„Let’s talk about mobile“. Als Samantha Ryan mit diesen Worten die Bühne der E3-Pressekonferenz von EA betrat, ging zumindest durch meine Timeline eine Welle der Entrüstung. Niemand wollte etwas über Mobile Games hören, was die allgemeine Ablehnung dieser Spiele nur noch deutlicher macht. Doch diese ist eine falsche. Wir müssen anfangen anders über Mobile Games zu denken, zu reden und zu schreiben. Ein Plädoyer für eine andere Auseinandersetzung mit Mobile Games!
Sie bilden den derzeit größten Markt, mit den höchsten Profiten und den meisten Spieler_innen. Dennoch stoßen sie bei Coregamern* auf große Ablehnung und werden als Casual-Schwachsinn oder Betrugsspielereien abgetan. Dies muss sich ändern. Anstatt größtenteils illegitime Kritik zum besten zu geben, hat sich die Diskussion auf andere Aspekte zu konzentrieren.
All time High an Spieler_innen
Ein solcher könnte sein, dass Mobile Games eben dafür verantwortlich sind, dass immer mehr Menschen zum Spielen finden. Was die oft als negativ betrachteten Casual Games angestoßen haben, wurde durch die breite Verfügbarkeit von Smartphones weiter vorangetrieben. Komplett neue Schichten von Spieler_innen wurden erschlossen, die sich nun mit Games beschäftigen, auf ihre Art und Weise.
Natürlich besteht ein qualitativer Unterschied zwischen dem Spielen von Gelegenheitsspieler_innen und jenem von den selbsternannten Coregamern*, den man natürlich als nichtig erklären kann, aber nicht sollte, da sonst elementare Dimensionen wie etwa die Tiefe der Auseinandersetzung verloren gehen. Es sollten und dürften aus diesem qualitativen Unterschied aber keine wertenden Differenzierung zwischen verschiedenen Spieler_innengruppen stattfinden. Ein Pluralismus an Erfahrungen und Spielweisen ist dem Medium nur zuträglich und genau dies können Mobile Games ermöglichen.
Kommerzieller Erfolg
Ein weiterer Grund sich ernsthafter mit Mobile Games auseinanderzusetzen ist natürlich auch ihr kommerzieller Erfolg. Spiele, die täglich Millionen von Dollar umsetzen und so 2015 sogar die Gewinne des Konsolenmarkts übertrumpfen sollen, haben eine ernstere Auseinandersetzung im breiten Games-Journalismus verdient.
Dieser kommerzielle Erfolg bedingt auch solche Entscheidungen wie jene von Konami oder Square Enix, sich mehr auf den mobilen Markt zu konzentrieren. Ein prosperierender Markt mit Potenzial neue Zielgruppen zu erreichen und Kund_innenschichten aufzubauen ist von Interesse für wirtschaftliche Unternehmen. Doch Berichterstatter_innen als auch Spieler_innen scheinen sich diesem Fakt nicht bewusst werden zu wollen, wenn man sich ansieht, wie diese Ausrichtungen der Unternehmen rezipiert werden.
Dabei ist die Verwertung älterer Software, wie es zum Beispiel Rockstar mit dem Release von GTA San Andreas oder Square Enix mit der Veröffentlichung vieler Klassiker wie Final Fantasy VI oder Chrono Trigger machen, nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht ein kluger Schritt. Durch den Verkauf auf den mobilen Plattformen können auch jüngere Spieler_innenschichten diese ältere Klassiker erleben, die sie ansonsten aufgrund von fehlender Hardware oder Distributionskanäle nicht spielen könnten.
Der kommerzielle Erfolg wird Mobile Games aber auch oft zum Vorwurf gemacht, werden sie doch alle mit quasi betrügerischen Spielen in einen Topf geworfen, die Mechaniken der Sucht, unterschiedlichen Währungen und unlauteren Alterskontrollen verwenden, wie etwa Candy Crush Saga. Dass eine solche Verallgemeinerung dem extrem breiten Spektrum an Mobile Games nicht gerecht wird zeigt sich, wenn wir die Analogie zu den „Killerspielen“ ziehen. Als diese elendige Diskussion noch aktuell war, argumentierten wahrscheinlich gerade alle jene für Videospiele, dass man sie nicht an den einigen wenigen schwarzen Schafen beurteilen darf, die sich heute gegen Mobile Games aussprechen. Wie die Analogie funktioniert, muss ich wahrscheinlich nicht ausführen.
Mobile Games in der Berichterstattung
Aufgrund dieser verschiedenen Ressentiments fristen Mobile Games im Journalismus ein Nischendasein auf Special Interest Websites oder werden stiefmütterlich in kleinsten Rubriken behandelt. Zum einen kann dieses Verhältnis sicher darin verortet werden, dass sich in den großen Outlets Redakteur_innen und damit Spieler_innen befinden, die kein Interesse an Mobile Games zeigen, so wenig wie sie sich für Indie-Spiele interessieren.
Zum anderen verfolgen diese Outlets eine gewisse Blattlinie, die sich an den Massen orientiert, was zumindest erklärt, weshalb Indies nicht unterkommen. Erst wenn wir dies aber auf die AAA-Massen verengen wird auch klar, weshalb Mobile Games außen vor bleiben, es sei denn, sie basieren auf großen Franchises.
Dass dabei viele kleine Perlen vernachlässigt werden, wenn sie nicht gerade wie Monument Vally riesige Erfolge feiern, ist aber ein großes Problem, wird doch der gesamte Diskurs der Videospiele dadurch um zahlreiche Facetten beraubt. Dabei werden Diskussionen und Spiele in die zweite Reihe gedrängt, die wahrscheinlich größerer Aufmerksamkeit bedurften und verdienten.
Was bleibt also?
Wir haben also ein journalistisches Feld, dass sich nicht mit Mobile Games beschäftigen will, da sie entweder betrügerisch, für die AAA-Masse nichtig oder einfach für die Journalist_innen als Gatekeeper_innen uninteressant sind. Dabei sind sie aber facettenreich, der größte derzeitige Markt und bringen eine Unzahl an neuen Spieler_innen hervor.
Von den großen Outlets dieser Welt, die sich ab und an ja auch als so etwas wie „Journalist_innen“ bezeichnen, erwarte und erhoffe ich mir in Zukunft ein größeres Commitment, wenn es um Mobile Games gibt. Der Konsens darf nicht lauten „Oh no, Mobile Games“, sondern er muss sich zu einer positiven Haltung ändern, denn nur so kann es einen dem Medium gerechte Berichterstattung geben. Es sollte lauten: „Let’s talk about mobile! – Fuck Yeah!“
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