Remnant: From the Ashes – Mehr Sein als Schein

Remnant: From the Ashes – Mehr Sein als Schein

von am 21.09.2019 - 21:00
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Remnant: From the Ashes ist der neue Titel von Gunfire Games (Darksiders 3) und Publisher Perfect World Entertainment. Auf den ersten Blick wirkt das Spiel wie ein simpler Third-Person-Shooter, doch die Macher vermengen das Ganze geschickt mit Elementen aus Dark Souls sowie der Diablo-Reihe. Ob diese  Mixtur tatsächlich funktioniert, verraten wir euch im Test…

Fremde Welten

Nachdem ich mir zu Beginn einen Charakter aus einem von drei Archetypen (Nahkampf, Fernkampf oder Unterstützer) erstellt habe, beginnt das eigentliche Abenteuer. Auf einer kleinen Nussschale segelt meine Figur durch einen mächtigen Sturm. Das Ziel, eine kleine Insel, ist nur schwach in der Ferne zu erkennen. Warum wir den Kampf gegen die Elemente wagen, nur um dieses unscheinbare Eiland zu erreichen? Diese Frage muss leider warten, denn eine gewaltige Flutwelle erfasst das Boot und beendet meine Reise vorzeitig.

Der Charaktereditor ist leider nicht sonderlich umfangreich geraten.

 

Als ich erwache, finde ich mich am Hafen einer zerstörten Stadt wieder. Dunkle Wolken beherrschen den Himmel, als ich nur mit einem Schwert bewaffnet, die ersten verfallenen Gebäude erkunde. Alles scheint verlassen. Weit und breit ist keine Menschenseele in Sicht. Plötzlich bricht eine merkwürdige Kreatur durch eines der Fenster. Was aussieht, wie ein deformierter Baum auf zwei Beinen, brüllt wutentbrannt und macht sich bereit zum Angriff. Mit einer schnellen Hechtrolle bringe ich mich in Sicherheit und schlage dann zurück. Ein starker Treffer lässt die Kreatur taumeln, bevor ich ihr mit schnellen Hieben den Rest gebe.

Sie sind überall!!!

Doch an Durchatmen ist noch nicht zu denken. Denn bei meiner Rückkehr ins Freie muss ich feststellen, dass die ganze Stadt mit diesen Wesen verseucht ist. Bereits wenige Treffer der Kreaturen reichen aus um meine Lebensanzeige bedrohlich schwinden zu lassen. Zudem zehrt das häufige Ausweichen heftig an der Ausdauer. Ist der Balken vollständig geleert, bewegt sich mein Charakter nur noch im Kriechgang vorwärts, wodurch er ein leichtes Ziel abgibt.

Optik und HUD-Elemente erinnern dezent an eine Mischung aus Darksiders 3 und Dark Souls.

 

Nur knapp mit dem Leben davon gekommen, vernehme ich plötzlich Kampflärm aus einer Gasse. Mit vorsichtigen Schritten nähere ich mich den Geräuschen und entdecke einen weiteren Menschen, der gerade um sein Leben kämpft. Für einen kurzen Moment keimt die Hoffnung auf, als es uns gemeinsam gelingt einige der Kreaturen zu töten. Doch nur für einen Moment. Mehr und mehr der gefährlichen Baum-Monster tauchen auf. Die Übermacht ist einfach zu groß und nachdem sie meinen neugewonnenen Kameraden überrannt haben, gehts wohl nun mir an den Kragen. Wenige Treffer später gehe ich zu Boden. Doch in einem letzten lichten Moment höre ich plötzlich Schüsse. Die Rettung?

Die letzte Bastion

Als mein Charakter die Augen wieder öffnet, finde ich mich in einer Art Bunker wieder. Station 13 ist einer der wenigen sicheren Orte, an den sich die verbliebenen Menschen zurückgezogen haben. Im Gespräch mit der Anführerin der Station finde ich heraus, dass das Auftauchen der Saat, also der dämonischen, baumähnlichen Kreaturen, etwas mit dem seltsamen kleinen Eiland zu tun haben muss. Einen sicheren Weg dorthin kennt allerdings nur eine Person und diese ist schon seit Jahren verschwunden. Doch immerhin habe ich nun eine erste Spur und mit Station 13 einen sicheren Hafen, zu dem ich jederzeit zurückkehren kann.

In Station 13 trefft ihr andere Überlebende der Saat-Invasion.

 

Zudem gibt es hier einige Charaktere, die mich nicht nur mit Hintergrundwissen zur Geschichte versorgen, sondern auch bereitwillig handeln. Neben einfachen Verbrauchsgütern, wie roten Heiltränken oder Verbänden (um blutende Wunden zu heilen), erhalte ich hier auch neue Waffen, Rüstungen und Modifikationen. Außerdem lassen sich hier (auf unseren Reisen gefundene) Materialien gegen Ausrüstungs-Upgrades austauschen.

Nach und nach benötigt man immer hochwertigere Materialien um die eigenen Waffen zu verbessern.

Der Gunslinger

Je nach zu Beginn gewähltem Archetypen, erhalte ich nun meine erste Ausrüstung kostenlos. Eine Klassen-spezifische Eigenschaft gibts zusätzlich noch dazu. Im Fall des von mir gewählten Unterstützungs-Typs, sorgt die Start-Eigenschaft dafür, dass sich meine Waffen-Modifikationen schneller aufladen, wodurch man die Klasse des „Unterstützers“ im weitesten Sinne auch als eine Art „Magier“ verstehen könnte. Dies spiegelt sich auch in der Rüstung wider, welche (wenn sie als komplettes Set getragen wird) die Aufladungs-Rate meiner Mods nochmals um 40 Prozent erhöht.  Eine Schrotflinte, sowie eine Pistole (Ihr dürft immer nur jeweils eine Haupt- und Nebenwaffe mit euch führen) runden das Startpaket ab.

Spielt ihr stattdessen mit einem Nah- oder Fernkämpfer, erhaltet ihr entsprechende Ausrüstung, die diesen Spielstilen zugute kommt. Sagt euch eure Startausrüstung allerdings garnicht zu, ist das auch kein Problem. Ihr seid nicht an eure Ausrüstung gebunden, wodurch jeder Charakter theoretisch jeden Ausrüstungsgegenstand verwenden kann.

Das alles mag sich im ersten Moment nach einem recht engen Korsett für die Charaktergestaltung anhören, doch im Laufe des Spiels schaltet man (durch bestimmte Entscheidungen, dem Lösen von Rätseln oder durch Kämpfe) zusätzliche Eigenschaften und spezielle Ausrüstung frei, wodurch man die eigene Figur stärker spezialisieren darf.

Mit jedem Level-Aufstieg erhaltet ihr Punkte, die ihr in eure Eigenschaften investiert.

Weltenwanderer

Frisch ausgerüstet geht’s zurück in die von Monstern verseuchten Ruinen. Die Reise geht durch überwucherte Gemäuer, verlassene Bürogebäude und durch die verwinkelten Gänge der Kanalisation, bevor ich schließlich die irdischen Sphären verlasse und fremde Welten betrete. Die mysteriöse Story um die alles vernichtende Saat und andere Dimensionen wird dabei, ähnlich wie in Dark Souls, hauptsächlich über Tagebücher und andere Lore-Einträge weitererzählt. Zwischensequenzen gibt es leider nur selten. Überhaupt bleibt die Geschichte die meiste Zeit über im Hintergrund, und nur wenn man die Augen offen hält und Lore-Einträge gründlich durchliest, wird man überhaupt verstehen können was in den einzelnen Welten vor sich geht.

Neben Tagebüchern, entdeckt ihr auch Computer-Terminals mit interessanten Informationen.

 

Die Areale in Remnant: From the Ashes sind zwar allesamt linear aufgebaut, bieten aber dennoch genügend Erkundungs-Spielraum für eingefleischte Entdecker. Wie in Dark Souls bewegt man sich dabei von Checkpoint zu Checkpoint.

Remnant: From the Ashes

Im Falle eines Todes gehts zurück zum Checkpoint. Glücklicherweise dürft ihr vor eurem Ableben gesammelte Items und Materialien behalten.

 

Schicke Monster, durchwachsene Umgebungen

Vorsicht ist jedoch bei jedem Schritt das oberste Gebot, denn nur ein Moment der Unachtsamkeit reicht, um in ernsthafte Schwierigkeiten zu geraten. Vor allem da die Gegner im Spielverlauf nicht nur abwechslungsreicher, sondern auch wesentlich gefährlicher werden. Zu den baumartigen Dämonen gesellen sich bald pilzförmige Kreaturen die bei Kontakt explodieren, sich wild herum-teleportierende Bogenschützen, Screamer die mit ihrem Schrei Artgenossen anlocken, gepanzerte Nahkämpfer, mutierte Hunde, sowie weitere kuriose Kreaturen und natürlich die Bosse. Und davon gleich eine ganze Menge! In jedem der fünf Areale warten gleich mehrere dieser gewaltigen Kreaturen. Von hölzernen Drachen, über einen Sense schwingenden Geist, bis hin zu einem turmhohen Ent, ist alles dabei, was die Fantasie hergibt.

Leider kann das Leveldesign nicht mit den abwechslungsreich gestalteten Kreaturen mithalten. Die meisten Gebiete innerhalb eines Areals wirken austauschbar und bieten kaum Wiedererkennungswert. Auch die Dungeons selbst greifen immer wieder auf dieselben Strukturen zurück. Highlights hinsichtlich Architektur oder verspielter Panoramen sind eher eine Seltenheit. Etwas besser wird die Lage erst, als ich die Erde verlasse. Die fremden Welten, die ich ab diesem Punkt erkunde, unterscheiden sich optisch stark von der verwüsteten Erde. Dies löst zwar auch nicht das Problem des sich wiederholenden Leveldesigns, doch der Wechsel der Szenerie sorgt immer wieder für frischen Wind.

Remnant: From the Ashes

Reisen durch die Dimensionen, ein mysteriöser Turm und ein Revolvermann? Stephen Kings „Der Dunkle Turm“ lässt grüßen. Mehr solcher optischer Highlights hätten dem Spiel allerdings nicht geschadet.

Würfel dir deine Welt

Die Welt, die man zu Beginn des Abenteuers betritt, ist übrigens teilweise per Zufall generiert. Natürlich gibt es bestimmte Areale die für den Fortgang des Plots entscheidend und daher in jedem Spiel identisch sind, doch vieles wird vom Zufall bestimmt. Wo welche Items zu finden sind, wird ebenso über diese Mechanik gesteuert, wie eben auch die Anordnung ganzer Gebiete oder Begegnungen mit Charakteren und Bossen. Ein Prinzip, das auch die Diablo-Reihe seit Jahren für sich nutzt.

Remnant: From the Ashes

Das Gute daran ist der enorme Wiederspielwert, den der Titel dadurch mit sich bringt. Andererseits kann die zufällig generierte Welt auch dafür sorgen, dass bestimmte Quests nicht verfügbar sind, weshalb man letztlich so manches Item nicht im eigenen Spieldurchlauf erhalten kann. So mussten ich beispielsweise ohne Sturmgewehr auskommen, da ein hierfür wichtiger Questgeber in meinem Spiel nicht gespawnt ist. Meiner Ansicht nach lässt sich das aber verschmerzen. Besonders da die Zufallsgenerierung vor allem dem Koop-Gameplay zugute kommt.

Feuer frei!

„Bis zum nächsten Checkpoint!“ lautet die Devise. Und obwohl mein „Unterstützer“ relativ squishy unterwegs ist, schlage ich mich gut. Besonders dank der Waffenmodifikationen. Diese laden sich mit jedem Treffer auf (im Falle der Unterstützer-Klasse natürlich besonders schnell) und bieten vielseitige Effekte. Dadurch kann ich mich beispielsweise heilen, brennende Kugeln verschießen, Feinde gezielt von mir ablenken oder einen schützenden Energieschild errichten.

Während ein Nahkämpfer deutlich offensiver in die Gefechte gehen würde, bleibe ich eher auf Distanz und  versuche immer wieder die Modifikationen zu meinem Vorteil einzusetzen. Das Gunplay ist den Entwicklern dabei übrigens hervorragend gelungen. Die Steuerung geht gut von der Hand und die Waffen spielen sich angenehm unterschiedlich. Auch die Mannstopwirkung von Großkaliber-Waffen ist beeindruckend. Kleinere Gegner werden bei einem Treffer sogar regelrecht zurückgeworfen.

Remnant: From the Ashes

Der stellenweise relativ hohe Schwierigkeitsgrad sorgt für spannende Gefechte und macht einen Sieg umso befriedigender.

 

Mitgefangen, Mitgehangen

Doch trotz der vielen Waffen und Hilfsmittel zehren manche Bosse an den Nerven. Denn viele von ihnen haben haufenweise Adds im Schlepptau die mir zusätzlich das Leben schwer machen. Hier spürt man stellenweise sehr deutlich, dass das Gameplay allgemein eher auf Koop ausgelegt ist. Spielt man sowieso mit einem Freund, ist das kein Problem. Seid ihr allerdings solo unterwegs und steckt an einem besonders hartnäckigen Boss fest, könnt ihr nur hoffen das ein weiterer oder idealerweise gleich mehrere andere Spieler zufällig eurer Sitzung beitreten. Was nicht heißen soll, dass manche Situationen unschaffbar wären. Allerdings wird man allein weitaus häufiger ins Gras beißen.

Doch dank eines cleveren Kniffs der Entwickler, erhält man doch recht häufig Besuch in der eigenen Welt. Durch die zufallsgenerierten Areale lohnt es sich andere Spieler zu unterstützen, da man in ihren Welten vielleicht Items, Charaktere oder Bosse entdeckt, die es im eigenen Spiel nicht gibt.

Remnant: From the Ashes

Ist man in einer Gruppe unterwegs, spielt sich das dann auch wesentlich einfacher. Schon allein weil es in einer Gruppe leichter ist, sich gegenseitig Feuerschutz zu geben und gezielt Schwachstellen von Gegnern zu attackieren.

Sehr schön ist ebenfalls, dass alle Spieler sämtlichen Loot erhalten den die Gruppe aufgesammelt hat. So entsteht kein Gezanke um die beste Ausrüstung.

Mehr Sein als Schein

Optisch merkt man Remnant: From the Ashes deutlich an, dass es sich hier nicht um eine AAA Produktion handelt. Den menschlichen Charaktermodellen fehlt es an Details, die Areale sind (vergleichsweise) klein und wiederholen sich stellenweise, oftmals ploppen Texturen verspätet ins Bild und hin und wieder hatte ich auch mit Mini-Rucklern zu kämpfen. Kurz nach Release kam es auch zu komplettem Einfrieren und Abstürzen, doch das wurde mittlerweile durch Patches behoben.

Einen Ausgleich für die durchschnittliche Optik bietet jedoch die akustische Präsentation. Der dynamische Soundtrack untermalt Kämpfe durch epische Orchester-Sounds, kann aber auch in ruhigen Situationen mit geheimnisvollen Klängen überzeugen. Die Hintergrundgeräusche, sowie die Synchronsprecher, tragen ihren Teil dazu bei um Atmosphäre zu erzeugen. Zudem ist die Akustik auch ein wichtiges Gameplay-Element. Oft lassen sich Gegner allein anhand ihrer Geräusche erkennen. Auch feindliche Attacken von ausserhalb des eigenen Sichtbereichs lassen sich so vorhersagen.

Fazit

 

Remnant: From the Ashes

von am 21.09.2019

Remnant: From the Ashes überzeugt vor allem durch seine inneren Werte. Die Schießereien fühlen sich großartig an, die RPG-Elemente, in Verbindung mit der zufällig generierten Welt, motivieren für lange Zeit und die akustische Präsentation erzeugt enorm viel Atmosphäre. Der Koop-Modus spielt sich wunderbar und bringt durch die faire Loot-Verteilung sogar mit Random-Mitspielern jede Menge Spaß. Wer lieber allein zockt sollte allerdings ein wenig Frust-Resistenz mitbringen, da der Schwierigkeitsgrad stellenweise drastisch anzieht. Dennoch hatte ich auch allein eine gute Zeit mit dem Titel. Schade ist, dass die Grafik da nicht ganz mithalten kann. Und auch die vielen ähnlichen und sich zum Teil wiederholenden Areale drücken auf die Wertung. Zudem hätte ich mir einen etwas stärkeren Fokus auf die Story gewünscht, denn hier wird noch einiges an Potenzial verschenkt. Löblich ist hingegen der faire Preis von rund 40 Euro!

(getestet wurde auf Xbox One)

Grafik: 74
Sound: 96
Gameplay: 85
Spieldesign/ Spielwelt: 77
Spielspaß/ Atmosphäre: 86

So wertet Krautgaming:
0-25 ungenügend (6), 26-45 mangelhaft (5), 46-65 ausreichend (4), 66-75 befriedigend (3), 76-85 gut (2), 86-95 sehr gut (1), 96-100 ausgezeichnet (1+)

 

 

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