Bayonetta 2: Hex hex!

Bayonetta 2: Hex hex!

von am 13.10.2014 - 09:05
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Kurze Frage: Was trägt schwarz, hat lange Beine und einen straffen Hintern? Wenn eure Antwort auf den Autoren dieses Textes fällt, dann freut es mich, dass ihr an mich gedacht habt. Doch ich meine Bayonetta, und das ist auch fast alles, was es über sie zu schreiben gibt. Abseits von ihrer Kleidung, den Haaren und ihrer Figur bleibt sie blass. Der eine oder andere mag ihr Design vielleicht noch mit einer (anti-?)sexistischen Aussage verbinden, doch das war’s auch schon. In Bayonettas Reich regiert das Spiel, nicht die Charakterzeichnung. Wer das mag, der darf zugreifen.

Denn Platinum Games wissen nur zu gut, dass sie keine Filme, sondern Videospiele produzieren; und da ist es nicht so wichtig, eine gute Geschichte zu schreiben. Das Spiel ist tief genug, um diesen Schwachpunkt auszugleichen – anders als der andere Combo-Prügler, den ich spielen musste. Da reicht es, die einzelnen Schauplätze mit ein paar dünnen Fäden zu verbinden, denn am Ende sind es die Kämpfe, die das Spiel zusammenhalten; und wer damit leben kann, der findet seinen Spaß vielleicht irgendwo zwischen A- und X-Knopf.

Vier Knarren für ein Halleluja

So tritt und schlägt sich Bayonetta durch die Horden aus Himmel und Hölle, Verzeihung: Paradieso und Inferno, um die Seele ihrer Freundin zu retten – und das ist nicht ganz einfach. Schon auf dem zweiten Schwierigkeitsgrad ist das Spiel eine echte Herausforderung. Der kleinste Fehler kann Bayonetta ein Drittel ihrer Lebensenergie kosten, und jeder falsche Knopfdruck kann ein kleinster Fehler sein. Zudem bewertet das Spiel die Leistung des Spielers nach jedem Kampf mit einer kleinen Medaille und die ist nicht einfach zu kriegen: Wer die beste haben will, muss gute Kombos aneinanderreihen, wenig Schaden einstecken und den Kampf möglichst schnell beenden.

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Bayonetta ist dazu schwer bewaffnet: Sie kann Waffen in ihren Händen halten und an ihren Beinen montieren. Sie kann außerdem ihre Zauberkräfte benutzen, um Foltergeräte herbeizurufen, oder sie kann im neuen Umbra-Climax-Modus für eine kurze Zeit mit besonders kraftvollen Attacken auf ihre Gegner einprügeln. Ihre Zauberkraft lädt sie auf, indem sie im letzten Moment einem Angriff ausweicht; damit tritt sie außerdem in die Witch Time ein. Für ein paar kurze Sekunden steht dann die Zeit um Bayonetta herum still – wertvolle Zeit, um ein paar Hiebe zu landen.

Treten, Ausweichen, Eiserne Jungfrau

Aus diesem Arsenal muss der Spieler schöpfen, wenn er Bayonetta erfolgreich durch ihre Kämpfe steuern möchte. Gerade die Hexenzeit ist nahezu unverzichtbar, um einerseits die Zauberleiste für Folter-Angriffe und den Umbra-Climax zu füllen, andererseits, um die Angriffe des Gegners in einen eigenen Vorteil zu verwandeln. Dabei hilft es nicht, wie ein Irrer auf dem Ausweich-Knopf herumzuhüpfen, da ein doppelter Druck der ZR-Taste Bayonetta in einen Panther verwandelt. So kann sie zwar schneller laufen, aber nicht angreifen.

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Insgesamt greifen Hexenzeit, Magie-Angriffe und der Umbra-Climax wunderbar ineinander. Der Spieler muss in jeder Sekunde entscheiden, ob er Bayonettas Magieleiste für eine Folterattacke aufbraucht, die einen einzelnen Gegner umbringen kann, oder ob er den Umbra-Modus aktiviert, um vielen Gegnern viel Schaden in kurzer Zeit zuzufügen. Vielleicht wartet er auch auf den nächsten Angriff, oder auf den nächsten Boss, oder spart die Folterangriffe für die etwas stärkeren Kreaturen auf: Am Ende kann der, der das Spiel beherrscht, Bayonetta wie in einem Ballett über die Schlachtfelder führen – wer nicht ganz so schnell im Kopf ist, der sollte sich aber überlegen, ob er sich auf einen Tanz mir ihr einlässt.

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Es ist sogar noch etwas komplizierter: So kann Bayonetta verschiedene Waffen und Gegenstände ausrüsten, die verschiedene Vor- und Nachteile haben. Ein bestimmter Armreif gibt ihr zum Beispiel mehr Heiligenscheine (das Zahlungsmittel im Spiel), wenn sie einen Gegner mit einer Folterattacke erledigt. Das ändert die Spielweise, denn die Waffen, Hilfsmittel und Kombos in Rodins Shop “The Gates of Hell” verlangen viele der goldenen Ringe. Bei Rodin kann Bayonetta außerdem goldene Schallplatten gegen Waffen eintauschen, die sie in den Kapiteln findet; doch die Platten findet sie nur in Teilen. Wenn sie nicht alle aufspürt, muss sie später Geld bezahlen, um die Waffe sowohl an Füßen als auch an Händen ausrüsten zu dürfen.

JENSEITS VON HIMMEL UND HÖLLE

Abseits des Pfades kann Bayonetta einiges entdecken: Neben den goldenen Schallplatten gibt es Schreine, deren Teile sie innerhalb kurzer Zeit finden muss, um sie zusammenzusetzen. Sie kann Zutaten bergen, um Lollipops und andere kleine Gegenstände herzustellen, und in vielen Ecken wartet ein Portal nach Muspelheim. Dort warten Herausforderungen auf den Spieler – so muss er zum Beispiel alle Gegner eliminieren, ohne selber Schaden zu nehmen, oder er kämpft gegen Gegner, die nur in der Witch Time verwundbar sind. Muspelheim funktioniert, weil das Kampfsystem funktioniert, und ist eine gute Abwechslung von Bayonettas Geschichte.

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Denn die trägt nichts zum arschtighten Gameplay bei. Sie führt alleine einen Tapetenwechsel herbei, indem sie den Spieler an den nächsten Schauplatz und zu weiteren Herausforderungen führt. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Tapete einfach großartig aussieht. Das Künstlerteam von Platinum Games muss ein Team von Wahnsinnigen sein. Wenn sich Bayonetta mit einem ihrer Gegenspieler prügelt, dann ist im Hintergrund die Hölle los. Im doppelten Sinne, da Bayonetta und ihr Kontrahent ihre mächtigsten Bestien beschwören, die im Hintergrund wie in einem japanischen Monsterfilm gegeneinander kämpfen und sich gegenseitig in den Kampf der Hexe hineinschleudern.

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Gerade das “himmlische Heer” aus Paradieso sieht fantastisch aus – die Kreaturen aus dem Himmel verstecken ihre wunden Punkte hinter goldener Rüstung und hellen Engelsgesichtern, die auf dem Kopf stehen. Hinter dieser Pracht verstecken sich Wesen aus Fleisch und Blut: Der Himmel ist damit schon fast etwas gruseliger als die Hölle.

Eher Inferno, weniger Paradieso

Da ist es schade, dass die Figuren in Bayonetta ein völliger Fehlgriff sind – inklusive der Titelheldin. Sie existieren alleine aus drei Gründen: Um den dünnen Plot voranzutreiben, um das Gameplay etwa zu variieren, und um verbrauchte Oneliner und Action-Klischees in die Welt zu kotzen. Bayonettas Dialog schwankt zwischen schnippischem Innuendo und übertriebenem Drama, das plötzlich aus dem Nichts kommt.

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Gerade Bayonetta selbst ging mir auf die Nerven – an ihr ist nichts menschliches, auch wenn das Spiel in späteren, “ernsteren” Momenten immer wieder von mir verlangt, ihr echte Gefühle abzukaufen. Sie fürchtet nichts, sie liebt nichts, sie lacht über nichts – es sei denn, der Plot fordert es. Wenn sie zum Beispiel plötzlich fürchtet, ihr Begleiter wäre ertrunken, dann kommt das komplett unerwartet; erst recht, weil die beiden vorher die Chemie zweier Pappfiguren hatten.

Die Pro- und Antagonisten in Bayonetta 2 könnten ebenso gut Außerirdische sein, und wären trotzdem glaubwürdiger und einfacher zu verstehen. Doch das ändert nichts daran, dass das Spiel enormen Spaß machen kann: Als ich das erste Mal einen Kampf überlebte, ohne Schaden zu nehmen, war das ein großartiges Gefühl. Man muss nur wissen, ob man diese Herausforderung annehmen möchte, und ob man mit strunzdummen Figuren sowie einer langweiligen Geschichte leben kann.

Bayonetta 2

von am 13.10.2014

 Bayonetta 2 ist ein fantastisches Spiel – solange es nur darum geht, die richtigen Knöpfe in einer todschicken Umgebung zu drücken. Sobald der Titel eine Geschichte erzählen will, fällt er aufs Maul.

Über Christoph Volbers

Christoph hat viel zu viele Töpfe am Kochen: Er ist der Kopf hinter dem Science Fiction-Metal-Projekt Xenogramm und schreibt an seinem eigenen Roman. Gleichzeitig studiert er Englisch und Geschichte im schönen Bremen (nicht lachen!). Da er jedoch nicht immer vor dem Bildschirm hocken kann, geht er arbeiten - und zwar in einer Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigungen. Wenn er sich davon erholen will, dann kocht er, oder er geht laufen, oder er sieht sich Filme und Serien an. Oh, und offenbar schreibt er auch für krautgaming. Wie konnte ich das nur übersehen?

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