Agony – Die Tore der Hölle

Agony – Die Tore der Hölle

von am 13.06.2018 - 19:01
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Mit Agony entführen uns Madmind Studios auf einen Trip der etwas anderen Art. Vergesst Palmenstrände, Cocktails, flotte Schlitten und vor allem Sonnenschein. All das werdet ihr mit ziemlicher Sicherheit in den Tiefen der Hölle nicht finden. Was der diabolische Ausflug stattdessen anzubieten weiß, erfahrt ihr in diesem Review…

„Ich bin ein Teil von jener Kraft,
die stets das Böse will und stets das Gute schafft.
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
ist wert, dass es zugrunde geht;
drum besser wär’s, dass nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.“

Mephistopheles in Faust – Johann Wolfgang von Goethe

Brennende Seele

 

Man könnte meinen, dass der spielbare Charakter mit dem falschen Fuß aufgestanden ist. Statt himmelhoch jauchzend einem Dasein als Held zu folgen, beginnt die Reise mit einem denkbar ungünstigen Absturz in die Dunkelheit der Hölle. 

Nach einer kurzen, aber schicken Sequenz, landen wir bereits direkt vor dem Höllentor. Hier wartet aber kein nettes Empfangskomitee. Stattdessen regnet es noch ein paar abgetrennte Gliedmaßen vom… Himmel müsste ja jetzt das falsche Wort sein… 

Eigentlich ein schöner Ausblick beim Steilflug, wenn da nicht nebenbei der ganze Körper in Flammen stünde…

 

Und was nun?

Nun ja… als wäre die Hölle nicht heiß genug, gilt es in einem Vorraum erstmal ein Feuer zu entfachen, um die nächste Tür zu öffnen. Da mein Körper aber sowieso schon durchgegart sein müsste, brauche ich zumindest vor Schweißausbrüchen keine Angst mehr haben. 

Und wie von Geister… vielleicht auch Dämonenhand öffnet sich das gewaltige Tor und offenbart mir… ein weiteres Tor!

Die Architektur des Raumes ist… also “einladend“ sieht jedenfalls anders aus. Trotzdem kann ich mich der blutigen und verstörenden Umgebung kaum entziehen. Dann finde ich auch noch eine Nachricht, die mir wirres Zeug über ein Ritual und Opfergaben erzählt. Als wäre es nicht schon verwunderlich genug, dass jemand ausreichend Zeit gefunden hat, einen solchen Text zu verfassen, muss der Inhalt auch noch so widerwärtiger Natur sein, dass ich schon befürchte, selbst so ekliges Zeug abziehen zu müssen. Ich habe aber auch höllisches Glück!

Marsch der Verzweiflung

Nun gilt es also die nächste Aufgabe zu lösen, um der Red Goddess näher zu kommen. Ich muss Herzen sammeln, die in diesem Areal versteckt sind. Und nicht etwa so knuffige Herzchensymbole, wie man sie vielleicht in irgendwelchen kindlicheren Adventures sammelt, um einen Schub Lebensenergie dazugewinnen zu können. Wir reden von dem Blut pumpenden Organ, das jemandem aus dem Leib gerissen wurde.

Warum ich einer Göttin der Hölle überhaupt näher kommen möchte? Sicher nicht wegen einem romantischen Date bei Kerzenschein. Meine gepeinigte Seele, ist auf der Suche nach einem Weg aus der Hölle und irgendwie ist es meinem Charakter ins Hirn eingebrannt worden, dass die Rote Göttin den einzigen Ausweg kennt. Das dürfte in Anbetracht der Umstände wohl auch Grund genug sein.

Wohl nicht ganz der richtige Ort, um mal gemütlich abzuhängen…

 

Während ich mich auf die Suche nach den drei benötigten Herzen mache, darf ich entdecken, dass es auch lohnenswert sein kann, die regulären Pfade ein wenig zu verlassen. Weitere Briefe und Notizen sind hier und da versteckt und auch ein paar kleinere Statuen kann ich entdecken. Falls ich es also jemals aus der Hölle schaffen sollte, kann ich zumindest einige Souvenirs vorweisen, die dazu dienen, ein paar Hintergrundinformationen zur Geschichte und Artworks freizuschalten.

Sollte ich mich komplett orientierungslos durch den Sumpf aus Fleisch und Knochen bewegen, so kann ich mir zumindest ein wenig durch einen selbst generierbaren Wegweiser helfen lassen, der aber bereits ab normalen Schwierigkeitsgrad nur limitiert verfügbar ist. Genauso verhält es sich auch mit den Speicherpunkten.

Aber keine Sorge. Ein Tod in der Hölle, ist längst nicht das Ende, oder wird gar mit der kompletten Rücksetzung auf den Speicherpunkt bestraft. Der geröstete Körper ist nämlich mehr ein Mittel zum Zweck. Sollten wir mal einem blutigen Tod ins Auge blicken, so können wir den Leib anderer Höllenbewohner besetzen, sofern sie von einer schwarzen, über den Kopf gezogenen Haube befreit wurden. Das kann man sich ähnlich erklären, wie das mysteriöse Töten in Death Note. Erst wenn man dem vermeintlichen Wirt in die Augen geschaut hat, kann man Besitz von seinem Körper ergreifen. Und sterben wird man mit ziemlicher Sicherheit nicht allzu selten.

Dämonische Jäger

Diese junge Dame sollte dringend den Kieferorthopäden wechseln…

 

Nachdem ich das nächste Tor geöffnet habe und auch eine eigenwillige Unterhaltung führen musste, mit einem Verdammten, der zudem auch überzeugt war meinen Charakter zu kennen, nimmt Agony erst richtig Fahrt auf.

Die eigenartigsten Kreaturen sind auf der Jagd nach Dingen, die sie fressen oder einfach nur zerstückeln können. Und so wirklich bekämpfen kann man die Viecher auch nicht.

Das Spiel beginnt einige Züge anzunehmen, die an eine Mixtur aus Alien Isolation, Dantes Inferno und Clive Barker’s Jericho erinnern. 

Dabei durchforsten wir Labyrinthe, versuchen Sinnestäuschungen zu überwinden und der Roten Göttin Opfergaben zu liefern, welche uns die Tore in neue Umgebungen öffnen. 

Die Story baut sich dabei nur häppchenweise auf, sorgt so aber auch für ein zusätzliches Gefühl der Unsicherheit (was besonders die eigene Figur angeht), welche gut zum Grundgedanken des Spiels passt. Wie sagt man so schön? Unwissenheit schützt vor Qualen nicht… oder so ähnlich…

Ein höllisches Restaurant?! Auf die Speisekarte verzichte ich freiwillig…

 

Die Umgebungen sind unerwartet abwechslungsreich. Einige Räumlichkeiten überzeugen sogar mit richtig kreativem Design und wissen in ihren Bann zu ziehen. 

Und entgegen der Meinungen anderer Magazine, finde ich selbst die Sammelaufgaben nicht störend. Ich kann mir selbst nicht ganz erklären, warum das Spiel in Sachen Game-Design und Spielmechanik stellenweise doch sehr harsche Kritik geerntet hat. 

Das Spiel baut in kürzester Zeit eine sehr schöne, atmosphärische Dichte auf, die mit einigen sehr krassen Ideen innerhalb der Darstellung des Titels einhergeht. Die Jägerinnen der Roten Göttin (die Succuben – man sehe sich nochmal die junge Dame im oberen Bild an) sind, je nach Situation, nicht weniger bedrohlich, als das mordlustige Alien in Alien Isolation. Die stilistisch eingesetzte Brutalität, sorgt zusätzlich für eine bedrohliche Stimmung. 

Auch die Seelenwanderung als Gameplay-Element empfinde ich als kreativ und ob Succuben, Schattenkreaturen oder sonstiges dämonisches Gesocks (die großen Viecher sind auch nicht zu verkennen) – das Creature Design ist gelungen und bietet ausreichend Abwechslungsreichtum. 

Der Teufel steckt im Detail

Leider kämpft das Spiel noch mit ein paar technischen Problemen. Besonders ärgerlich fällt dabei ein Soundbug in den Dialogen auf, der dafür sorgt, dass Sprachsequenzen urplötzlich abbrechen und sich kurz darauf direkt wiederholen. Hinzu kommen einige eigenartige Störgeräusche. Das ist nervig und drückt auf den Gesamteindruck. 

Leider kam es auch vor, dass sich bei der Seelenwanderung, die Seele nicht so recht vom Körper trennen wollte, wenn man kurz zuvor von einem Dämon getötet wurde. Hier half nur, den letzten Kontrollpunkt neu zu laden.

Weiterhin wurde das Bild von Tearing-Effekten getrübt und obwohl ich das Spiel auf der Xbox One X getestet habe, muss ich doch neidisch auf die PC Version blicken, denn die Möglichkeiten für entsprechende Grafikoptionen sind hier weitaus ausgedehnter.

Wer sich jetzt fragt, warum ich das Zensurdebakel bislang nicht angesprochen habe, soll nun bedient werden. Und vergesst es… Ich werde diesen Punkt nicht negativ in Kritik stellen. Agony ist bereits starker Tobak und die Veränderungen sind so behutsam vorgenommen worden, dass man inhaltlich keine Einbußen hat und sie wirklich wahrnimmt. Ich habe mir die Original-Varianten der Sequenzen angeschaut und wäre mir selbst nicht ganz sicher, ob sie nicht sogar die Grenze des künstlerischen Vertretbaren etwas gesprengt hätten.

Fazit

Agony

von am 13.06.2018

Abseits von den ersten Trailern, bin ich sehr unbefangen an den Titel gegangen und da es sich hier ebenfalls nicht um einen Vollpreistitel handelt, habe ich auch nicht einen so hohen technischen Anspruch wie bei Alien Isolation erwartet, welches in Sachen Horror-Games für mich weiterhin die Messlatte oben hält. Je nach System und Händler, kann man das Spiel nämlich zwischen 25 – 40 € abgreifen. Das Spiel ist grundsätzlich sehr unterhaltsam und auch wenn es optisch vielleicht nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist, macht der Titel atmosphärisch einen sehr guten Job. Es gibt verstörende Momente und Szenarien, die Eindruck schinden und denen man ihre grauenhafte Anziehungskraft nicht aberkennen kann. Als größeres Problem sind leider die Soundbugs und manchmal auffälliges Tearing zu benennen. Besonders in Dialogen, kann das ordentlich auf die Laune drücken. Doch wer zum Beispiel die offizielle Facebook-Seite des Spiels verfolgt, darf feststellen, dass hier mit Nachdruck an den Problemen gearbeitet wird.

Einzelwertungen in Kategorien:

Grafik: 65
Sound: 65
Gameplay: 70
Spieldesign/Spielwelt: 79
Spielspaß/Atmosphäre: 75

Über Daniel Machut

Ich bin Chefredakteur bei KRAUTGAMING ! Aufgewachsen in der Steinzeit des Gaming, bin ich noch heute unterwegs in den unterschiedlichsten Welten. Hyrule, Rapture, Eos, das viktorianische London, Sondereinsätze auf der ganzen Welt und selbst die dunklen Tiefen des Weltraums habe ich nicht gescheut. Hier sollt ihr mehr von meinen Reisen in den virtuellen Weiten erfahren...

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