LEGO Jurassic World: Besser als der Film

LEGO Jurassic World: Besser als der Film

von am 05.07.2015 - 18:16
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Neuer Film, neues Spielzeug: Spätestens seit dem Kinostart des ersten Star Wars-Films Ende der 70er braucht jeder Blockbuster seine eigene Produktlinie. Immer wieder mit dabei ist seit einigen Jahren der Bauklotz-Hersteller LEGO, der nicht nur Spielsets zum neuen Jurassic World-Film veröffentlicht, sondern auch alle vier Filme in einem Videospiel verpackt. Die Stangenware sollte mich eigentlich nicht interessieren, aber ich kann mir nicht helfen: Ich liebe LEGO, ich liebe Dinosaurier, und Jurassic Park ist in meinen Augen einer der besten Filme, die es jemals auf die Leinwand schafften. Außerdem gibt’s im Spiel eine Klötzchen-Version von Jeff Goldblum mit offenem Hemd, und dazu darf einfach kein Mensch „Nein“ sagen. 

Trotz aller Fan-Liebe ist und bleibt es mit LEGO-Spielen jedoch ein wenig wie mit Scripted Reality-Serien im Fernsehen: Ich weiß zwar, dass es keine hohe Kunst ist, bleibe aber trotzdem dran, wenn ich einmal angefangen habe. Bei LEGO kommt dabei noch eine andere Komponente hinzu – denn seit Ewigkeiten setzt der Entwickler Traveller’s Tale auf den Sammeltrieb. Und der hat in LEGO Jurassic World einiges zu tun: Im Spiel gibt es dutzende von Figuren aus allen vier Filmen zu finden, dazu rund zwanzig Dinosaurier und andere Zeitgenossen, dazu noch Fahrzeuge, goldene Lego-Steine und rote Super-Steine, mit denen wir entweder unseren Punkte-Modifikator erhöhen oder allen spielbaren Figuren eine geschmacklose Hawaii-Hemd- und kurze Hosen-Kombi verpassen. Ja, es stimmt: LEGO Jurassic World hat einen Dennis Nedry-Modus.

Das Plastik findet seinen Weg

Bis wir den aktivieren können, dauert es jedoch etwas. LEGO Jurassic World schickt uns durch alle vier Jurassic Park-Filme. In jeweils fünf Missionen spielen wir alle Schlüsselszenen nach, in glorreicher Klötzchenform: So retten wir zum Beispiel als Dr. Grant und Ian Malcom (Jeff Goldblum, nur nochmal zum Mitschreiben) die Kinder aus den Autos vor dem verregneten T-Rex-Gehege, indem wir den Fleischfresser mit einem LEGO-Kauknochen ablenken. Wenig später helfen wir Ian Malcom (erneut Jeff Goldblum) und Sarah Harding aus dem Expeditionstrailer, den die T-Rex-Eltern in The Lost World über den Klippenrand schieben. In Jurassic Park 3 nehmen wir mehr oder weniger aktiv (dazu später mehr) am Kampf zwischen Tyrannosaurus und Spinosaurus teil, während wir in Jurassic World Rätsel mit Hilfe der Gyrosphere lösen (ihr wisst schon – der Hamsterball aus den Trailern).

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Dabei übersetzt Traveller’s Tale die Filme nicht bloß ins „Legoianische“, sondern beweist auch ein Auge für Details und die vielen kleinen Momente, in denen die Filme auf der dünnen Linie zwischen Kunst und Trash wandelten. Zu Beginn von Jurassic Park 3 parodiert LEGO Jurassic World etwa den sprechenden Traum-Raptor, während der Helikopter-Anflug auf den LEGO-Jurassic Park im Spiel tatsächlich einen Sample von Jeff Goldblums seltsam-hypnotischer Lache aus dem originalen Film enthält (hier ist eine zehn Stunden-Version davon. Ansehen auf eigene Gefahr). Und nachdem ein Fan-Trailer die Raptoren von Chris Pratt bereits auf Motorräder setzte, tut LEGO Jurassic World dies auch, weil das den Film nur besser machen kann.

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LEGO Jurassic World destilliert die Filme auf ihre wesentlichen Momente, und in dieser Kurzfassung erinnere ich mich schnell an die individuellen Stärken und Schwächen der Filme. Mir fällt plötzlich auf, dass Jurassic Park 3 nicht so schlecht war, wie ich ihn in Erinnerung hatte – tatsächlich ebnete ein Spinosaurus mit lautstark klingelndem Funktelefon im Bauch nur den Weg für den höheren Blödsinn, den Jurassic World über ein Jahrzehnt später auf die Leinwand werfen sollte.

Mama ist Sehr Sauer

Unsere drei Leser merken es vielleicht schon: Um LEGO Jurassic World zu mögen, muss der Spieler auch die Filme mögen. Denn das Spielprinzip der LEGO-Spiele hat sich seit Urzeiten nicht verändert. Noch immer prügeln wir uns alleine oder zu zweit durch Filmszenen, zerhauen dabei Lego-Objekte und bauen neue zusammen, um Rätsel zu lösen. Dabei haben einzelne Figuren spezielle Fähigkeiten: Dr. Alan Grant kann Dinosaurier-Skelette zusammensetzen, Sarah Harding, Ellie Sattler und Owen Grady können Dinosaurier-Haufen durchsuchen, und Ian Malcom (Jeff Goldblum) kann dunkle Höhlen mit einer Fackel beleuchten und mathematische Gleichungen lösen. Dazu kommen noch die Dinosaurier, mit denen man beide Inseln erkunden kann: Raptoren können Gerüche aufnehmen und verfolgen, der Dilophosaurus ätzt mit seiner Spucke spezielle Felsblöcke aus dem Weg, und der Brachiosaurus zertrümmert Bodenplatten mit seinen Beinen.

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Doch das Spielprinzip ändert sich dadurch nicht. Auch mit den Dinosauriern sammeln wir kleine Steine auf, die unseren Punktestand darstellen und mit denen wir neue Figuren kaufen, um dem großen Ziel nahe zu kommen – ein Speicherstand, auf dem alles freigeschaltet ist. Dazu muss der Spieler jedoch jede Mission mindestens zwei Mal spielen. Denn es gibt Bereiche, die der Spieler nicht mit den Figuren erreichen kann, die in der entsprechenden Szene gerade vor Ort sind. Diese Stellen erreicht der Spieler erst im freien Spielmodus. Hier hat er freie Wahl, welche Figur er wählen möchte, und kann zum Beispiel mit John Hammond vor dem Gallimimus-Schwarm davonrennen.

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Auf Dauer ist das Spielprinzip ermüdend – und das schreibt jemand, der sich etwa fünfzig Stunden mit LEGO Marvel Superheroes auseinandergesetzt hat und sich letztes Jahr auch durch The LEGO Movie: The Videogame kloppte, weil er den Film so toll fand (das Spiel leider weniger). Wer alles sehen will, der muss Geduld beweisen und manche Missionen auch ein drittes oder viertes Mal spielen, weil einige der Sammelobjekte sehr gut versteckt sind.

Macht man so Dinosaurier? Nein, so spielt man Gott

Trotzdem gibt es einige nette Einfälle, mit denen wir das Spiel etwas unterhaltsamer gestalten können. Inspiriert vom Genlabor-Hybriden in Jurassic World können wir in LEGO Jurassic World nämlich unsere eigenen Dinosaurier basteln. Dabei kombinieren wir die Köpfe, Körper und Schwänze der Dinosaurier, die wir in den Missionen bereits freigeschaltet haben. Ein Raptor mit einem Triceratops-Schädel ist kein Problem, danach mischen wir nur noch ein Farbschema zusammen und entlassen den Dinosaurier in die Wildnis. In meinem Fall präsentiere ich hiermit den Freedom Raptor und Liberty Rex, die amerikanischsten Dinosaurier, die jemals existiert haben:

freedom raptor and liberty rex

Das macht kurzzeitig Spaß, und ich wähle mittlerweile lieber den Freedom Raptor als die Standard-Raptoren aus. Außerdem ist es eine recht clevere Idee, eine Idee aus dem Film und den kreativen Aspekt, den LEGO-Steine mit sich bringen, miteinander zu vereinen.

Es sind Dinosaurier. Genug „Wow“.

Und wo wir gerade beim Film sind: Ein großes Problem des Spiels ist gerade die Nähe zu den Filmen. Traveller’s Tale verwendet für LEGO Jurassic World Audioschnipsel aus den Filmen, und in diesen stecken jedoch Nebengeräusche, Reste der Filmmusik, Halleffekte und gelegentlich auch Rauschen. Das fällt leider auf, so schön es auch ist, Jeff Goldblum im O-Ton zu hören. Doch der Sound ist nicht das einzige Problem.

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Wenn Dinosaurier gegeneinander kämpfen, etwa der Spinosaurus gegen den T-Rex, dann erledigt der Spieler das mit Quick-Time-Events, damit das Spiel den Kampf wie in einem Film präsentieren kann. Das ist nicht besonders spannend und vielleicht einer der schwächsten Teile des Spiels, gleich nach den Kämpfen „Mensch gegen Raptor“: An bestimmten Stellen im Spiel springt ein Raptor aus dem Gebüsch und verwickelt die Spielfigur in einen Zweikampf. Auch diesen gewinnt der Spieler, indem er möglichst schnell in die Tasten haut. Das ist ein- oder zweimal unterhaltsam, aber LEGO Jurassic World wiederholt diese Raptor-Kämpfe so oft, dass sie uns am Ende nur noch nerven.

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Diese Schwächen fallen im Gesamtpaket nicht so schwer ins Gewicht – aber ich bin auch ein Fan. Ich kam, um Dinosaurier aus LEGO zu sehen, und ich habe Dinosaurier aus LEGO bekommen. Wer LEGO Jurassic World kaufen will, muss sich eventuell im Klaren darüber sein, ob er den Reiz am Spiel selber findet, oder ob ihm eine nostalgische Neuentdeckung der Filme wichtiger ist. Für mich gibt es hingegen nur eine Antwort: LEGO Jeff Goldblum. Genug gesagt.

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LEGO Jurassic World

von am 05.07.2015

Willkommen im Jurassic Park: Wer die Filme, LEGO oder Dinosaurier mag, kann trotz kleinerer Schwächen ruhig zugreifen.

Über Christoph Volbers

Christoph hat viel zu viele Töpfe am Kochen: Er ist der Kopf hinter dem Science Fiction-Metal-Projekt Xenogramm und schreibt an seinem eigenen Roman. Gleichzeitig studiert er Englisch und Geschichte im schönen Bremen (nicht lachen!). Da er jedoch nicht immer vor dem Bildschirm hocken kann, geht er arbeiten - und zwar in einer Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigungen. Wenn er sich davon erholen will, dann kocht er, oder er geht laufen, oder er sieht sich Filme und Serien an. Oh, und offenbar schreibt er auch für krautgaming. Wie konnte ich das nur übersehen?

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