Wolfenstein Youngblood: Wölfe jagen im Rudel [REVIEW]

Wolfenstein Youngblood: Wölfe jagen im Rudel [REVIEW]

von am 08.08.2019 - 18:07
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Die Wolfenstein-Serie hat mit Wolfenstein 2 einen eindrucksvollen Höhepunkt geschaffen. Insbesondere die abgefahrene Story konnte mit verrückten Ideen und ständig neuen Höhepunkten während der Erzählung punkten. Mit Wolfenstein Youngblood haben wir nun Nachschub bekommen und waren natürlich gespannt, wie das Spiel sich entwickelt hat… 

Welpen an den Start

Der gute B.J. steht bekanntermaßen nicht im Fokus der Geschichte. Stattdessen übernimmt man in Wolfenstein Youngblood die Rolle seiner Töchter. Diese wurden natürlich auf ganz spezielle Art und Weise erzogen und wirken… nun… nennen wir es mal „etwas kindlich naiv und durchgeknallt“.

Die Eröffnungssequenz macht jedenfalls Laune und knüpft eigentlich ganz unterhaltsam und stimmungsvoll an den Vorgänger an. Völlig überzogen, abgedreht, in gewisser Hinsicht sinnfrei und einfach typisch Wolfenstein.

Letztlich machen sich die beiden Schwestern auf den Weg, um ihren urplötzlich verschwundenen Vater zu suchen, der sich ohne Vorwarnung nach Frankreich begeben und nur eine klägliche Fährte hinterlassen hat. So schließt ihr euch dem französischen Widerstand an und versucht euch daran, auch in europäischen Gefilden das Regime auszumerzen, um letztlich wieder auf die Spur von Papa B.J. zu kommen.

Stimmung suchen

Dabei bewegt ihr euch durch eine semi-offene Stadt und erledigt Aufträge für den Widerstand, die letzten Endes darin münden, die 4 Großstationen des Regimes lahm zu legen.

Zudem bekommt ihr immer wieder kleine Nebenmissionen, die sich aber recht schnell wiederholen. So bleibt eine tiefer greifende Geschichte, die mit all ihren Wendungen doch bei Wolfenstein 2 so sehr überzeugen konnte, nun eher auf der Strecke. Dass man Youngblood ohnehin nicht als vollwertigen Nachfolger bezeichnen und betrachten kann, ist eigentlich schon von vornherein bekannt gewesen, aber ähnlich sah es ja auch mit dem Prequel zu Wolfenstein 1 aus (The Old Blood), welches aber grundsätzlich mehr Einfallsreichtum im Leveldesign und der Erzählweise bot. 

Ein klassischer, linearer Erzählstrang wäre hier eindeutig die spannendere und stimmungsvollere Lösung gewesen. Und ich mag bezweifeln, dass der Koop-Modus hier ein Hindernis gewesen wäre. 

Den Hauptanteil für die gewohnte Wolfenstein-Atmo liefern die Sammelobjekte ab. Hier findet sich eigentlich auch der geballte Humor der Serie wieder und besonders die Musik-Kassetten liefern ein paar aberwitzige Tracks ab, bei denen man fast vor Lachen abbricht. Nicht etwa weil sie dämlich wären, sondern weil sie genau das transportieren, was in meinen Augen durch die mäßig designten Hauptcharaktere untergeht: Eine Welt, die vom Regime „assimiliert“ wurde und einem Regime selbst, dass sich wie die Borg aus Star Trek ausbreitet und immer wieder zu neuer Stärke und Bedrohlichkeit findet.

Wir sind die Borg. Sie werden assimiliert werden. Deaktivieren Sie Ihre Schutzschilde und ergeben Sie sich. Wir werden ihre biologischen und technologischen Charakteristika den unsrigen hinzufügen. Ihre Kultur wird sich anpassen und uns dienen. Widerstand ist zwecklos!

Die naiv dargestellte Tennie-Girl-Power Ausstrahlung der Schwestern verhält sich nämlich sehr kontraproduktiv zur erhofften Stimmung. Das Regime und seine Schergen wirken… irgendwie lächerlich, wenn sich die Mädels ankichern und nach erfolgreichem Kampf mit der Faust abschlagen, um wiederum in Gelächter zu verfallen. Der bedrohliche und einladende Atmosphäre der Anfangssequenz will so einfach nicht aufkommen.

Gun ’n‘ Run

Was Wolfenstein Youngblood allerdings nahezu perfekt macht, ist das actionreiche Game- und Gunplay. Es ist schnell, bewegt sich auf mehreren Ebenen und läuft (auf Xbox One X getestet) weich wie Butter.

Das levelbasierte Skill-System funktioniert ganz ordentlich und bietet einen netten Motivationsschub. Besonders im kooperativen Spiel kann es zu Beginn sehr sinnvoll sein, sich möglichst abwechslungsreich aufzustellen. Das simpelste Beispiel hierfür liegt schon bei den Gesten-Fähigkeiten, die euch wählen lassen, ob ihr damit einen Gesundheitsschub oder eure Rüstung erneuert bekommt.

Genauso gilt das auch für die ausbaufähigen Waffen. Bei den Schießeisen könnt ihr beispielsweise in drei verschiedenen Kategorien eure Aufsätze und Modifizierungen auswählen. Diese wirken sich dann auf euren Schaden, die Genauigkeit und eure Flinkheit im Umgang mit den selbigen aus.

Unübersichtlich gestaltet sich das Thema der Empfindlichkeiten von Gegnern gegenüber bestimmten Waffentypen. Die Symbole mit denen diese Schwächen angezeigt werden, gehen in der Hitze des Gefechts gerne mal unter. Besonders mit ansteigender Gegnerzahl. Ich persönlich denke, dass dies das einzig wirklich unnötige Feature im Gameplay ist, dass die Handlungsgeschwindigkeit eindämmt und nur darauf abzielt mehr Abwechslung in der Waffenauswahl zu generieren.

Action am Fließband

Sehr gelungen finde ich allerdings das System um die geteilten Leben (In diesem Punkt werden sich aber vermutlich auch die Geister scheiden). Wenn ihr im Kampf zu Boden geht, kann euch euer Partner ohne weitere Konsequenzen aufstellen. Solltet ihr aber zu langsam bei der Hilfestellung sein, blutet ihr aus und verliert dadurch einen Herzcontainer, von denen euch maximal 3 zur Verfügung stehen. Verliert ihr alle dieser Container, startet ihr den Levelabschnitt an dem ihr euch befindet, komplett von vorne. In Zeiten von angenehm verteilten Checkpoints, mag sich das Konzept etwas hart anhören, aber trotzdem bietet es eine interessante Spielmechanik. Sollte euer Partner sich übrigens in einem schweren Gefecht befinden, das es ihm unmöglich macht, zu euch zu stoßen, könnt ihr euch auch dazu entschließen, einen Container zu opfern und direkt wieder ins Spiel einzusteigen.

Außerdem behaltet ihr eure Ausrüstung und neu erworbenen Skills, auch wenn der Levelabschnitt zurückgesetzt wird.

Einziges Manko: Die zu bereisenden Abschnitte werden immer wieder mit den gleichen Gegnern besetzt, was innerhalb des Konzeptes zwar Sinn macht, aber nur noch mehr betont, warum eine linear fortlaufende Erzählung wie in den anderen Spielen der Serie, bei Wolfenstein Youngblood definitiv sinnvoller gewesen wäre. Dadurch gibt es zwar flächendeckend Action am Fließband, aber zeitgleich fühlen sich die erledigten Aufgaben direkt an, als hätten sie für die Spielwelt keinerlei Gewichtung. 

Hey,Buddy!

Eine grandiose Neuerung ist der eingeführte Buddy Pass, der es euch ermöglicht mit allen euren Freunden nach Belieben zu spielen. Dafür muss nur ein Spieler die Deluxe Edition besitzen und eure Freunde laden sich entsprechend die Testversion. Diese schaltet euch, auf Einladung des Wolfenstein Youngblood Deluxe Edition – Besitzers, das komplette Spiel frei. Nur Erfolge und Trophäen für die jeweiligen Systeme können nicht freigeschaltet werden.

Ansonsten könnt ihr zusammen eure eigenen Speicherstände anlegen und euch unbegrenzt durch die französischen Stadtbezirke kämpfen und dem Regime die Stirn bieten. Der kooperative Modus wird übrigens vom Schwierigkeitsgrad etwas angezogen, damit trotzdem eine gewisse Balance herrscht und ihr euch nicht komplett übermachtig durch die Gegner ballert.

Zusammen macht das Spiel auf jeden Fall gleich mehr Spaß, denn seine Entdeckungen zu teilen und besonders die knackigen Bosskämpfe zu absolvieren macht einfach immer Spaß. Ein Wolfenstein 3 wünschen wir uns zugunsten der Story aber bitte doch wieder im Singleplayer. Gerne kann man wieder über einen Online-MP nachdenken. Dies darf aber keineswegs auf die Qualität der Kampagne drücken, denn hier ist Wolfenstein 2 nicht nur der gelungenste Meilenstein der Reihe gewesen, sondern auch zeitgleich eines der mit Abstand besten Spiele des Jahres 2017.

Fazit

Wolfenstein Youngblood

von am 08.08.2019

Wolfenstein Youngblood ist spürbar kein Wolfenstein 3. Das Spiel ist besonders erzählerisch längst nicht auf dem Niveau vom Vorgänger. Besonders die Schwestern schwanken zwischen selbstironischer Darstellung, die manchmal ein Schmunzeln entlockt, und nervtötendem Blödsinn, der es schwer macht, einen wirklichen Bezug zu den Figuren und der Atmosphäre aufzubauen. Ein Treffer hingegen ist die technische Umsetzung, denn Optik, Sound und Gunplay laufen hervorragend. Das Skillsystem macht Spaß und die sammelbaren Gegenstände lassen doch noch echtes Wolfenstein-Feeling aufkommen. Besonders der Soundtrack begeistert und die verrückten 80er Tracks sind einfach genial.  Der Koop-Modus ist eine schöne, aber auch zweischneidige Zugabe und die Einführung des Buddy-Pass kann man mit Recht als sehr gelungenen Service bezeichnen, den wir gerne so auch in anderen Spielen zukünftig sehen wollen. 

Grafik: 84
Sound: 82
Gameplay: 76
Spieldesign/ Spielwelt: 66
Spielspaß/ Atmosphäre: 69

So wertet Krautgaming:
0-25 ungenügend (6), 26-45 mangelhaft (5), 46-65 ausreichend (4), 66-75 befriedigend (3), 76-85 gut (2), 86-95 sehr gut (1), 96-100 ausgezeichnet (1+)

 

Offizielle Homepage von Wolfenstein Youngblood

Über Daniel Machut

Ich bin Chefredakteur bei KRAUTGAMING ! Aufgewachsen in der Steinzeit des Gaming, bin ich noch heute unterwegs in den unterschiedlichsten Welten. Hyrule, Rapture, Eos, das viktorianische London, Sondereinsätze auf der ganzen Welt und selbst die dunklen Tiefen des Weltraums habe ich nicht gescheut. Hier sollt ihr mehr von meinen Reisen in den virtuellen Weiten erfahren...

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