Citybus München und Train Simulator 2013 angespielt

Citybus München und Train Simulator 2013 angespielt

 „Och nö, keine Simulatoren!“ Ja, den Gedanken hatte ich früher auch. Doch heute sind die Simulator-Termine oftmals ein Highlight im Kalender, weil es ein Ausbruch aus der schnöden Welt des AAA-Titels ist. Dennoch werden Core-Gamer und Simulatoren wohl keine Freunde.

Es war in meinem Urlaub, gerade als ich mir die Sonne auf mein Monitorgebleichtes Gesicht hab scheinen lassen, als mir mein Handy eine Mail mit folgendem Inhalt anzeigte:

Hi Hendrik,

wie mit Sekretariat Odak besprochen, bestätige ich dir hiermit ungefragt deine Termine für nächste Woche:

Aerosoft mit Train Simulator 2013 und dem Citybus Simulator am Dienstag 20.11. um 16 Uhr

Geil, so ein Arsch. Jetzt macht der Odak (Wer ihn nicht kennt, unbedingt googlen!) auch noch Termine für mich aus. Aber nun, der Inhalt dessen sorgt für Vorfreude, Aerosoft präsentiert zwei seiner Simulatoren für das Weihnachtsgeschäft. Wunderbar!

Citybus Simulator München

Als Münchener kennt man das: Die Busse der MVG sind entweder zu früh, oder zu spät, aber garantiert nicht pünktlich. Der Citybus Simulator zeigt uns warum, denn mit viel Liebe zum Detail wurde hier die Innenstadt von München nachgebildet, die man auf zwei Linien befahren kann.

Der Clou dabei ist, dass die Linie 100 eine tatsächlich existierende Linie ist, daran merkt man schon, dass der Citybus Simulator auch in Zusammenarbeit mit der MVG entstanden ist.

Natürlich hat man auch hier als Core-Gamer und Münchener seine Kritikpunkte. Die Grafik wirkt fahl und flach, die Präsentation und Menüführung hätte etwas mehr Liebe verdient und eine staufreie Paul-Heyse Unterführung habe ICH in München noch nicht gesehen.

Dennoch glänzt das Aerosoft-München auch durch mehr oder minder unfreiwillig eingebaute Eigenheiten, wo man als Münchener sofort sagt: Ja, das ist so! Darunter fallen wohl am meisten die verwirrt im Kreis laufenden und besoffenen Passanten in der Nähe der Theresienwiese zu bestimmten Jahreszeiten.

Aber auch Kernbauten der münchner Innenstadt sind durchaus wiederzuerkennen, dazu zählen Sehenswürdigkeiten wie der Hauptbahnhof oder das Pisshäuschen am Haupteingang der Theresienwiese. Toll!

Mehr Knöpfe!

Kommen wir doch zum eigentlichen Star der Simulation, denn das Münchener Setting ist ja eigentlich nur der Establisher für die MAN-Busse, welche man in seiner Tätigkeit als Simulator-Busfahrer steuert. Und hier erkennt man die Stärken eines Simulators: Der Core-Gamer versagt schon beim Anlassen des Motors. (Vergessen die Batterie anzuschalten.)

Wo unsereiner dann frustriert nach dem Schalter sucht freut sich der Simulator-Fan über die Spieltiefe, der Grad der Freude scheint exponentiell zur Anzahl der Knöpfe zu steigen. Scheiß auf minimierte User-Interfaces und Quick-Time Events! MEHR KNÖPFE, JUNGE!

Mit Hilfe der Aerosoft PR haben wir es dann doch geschafft den Bus endlich in Bewegung zu setzen und etwas faszinierendes ist passiert: Ich habe mich wie ein Busfahrer gefühlt. Zwar ein schlecht fahrender Busfahrer mit üblen Manieren, aber darin unterscheide ich mich dann doch nicht zur Realität. Aber genug Bus gefahren, wir steigen am Hauptbahnhof aus dem Bus (Ja, ein und Aussteigen ist möglich. Nimm das, Gran Turismo!) und steigen (mit Spielwechsel) in den Fahrerstand eines ICE 3.

Train Simulator 2013

Als alter Modelleisenbahn-Fan war ich natürlich gespannt den TS2013 wieder zu sehen. Auf einer Präsentation während der Gamescom bekamen wir bereits grobe Züge des noch nicht ganz fertig gestellten münchner Hauptbahnhofes gezeigt, aber nun konnten wir uns seiner vollen, digitalen Pracht ergötzen.

Denn entgegen der internationalen Version kommt die Aerosoft-Variante des Train Simulator 2013 bereits gebundled mit der Strecke München-Augsburg und mit dem ICE 3.

Qualitativ befinden wir uns mit dem TS2013 doch noch eine Liga über dem Citibus Simulator, das sieht man ganz deutlich im Vergleich des Detailreichtums im Münchener Hauptbahnhof.

Dennoch unterscheidet sich äußerlich für den Core-Gamer nicht so viel vom Citybus Simulator, außer dass man sich halt nun im Führerstand eines ICE3 befindet und statt 300 hat man nun knapp 10000 virtuelle PS zur Verfügung. Aber auch hier versteckt sich der wahre Simulator-Spaß hinter einer Armada von Knöpfen, die beim ICE3 Gott sei dank relativ einfach zu durchschauen sind. Nur den Kopf zum Anschalten des WLAN im Zug hab ich nicht gefunden, aber den findet meiner Erfahrung nach der echte Zugführer auch nie.

Kommen wir aber zu den Neuerungen des TS2013, der neben der Stecke München-Augsburg natürlich noch einiges an neuen Features mit sich bringt. Ein Feature hat mich doch etwas verwundert, nämlich die Anbindung eines Xbox 360 Controllers an das Spiel. Ich kann mir gut vorstellen, dass solch ein Feature für echte Simulator-Fanatiker ein Folterwerkzeug aus der Arkade-Hölle darstellt, aber es scheint eine vorsichtige Bewegung zur Öffnung zum Mainstream zu sein.

Aber das soll nicht die einzige Neuerung gewesen sein, die 2013-Version kommt noch mit einer Steam-Workshop Anbindung daher, verbessert Grafik und Performance und die Simulator-Fans freuen sich über die Implementierung des LZB (Linienzugbeeinflussung).

Der Traum der Modelleisenbahner

Bei dieser Präsentation des Train Simulator 2013 hatten wir aber auch das Glück mit Kevin Proft einen der 3D-Designer im Raum sitzen zu haben. Denn entgegen der schönen Strecke interessierte es mich durchaus mehr, WIE so eine Strecke denn entsteht – und die Antwort ist verblüffend logisch.

Wie es sich für einen guten Simulator gehört kommt natürlich auch der TS2013 mit einem voll ausgestattetem Editor, den auch die Payware-Anbieter zu Erstellung ihrer kostenpflichtigen Inhalte benutzen. Und vom Workflow unterscheidet sich das Anlegen einer Simulator-Strecke nicht sonderlich vom Anlegen einer Modelleisenbahn im Keller.

Nach dem Interpolieren der Landschaft aus öffentlich verfügbaren Höhendaten (Google Maps, OSM, etc.) erfolgt erst das Anlegen der Gleisstrecke. Und auch hier haben die Anbieter wie Aerosoft nur sehr begrenzten Zugriff auf „offizielle“ Dokumente der Deutschen Bahn, das Meiste wird per Karten- und Sattellitenbildreferenz erstellt.

Wenn die Gleise liegen kann man zum Erstellen der Umgebung über gehen und hier wird es dann doch haarig. Denn um dem Simulator-Wahn gerecht zu werden, sollten die Häuser so realitätsnah wie möglich aussehen. Also muss man zur Referenz entweder auf Führerhausvideos der Strecke auf Youtube (Ja, so was gibt es!) zurück greifen, oder halt selber Bahn fahren. Danach erfolgt die Modellierung und Texturierung des Gebäudes mit Tools wie Blender und Gimp und der Import und die Platzierung des Gebäudes wieder im TS-Editor.

Und nach den letzten 4 Absätzen beginnt man hoffentlich so langsam den Umfang eines Simulators zu begreifen.

Core-Gamer vs. Simulatoren

Ganz ehrlich, manchmal könnte ich Mitleid mit der netten PR-Frau von AeroSoft bekommen. Frau Krüger, so ihr Name, hat oft genug den leidseligen Auftrag,  gelangweilten und desinteressierten Core-Gamer-Journalisten das Machwerk ihrer Firma schmackhaft zu machen. Der Blick in die toten, desinteressierten Augen von Kaffee schlürfenden Pressevertretern der Games Branche stelle ich mir als keinen angenehmen Anblick vor. (Zumal wir ja wissen, dass die meisten Games-Journalisten hässlich wie die Nacht sind.)

Aber das ist auch nur der Hauch vom Ansatz des Problems, den Simulatoren haben: Als Core-Gamer, so weltgewandt und Indiefreundlich wir uns auch sehen, sind wir fachlich nicht mal im Entferntesten in der Lage die Qualität eines Simulators zu überblicken. Das betreten der Simulator-Welt kann man sich vielleicht wie der Sturz von Alice in den Kaninchenbau vorstellen, es ist einem unvorstellbar, dass dort noch so etwas existiert.

Wenn man denn nun die Grenze überschritten hat, dann eröffnet sich einem eine riesige, hoch lebendige Welt aus Fans, Moddern und leidenschaftlichen Spielern, die viel Geld und Zeit in das Erstellen neuer, kostenloser Inhalte und ihre möglichst realistische Steuer-Hardware stecken.

Und da kommen wir dann auch zum großen Unterschied zwischen Core-Gamer und Simulator-Spieler. In einer Simulation bemisst sich die Qualität eines Spiels nicht nach Grafikstandards. Polycount, HD-Shader und Lens-Flares sind vollkommen egal, das grafische und auditive Material bewegt sich auf exakt dem Niveau, so dem Simulator-Spieler eine Immersion möglich ist, sprich dass er in das Spiel eintauchen kann.

Tatsächlich spielentscheidend ist dann nur noch der Realismus der Simulationen, die nachgebildeten Funktionen aus der Realität und wie nah sich die Simulation am echten Vorbild orientiert. Als schnöder Games-Journalist, der man nun zwölf Spiele am Tag durchspielen muss, hat man leider gar nicht die Zeit und Kompetenz, um sich ernsthaft mit dem Thema auseinander zu setzen.

Fazit

Ich sehe schon die AeroSoft PR gebannt vor ihren Bildschirmen sitzen, wie sie diese Zeilen lesen und denken: „Tu es, sprich die Kaufempfehlung aus! TU ES ENDLICH!“. Aber nein, ich kann leider keine Kaufempfehlung aussprechen.

Und da muss ganz klar gesagt werden, dass ich mich weder für noch gegen den Kauf ausspreche, in meiner Situation bin ich gar nicht in der Lage eine objektive Bewertung nach Maßstäben wie „Gut“ oder „Schlecht“ an diesen Simulatoren vorzunehmen, weswegen ich mich hier vornehm enthalte.

Ich rate dennoch allen halbwegs Interessierten, schaut es euch an, lasst euch drauf ein, gebt den Simulatoren eine Chance und bildet euch eure eigene Meinung!

Kommentare

Sag etwas, mein Freund!

Jetzt hast du die Gelegenheit die Person zu sein, zu der deine Mutter dich immer machen wollte: Freundlich, höflich und klug!

Du darfst grundsätzliches HTML und diese Tags benutzen:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>