Wolfenstein 2 – Das Regime schlägt zurück

Wolfenstein 2 – Das Regime schlägt zurück

von am 04.11.2017 - 08:07
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2014 starteten Bethesda und Machine Games den Neustart von Wolfenstein, nachdem der vorherige Sprung auf die 360 und PS3 eher als gescheitertes Experiment betrachtet werden konnte. So bekam der Shooter ein neues Gesicht und der Name Wolfenstein, dessen erster Teil 1981 erschien, war wieder gerechtfertigt positiv in aller Munde. Am 27.10.17 erschien nun die direkte Fortsetzung von Wolfenstein – The New Order, die wir für euch testen durften…

Verdrehte Geschichte

Die spannendste Frage bei einem Wolfenstein 2 war in meinen Augen ganz klar der Fokus auf die Weiterentwicklung. Und während ich das Spiel in Augenschein nehmen durfte, veränderte sich der Maßstab dieser Frage massiv. 

Wolfenstein – The New Order punktete mit einer gut erzählten Geschichte und einem einzigartigen Szenario, das sich traute auch zynische und selbstironische Töne anzuschlagen. In einer alternativen Zeitlinie haben die Nazis den 2. Weltkrieg gewonnen und die Welt gnadenlos in ihre Gewalt gebracht. Fortan waren sie unter dem Namen ‚Das Regime‘ bekannt und selbst der Mond blieb von der Schreckensherrschaft der gefährlichen Übermacht nicht verschont. Hätte der Film Iron Sky diese unterhaltsame Mischung an den Tag gelegt, wäre der Erfolg des Films wohl einschlagender gewesen. So schaffte es nämlich bereits der erste Teil der neuen Spielreihe aus dem Hause Bethesda, trotz diverser verrückter Ideen, dennoch einen ernsthaften Ton anzuschlagen und ein stimmungsvolles Bild zu erzeugen. Innerhalb des Genre kam das Spiel zwar weiterhin nicht an Größen wie die Bioshock-Serie heran, lieferte aber solide ab und machte richtig Spaß.

Die Idee hinter der Geschichte war dabei zwar nicht revolutionär, aber die Umsetzung dafür umso treffender. Das galt auch für die technische Umsetzung, die man seinerzeit schon als gelungen bezeichnen konnte und dem Titel einen einzigartigen Stil verlieh. Besonders schön war die Feststellung, dass man sich hier rein auf eine Kampagne konzentriert hatte und nicht wie beim PS3/Xbox360-Vorgänger einen halblebigen Multiplayer integriert hat.

Doch was ist nun mit der 2017er Fortsetzung ? 

Der Hauptcharakter gilt als der gefährlichste Mann der Welt. Kein einfaches Spiel für den Widerstand, wenn der beste Kämpfer an jeder Hauswand zu sehen ist.

Neu beflügelte Geschichte

Im neuen Wolfenstein 2 kämpfen wir wieder in der Haut von B.J. Blazkowicz, der durch die Folgen des ersten Teils ordentlich mitgenommen ist und auch direkt zu Beginn der Kampagne nicht nur austeilen darf, sondern auch mächtig einstecken muss. Dabei knüpft die Story direkt an den Vorgänger an und lässt dem Spieler keinen großen Spekulationsfreiraum. Eine Tatsache die ich sehr begrüße, da man hier nicht nur eine „gefühlte“ Fortsetzung inszeniert hat.

Und bereits hier verändert sich der Maßstab extrem. Stilistisch hat sich die Optik zwar verbessert, setzt aber auf Wiedererkennungswert und wagt keinen gewaltigen Sprung. Dieser Umstand ist allerdings sogar positiv anzusehen, da es die Eigenständigkeit der Marke unterstreicht und den Spieler der vorherigen Teile innerhalb kürzester Zeit wieder abholt. Auch spielerisch sind zumindest die ersten Spielstunden recht gradlinig angelegt, doch auch das ändert sich in der zweiten Hälfte des Spiels. Alle Änderungen, ob kleine oder große, sind direkt mit der Geschichte verknüpft und finden stellenweise sogar recht radikale Begründungen.

So auch die Einführung der mechanischen Körperupgrades, die mit einer dramatischen Storywendung eingebracht werden. Speziell bei dieser Sequenz merkt man, dass man sich wieder für keine verrückte Idee zu schade war.

Auf jeden Fall ein optisches Upgrade, das es aber trotzdem schafft den Vorgängern stilistisch treu zu bleiben. Eine Klasse für sich!

Geschichte schreiben

Doch nicht nur die durchgeknallten Ideen machen Wolfenstein 2 zu einem würdigen Nachfolger. Die Charaktere werden verstärkt in Szene gesetzt und gerade ab der besagten zweiten Hälfte des Spiels, schlägt Wolfenstein 2 seinen Vorgänger in nahezu allen Bereichen. Der Humor sitzt, die Inszenierung wirkt weit weniger statisch (was auch an den weitläufigeren Gebieten liegt, die zwar weiterhin linear aufgebaut sind, aber mehr Bewegungsfreiheit liefern) und es gibt ein paar nette Spielereien in Bezug auf eure Körperfähigkeiten mit der Umgebung. Außerdem gibt es wieder haufenweise Sammelobjekte und auch die Enigma-Ziele, die euch gezielte Headhunter-Missionen auferlegen, sorgen für ordentlich Abwechslung und bieten zeitgleich die Option in bereits bereiste Kampagnen-Areale zurückzukehren. Dadurch erhaltet ihr natürlich auch die Möglichkeit übersehene Sammelobjekte zu suchen. 

Der wichtigste Punkt bleibt aber das Storytelling selbst. Während in The New Order und auch dem Prequel The Old Blood ein stetiges Niveau gehalten wurde, reiht Wolfenstein 2 – The New Colossus ein Event an das nächste und schafft inhaltlich immer wieder neue Höhepunkte.

Zwischen den Missionen geht es wieder in eure Homebase, die hier räumlich ebenfalls etwas üppiger ausfällt als noch bei Teil 1 und es gibt entsprechend mehr zu entdecken. Auch kleine Mini-Missionen sind hier inbegriffen. Ein weiterer Fan-Bonus zeichnet sich auch durch einen Arcade-Automaten ab, der eure schwer erkämpfte Heimatbasis ziert. Hier dürft ihr nämlich Wolfenstein 3D spielen und euch unbegrenzt damit vergnügen.

In solch stimmungsvollen Momenten, sollte man nicht den Kopf verlieren.

Schwierige Geschichte

Dass The New Colossus in Sachen Steuerungsmechaniken und Gameplay natürlich auch an seinen Genre-Kollegen und Publisher-Verwandten DOOM erinnert, ist eigentlich weniger verwunderlich. In einem Punkt ähneln sich die beiden Titel allerdings ebenfalls.

Die Rede ist dabei vom Anstieg der Schwierigkeit zwischen den unterschiedlichen Stufen. Beide Titel haben nämlich das minimale Problemchen, dass die Schwierigkeitsgrade in unverhältnismäßigem Ausmaß ansteigen. In Wolfenstein 2 wählt ihr aus 6 verschiedenen Schwierigkeitsstufen von denen die ersten beiden Stufen schon fast zu einfach sind. Ab Stufe 3 hebt sich das Spiel auf ein anspruchsvolles Niveau, bei dem Gelegenheitsspieler schon recht häufig das Zeitliche segnen dürften und routinierte Shooter-Spieler eine angemessene Herausforderung erleben. Schon hier merkt man einen erheblichen Anstieg, doch was dann letztlich ab Grad 4 der Fall ist, kann schon frustrierend sein. Mit jedem weiteren Schwierigkeitsgrad legt das Game eine ordentliche Schippe drauf und und wirkt ab dem fünften Schwierigkeitsgrad schon fast unfair. Hier braucht man bereits Nerven aus Stahl und es gibt Passagen in denen einem fast keine andere Option bleibt, als die Flucht nach vorne anzutreten und zeitgleich einen regelrechten Marathon an manuellen Speicherungen zu vollziehen. 

So wirken die 3 höheren Schwierigkeiten eher wie Challange-Modi der Kampagne, die aber kaum dazu geeignet sind, die wirklich geniale Story in vollem Umfang zu genießen. Hier liegt nämlich auch der besondere Unterschied zu DOOM. Auch wenn der hochgeschwindige Shooter wahnsinnig gut aussieht und extrem gut von der Hand geht, so bleibt er erzählerisch ein kleines Licht im direkten Vergleich zu Wolfenstein 2. Die Kampagne des Spiels ist es wert, genossen zu werden und deswegen sollte man im ersten Durchlauf getrost ein wenig kleiner anfangen, wenn es um die Auswahl der Schwierigkeit geht.

Noch feiert das Regime, doch da haben sie die Rechnung ohne B.J. gemacht. Dieser sorgt auf ganz eigene Weise für bombige Stimmung…

 

Geschichtliche Zensur ?!

Auch im Jahr 2017 ist es so, dass Videogames noch immer nicht als offizielles Kulturgut oder als Kunstform gelten und somit auch weiterhin in gewissen Dingen der Zensur unterliegen. Doch jetzt mal ganz ehrlich… Stört es wirklich jemanden, dass er in einem Videospiel keine Hakenkreuze zu sehen bekommt und auch eine bestimmte Figur in Titelbezeichnung, Namen und einem markanten Detail ein wenig entfremdet wurde ?! Mich hat dieser Umstand, in meiner Wahrnehmung des Spiels, zu keinem Zeitpunkt negativ beeinflusst. Wolfenstein 2 ist die Karikatur einer düsteren, alternativen bzw. fiktiven Zeitlinie und Realität. Dadurch erübrigt sich in meinen Augen auch die gezielte Darstellung gewisser  Personen oder Symbolik. Tatsächlich ändern diese Kleinigkeiten am Spielerlebnis rein gar nichts und würden auch keinen Mehrwert bedeuten, wenn sie enthalten wären. Und ansonsten ist das Spiel in seiner weiteren Darstellung, auch was den Gewaltgrad angeht, komplett ungeschnitten. 

Fazit

Wolfenstein 2 - The New Colossus

von am 04.11.2017

Die aktuelle Spiele-Saison landet einige richtig gute Treffer und Wolfenstein 2 macht da keine Ausnahme. Diese Fortsetzung katapultiert die eigene Marke in neue Höhen und ist eigentlich jetzt schon wieder Kult. Sämtliche neue Mechaniken machen Spaß und Sinn. Der zweite Teil um den Kampf gegen das übermächtige Regime, fügt sich nahtlos in das Gesamtbild seiner Vorgänger ein und macht besonders in der zweiten Hälfte einen gewaltigen Sprung nach vorne, der den ersten Teil und das Prequel blass aussehen lässt. Das Spiel fühlt sich an wie Inglorious Basterds auf Speed, bleibt stets spannend und wirkt zu keiner Zeit erzwungen. Ein echter Volltreffer !

Über Daniel Machut

Ich bin Chefredakteur bei KRAUTGAMING ! Aufgewachsen in der Steinzeit des Gaming, bin ich noch heute unterwegs in den unterschiedlichsten Welten. Hyrule, Rapture, Eos, das viktorianische London, Sondereinsätze auf der ganzen Welt und selbst die dunklen Tiefen des Weltraums habe ich nicht gescheut. Hier sollt ihr mehr von meinen Reisen in den virtuellen Weiten erfahren...

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