Die Wii U fristet seit ihrem Launch leider aufgrund des fehlenden Supports vonseiten der Third Party Entwickler ein Dasein als Ladenhüter, doch langsam trudeln endlich die heiß ersehnten Exklusivtitel für Nintendos Next-Gen-Konsole ein. Ein Solcher ist The Wonderful 101 von Platinum Games, welcher nach Pikmin 3 die Konsole wieder in Fahrt bringen soll. Ob dies aber klappt, oder ob das Spiel nur ein sehr ambitioniertes Projekt war, erfahrt ihr in unserem Review.
Am 23. August erscheint The Wonderful 101 noch vor allen anderen Territorien bei uns in Europa und Nintendo lies sich nicht lumpen und stellte der Redaktion schon vorab ein Exemplar des Spieles bereit. Ich nahm mich diesem natürlich an, um das Spiel für euch schon Mal auf Herz und Nieren zu prüfen, doch genug der einleitenden Wörter. Lasst uns endlich mit der Story beginnen!
Von Aliens und intergalaktischen Kriegen
The Wonderful 101 spielt in einer nicht all zu weit entfernten Zukunft, in welcher die Erde schon zwei Kriege gegen die aus den Weiten des Alls kommenden GEATHJERK für sich entscheiden konnte. Diese Schlachten ging als Erster und Zweiter Earth Defense War in die Annalen der Geschichte ein und schon nach dem ersten Krieg, den man nur knapp für sich entscheiden konnte, formierte man eine Truppe aus 100 Kämpfern, welche von nun an für die Sicherheit der Erde kämpfen sollten: The Wonderful 100!
Jedes Individuum aus dieser Gruppe der 100 fähigsten Kämpfer der Welt ist an sich nicht überragend stark, doch im Kollektiv können sie sich zu mächtigen Waffen zusammenschließen und Fähigkeiten wirken lassen, die ihnen sonst verwehrt bleiben. Diese werden Unite Morphs genannt und ermöglichen es den Wonderful 100 gegen die GEATHJERK anzukämpfen.
Konnte man also die intergalaktische Bedrohung der GEATHJERK schon zwei Mal zurückschlagen, erscheinen diese nun ein weiteres Mal, um die Erde im Dritten Earth Defense War nun endlich zu zerstören. Hier setzt dann das Spiel ein und wir kämpfen mit der zweiten Generation der Wonderful 100 erneut um die Sicherheit der Erde.
Während dieses Krieges begleiten wir eine kleine Truppe bestehend aus sieben Wonderful Ones, wobei die Gruppe erst im Verlaufe des Spieles diese Größe annimmt. So besteht sie anfangs aus den zwei Protagonisten Wonder Red und Wonder Blue, welche später von Wonder Green und Wonder Pink unterstützt werden. Weitere Hilfe bekommen diese Vier von Wonder Yellow, Wonder White und Wonder Black, welche aber keine wichtigen Rollen innerhalb der Geschichte einnehmen. Sie dienen eigentlich nur dazu das Gameplay abwechslungsreicher zu gestalten, darauf kommen wir aber später zu sprechen.
Die eigentliche Story des Spieles entwickelt sich nun um diese Gruppe an Wonderful Ones und wie sie die Erde vor den GEATHJERK beschützen müssen. So erfordert die gesamte erste Hälfte des Spieles, dass man wichtige Verteidigungs-Anlagen der Menschheit in Sicherheit bringt, da sonst der wichtigste Schutzmechanismus der Erde verloren gehen würde. Zudem baut sich eine Rivalität zwischen Wonder Red und dem Anführer der Space Pirates Prinz Vorkeen auf, gegen den man an mehreren Stellen kämpfen muss. Während all dieser Erlebnisse muss sich die Gruppe auch noch um einen Schüler namens Luka kümmern, welcher bei den Angriffen der GEATHJERK beide Elternteile verloren hat und diese nun selbst rächen will.
An sich bietet die Story von The Wonderful 101 viel Material, aus welcher man trotz des etwas billig wirkenden Settings viel herausholen hätte können, doch all diese Chancen werden leider nicht genutzt und so dümpelt die Geschichte nur als Aufhänger für das Gameplay seicht herum. Jegliche Wendungen sind vorhersehbar, die Wandlung der Charaktere geschieht zu schnell oder gar nicht und die einzelnen Storyacts sind ziemlich langweilig.
Positiv zuschreiben kann man dem Spiel einzig den doch etwas gelungenen Humor, auch wenn dieser nicht durch seine Raffinesse glänzt, sondern eher durch ein dezentes durchbrechen der Vierten Wand. So geben die Charaktere oft Kommentare ab, welche sich scheinbar auf das Spiel selbst oder sonstige Aspekte von anderen Spielen beziehen, ohne dabei aber wirklich die Vierte Wand zu durchbrechen. Auch die Interaktion zwischen den einzelnen Charakteren der Gruppe zaubert oft ein Schmunzeln auf die Wangen, jedoch nutzen sich diese Witzeleien sehr schnell ab.
Bevor wir nun aber zum Gameplay komme, muss noch die Darstellung der weiblichen Figuren im Spiel angesprochen werden. Wonder Pink und Immorta, die einzigen zwei weiblichen Figuren welche eine größerer Rolle in der Geschichte einnehmen, sind so dermaßen übertrieben sexualisiert dargestellt, sodass sogar schon Feminist Frequency einen passenden Tweet dazu formulierte.
Dieser Grad an Sexualisierung lies mich oft ratlos zurück, denn eigentlich wären beide Figuren ein gutes Beispiel für starke weibliche Charaktere in Videospielen. So werden sie aber trotz ihrer Souveränität auf ihre Geschlechtsmerkmale reduziert, was wirklich sehr schade ist. Gerade in Anbetracht der jüngsten Diskussionen um den Sexismus in der Videospielbranche, ist mir dies ein Dorn im Auge und so langsam müssen auch japanische Entwickler ihr Schaffen in dieser Hinsicht überdenken.
Doch genug der Charaktere und Story. Wir kommen nun zu jenem Punkt, in dem The Wonderful 101 zumindest ein bisschen strahlen kann: Das Gameplay.
Missionen, Steuerung und die Kamera
The Wonderful 101 bietet als Wii U-Spiel eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie das Erlebnis einzigartig gestaltet werden kann und das Spiel reizt dies auch zu einem großen Teil aus. Zuvor seien jedoch noch kurz ein paar Worte zur eigentlichen Missions-Struktur zu verlieren.
So gibt es insgesamt 10 große Missionen, welche alle aus drei kleineren Teilen bestehen, die man alle nach der Reihe angehen muss. Hierbei ist fast keine Mission in ihrer Gesamtheit länger als eine Stunde und die kleinen Einheiten dauern somit jeweils ungefähr 20 Minuten, was meiner Meinung nach sehr gut ist. Dadurch ist auch ein kurzes Einlegen des Spieles möglich, einfach nur um dem Gameplay zu frönen. Außerdem verleitet der Name des Spieles zu Fehlschlüssen, denn so spielt man anfangs gar nicht alle 100 Wonderful Ones. Diese sind in den jeweiligen Leveln versteckt und wollen vom Spieler rekrutiert werden. Um aber dennoch eine schlagkräftige Truppe beisammenzuhaben, kann man ganz einfach normale Bürger zu Wonderful Ones auf Zeit machen und mit diesen den Gegnern den Garaus machen. Der namens gebende 101. Wonderful One ist übrigens – schön pathetisch – der Spieler selbst.
Doch wie steuern sich eigentlich bis zu 100 Charaktere gleichzeitig? Eine Frage, die sich viele Leute gestellt haben und für deren Antwort sogar Videos erstellt worden, in denen man die Steuerung vorführte. So spielt man an sich immer einen Kämpfer, um welchen sich die restlichen Wonderful Ones sammeln. Nun kann man entweder durch den Einsatz der Unite Morhps eine Waffe aus den bisher rekrutierten Mitstreitern formen oder man tritt dem Gegner mit nicht all zu starken Unite Attacks entgegen. Um Unite Morphs nun wirken zu lassen, muss man ein bestimmtes Symbol auf den Touchscreen des Wii U GamePads zeichnen oder dieses mit dem rechten Stick nachfahren.
Will man also mit dem Schwert Wonder Blues kämpfen, kann man entweder einen geraden Strich auf dem Touchscreen zeichnen oder man bewegt den rechten Stick in die gewünschte Richtung. Für Wonder Reds Faust muss einfach ein Kreis gezeichnet werden und so weiter. Je nachdem wie groß man diese Symbole zeichnet, umso stärker werden die jeweiligen Unite Morhps und machen dementsprechend mehr Schaden, da sich dann mehr Wonderful Ones zusammentun. Im Verlaufe der Story erhält man somit mehrere offensive Unite Morphs und jeder der vorher beschriebenen besonderen Wonderful Ones bringt einen solchen mit in die Gruppe. Es gibt auch eine Reihe an defensiven Unite Morphs, diese müssen aber teuer mit Ingame-Währung erworben werden.
Der Kampf ist nun also ein wildes Zusammenspiel aus Unite Morphs, Unite Attacks und den erlernten Skills. Für manche mag dieses Wirrwarr anfangs befremdlich wirken, jedoch ist es im Gegensatz zu vielen anderen Spielen eine willkommene Abwechslung und die Übersicht lässt sich erstaunlich gut behalten. Man kann diesem Ganzen jedoch noch einen daraufsetzen, indem man eine dezidierte Gruppe an Wonderful Ones sich zu einem weiteren unabhängigen Unite Morph zusammenschließen lässt. Diese agieren daraufhin für eine kurze Zeit selbstständig und greifen die Gegner von alleine an.
Insofern macht The Wonderful 101 Gameplay-Technisch vieles richtig und trotz der an sich großen Diversität in den Kämpfen bietet das Spiel in Form von kleinen Spielereien sogar noch mehr Abwechslung. So gibt es einige Sequenzen, in denen das Spiel Mechaniken anderen Genres einfließen lässt und unter anderem zu einem Shoot’em’Up, Box-Spiel, 2D-Shooter oder Bullet Hell wird. Auch das Wii U GamePad wird gebührend eingesetzt und ist kein pures Gimmick, dessen Einsatz erzwingt vorkommt.
Es müssen neben all diesen positiven Eindrücken aber auch noch zwei negative Aspekte angesprochen werden, welche den Genuss doch ein bisschen einschränken könnten. So ist der Schwierigkeitsgrad besonders am Anfang extrem hoch, da man nicht wirklich mit der Steuerung umgehen kann und die Gegner einen mit noch unblockbaren Angriffen schwer zusetzen. Dies kann den Spielspaß extrem mindern und selbst ich verzweifelte schon öfters und wollten das Spiel einfach nur noch in die Ecke werfen. Außerdem ist der Umgang mit der statischen Kamera oft sehr umständlich. So lassen sich Entfernungen schlecht abschätzen und eine Orientierung in der Luft ist fast gar nicht möglich. Hinzu kommt noch, dass das Spielgeschehen in kleinen Räumen auf das GamePad wechselt und hier kämpft man mehr gegen die Kamera, als gegen die GEATHJERK.
Bezüglich des Gameplays lässt sich zusammenfassend sagen, dass man sich dazu durchbeißen muss, das Spiel zu mögen. Gerade am Anfang macht es The Wonderful 101 einem extrem schwer, doch nach einer längeren Zeit der Eingewöhnung zündet das gesamte Spiel auf ein Mal und belohnt einen für seinen langen Atem.
Bleibt also nur noch der obligatorische Blick auf die Grafik und den Stil, welcher mir sehr gefällt.
Plastik-Helden und schön bunt
Wir Leben in Zeiten, in denen fast alles in derselben Grau-Braunen-Farbpalette getaucht ist. Da ist eigentlich jeder AAA-Titel, der aus diesem Farbschema ausbricht, herzlich willkommen und so ist dies auch bei The Wonderful 101.
Das Spiel setzt auf einen Look, der unsere Helden wie Plastik-Figuren aussehen lässt, womit ein gewisser Actionfiguren-Charme ausgestrahlt wird. Zudem sind die Level und die Figuren mit kräftigen Farben gestaltet, wodurch ein schön buntes Spiel zustande kommt. Auch die einzelnen Level profitieren von diesem Farbspiel, denn so sind diese voll mit unterschiedlichen Farben und wirken dadurch viel lebendiger.
Neben dem Grafik-Stil ist aber auch noch die Grafik-Power umwerfend. So läuft das Spiel auf soliden 60 FPS und sieht ingame sehr scharf aus. Kleinere Framerate-Einbrüche geschehen selten und dies auch nur, wenn auf dem Bildschirm zu viel los ist und der Level-Hintergrund aufwendig gestaltet ist. Dies kann man aber aufgrund der gesamten grafischen Leistung verkraften, die das Spiel aus der Wii U herausholt.
The Wonderful 101 kann in Sachen Grafik-Power vielleicht nicht mit derzeitigen PS3- oder 360-Titeln mithalten, für die Möglichkeiten der Wii U reicht es aber vollkommen und der viel wichtigere Grafik-Stil stellt mich äußert zufrieden.
Fazit
Wie anfangs beschrieben lief es in letzter Zeit nicht gut für Nintendos Next-Gen Konsole. Schleppende Verkäufe und fehlender Thrid Party-Support ließen viele an der Wii U zweifeln und The Wonderful 101 wird dies auch nicht wirklich ändern können.
Das Spiel macht zwar vieles richtig, wie etwa das Gameplay, den gesamten grafischen Stil oder die humoristischen Einlagen, dennoch weißt es zu viele Schwächen auf. So zündet das eigentlich sehr gut gelungene Gameplay erst nach längerer Zeit. Die Story ist unglaublich langweilig und die schlechte Kamera vermiest einem öfters den Spielspaß.
Einzig der Status als Wii U Exklusivtitel wird The Wonderful 101 wahrscheinlich retten, denn so kann man selbst diesen sehr ambitionierten Titel ohne schlechtes Gewissen kaufen, denn bessere Spiele gibt es nur wenige für Nintendos Next Gen-Konsole.
Mit The Wonderful 101 kann man sicherlich seinen Spaß haben, solange einem die Story egal ist und man sich auf das Gameplay fixiert, wobei dieses gerade anfangs aufgrund der doch gewöhnungsbedürftigen Steuerung einen eher genervt zurücklässt. Wer sich davon aber nicht behindern lässt, auf den wartet ein bisher einzigartiges Erlebnis, das man so bisher noch nicht erlebte. Generell empfehlen wir euch aber die Demo zu laden, um feststellen zu können, ob ihr warm mit dem Spiel werdet. Bei mir dauerte es seine Zeit, danach war ich aber sehr begeistert von The Wonderful 101.
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