kein Actiontitel, aber wenn ich schon Kämpfe implementiere, müssen sie funktionieren. Ein „Don´t Starve“ hat das besser gelöst. Und auch sehr viele andere Vertreter des Genres.  Und viele weitere Vertreter anderer Genres.

Ein besonderes Augenmerk möchte ich hierbei jedoch auf das Zaubersystem legen. Denn wo andere Spiele auch von allen Stellen zaubern lassen, bis der Zaubertrankkessel nahezu platzt, beschränkt euch Outward angenehm. So könnt ihr nur von einem arkanen Kreis aus zaubern, was den Kämpfen eine taktische Komponente hinzufügt, die ich Outward zu Beginn nicht zugetraut hätte.

Der Bruch

Und so setze ich mir, von melodischen Klängen angetrieben, mein nächstes Ziel und schreite voran. Und plötzlich hört die Musik auf.

Stille setzt ein. Ich weiß nicht was los ist. Sind meine Boxen an? Ich höre nichts, außer die Schritte meines Charakters. Plötzlich wird die Grafik nochmals schlechter. Ich vernehme ein Knarzen in den Boxen. Die Schritte machen nun keine Geräusche mehr,  ich kann mich nicht mehr bewegen. Alles wird seltsam…. blau?

Schwarz.

Spiel ist wohl abgestürzt. Dabei war ich gerade im Begriff dich zu mögen. Naja. Sei´s drum.. Neustart und ab geht’s.

Frische Bugwaren

Und damit komme ich zum Teil des Tests, der mir weh tut. Denn leider ist Outward eine technische Katastrophe.  Die Framerate bricht in regelmäßigen Abständen auf Diashow-Momente ein. Das Clippen von Gegnern ist allgegenwärtig. In der Ferne wirken einige Felsen ab und an wie „nicht ausgemalt“. Einfach weiß. Als hätte man sie vergessen.

Im Kampf wird es dann manchmal richtig komisch. Clipping ist an der Tagesordnung, das Feststecken der Feinde in Wänden und Felsen ist ein stetiger Begleiter. Dadurch wird die Frusttoleranz natürlich hart auf die Probe gestellt. Wenn man kurz davor ist, einen Gegner zu besiegen, nur um dann durch die Welt zu clippen und neu laden zu müssen, überlegt man sich zweimal, ob man sich nochmals den Rucksack überwirft.

All das ist schlimm. Aber noch nicht auf einem unspielbaren Niveau. Und so ist Outward für mich ein ausreichendes Spiel. Mit ganz viel verschenktem Potenzial. Und Bethesdas Rollenspiele sind auch nicht viel sauberer.

Dass mein Name sehr oft als „Player-Name“ angezeigt wird, ist nur eines von vielen Problemen in Outward.

Zusammen reisen

Eine wirklich sehr tolle Ergänzung ist der Koop-Modus. Ja, richtig gehört. Outward lässt sich online und OFFLINE(!) zusammen erleben. Die Technik macht dabei einen ganz guten Job und auch die Grafik leidet nicht unter dem geteilten Bildschirm. Außerdem entfaltet Outward gerade hier sein Potenzial schon deutlich mehr. Zusammen die weiten Länder zu bereisen, kann schon fast eine gewisse Romantik entfalten. So ein Feature wünsche ich mir bitte für alle Spiele dieser Art.

Dankeschön!

Ja, es gibt auch die schönen Momente in Outward.

 

Fazit

Outward

von am 24.04.2019

Da sind wir nun. Auf meiner Reise durch die weiten Lande, habe ich durchaus verstanden, was man an Outward finden kann. Das Lootsystem funktioniert gut, der Rucksack entwickelt fast eine eigene Persönlichkeit und das Magie-System hat mich schon fast begeistert. Die Zutaten für ein tolles Survival RPG sind alle vorhanden. Und doch muss ich an vielen Stellen einfach den Kopf schütteln. Selbst die schwächste Grafik macht ein Spiel noch lange nicht unspielbar. Ich erinnere an „Nier“ aus dem Jahr 2008. Aber wo ein „Nier“ immerhin sauber funktionierte und ein nettes Kampfsystem aufwies, kann Outward diese Stärken nicht aufbieten.  Dieses Spiel hätte noch mindestens ein Jahr Polishing benötigt, um letztlich wirklich gut werden. Und so scheitert Outward wohl vor allem an den eigenen Ambitionen. Nine Dots lassen spüren, dass sie durchaus gute Ideen haben. Die Umsetzung war in diesem Fall nur leider auf mäßigem Niveau. Trotzdem bin ich gespannt, was die Entwickler in Zukunft zu bieten. 

Grafik: 45
Sound: 55
Gameplay: 69
Spieldesign/ Spielwelt: 68
Spielspaß/ Atmosphäre: 50

So wertet Krautgaming:
0-25 ungenügend (6), 26-45 mangelhaft (5), 46-65 ausreichend (4), 66-75 befriedigend (3), 76-85 gut (2), 86-95 sehr gut (1), 96-100 ausgezeichnet (1+)

 

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