Eine Ode an … World of Warcraft

Eine Ode an … World of Warcraft

von am 16.05.2012 - 11:23

World of Warcraft. Alle Welt betitelt das MMORPG als DAS bekannteste, erfolgreichste, aktivste, vielleicht sogar beliebteste Online-Rollenspiel der aktuellen Zeit. Obwohl fast niemand behauptet, dass World of Warcraft auch das beste MMO sei, möchte ich heute meine Liebe zu Papier bringen und etwas zur Geschichte des Spiels erzählen.

Für die Europäer ist World of Warcraft am 11. Februar 2005 an den Start gegangen. Wenige Monate später stand ich mit meinem Freundeskreis in der Kneipe und schmiss einen Dartpfeil nach dem anderen gegen die Scheibe. Ein guter Freund vernahm mein Interesse für Games (diese beschränkten sich damals eigentlich nur auf Sims, Diablo oder Snake) und erzählte mir von einem Online-Rollenspiel.

Er schwärmte von den bunten Landschaften, den wunderschönen Charakteren, den prächtigen Zaubern. Er erzählte, wie die Bäume sich im Wind bewegten und wie die kleinen Hasen in der Natur herumsprangen. Er beschrieb die Hauptstädte und deren Tore, Schmieden und Bewohner … ich staunte und hörte ihm fasziniert zu. Nur ein Spiel, einfach mal ausprobieren, kein Zwang, nicht besonders teuer und  wirklich etwas ganz Besonderes. World of Warcraft … ich war neugierig.

Da ich überhaupt keine Ahnung von nichts hatte, erstellte ich mir meinen Charakter direkt auf dem Realm meines Freundes und trat der Gemeinschaft „Hüter der dunklen Flamme“ bei. Mein erstes virtuelles Zuhause. Ich lernte die anderen Mitglieder kennen, unterhielt mich im Chat mit ihnen und gehörte von Anfang an dazu. Was „dazu“ überhaupt bedeutete, war mir natürlich nicht klar, dennoch faszinierte es mich weiterhin.

Woche um Woche verlief jeder Tag gleich. Einloggen, chatten, questen … irgendwann erklomm ich die höchsten Stufen und wurde in den Kreis der „Jemand noch ne kurze Ini?“-Runde aufgenommen. Das bedeutete, dass ich ab diesem Zeitpunkt ständig „kurz in einer Instanz war“ … dann noch mal kurz, dann noch mal … eine noch. Jetzt aber die Letzte.

Nach dieser intensiven Dungeon-Erkundung und Ausrüstungs-Sammelei begann der Ernst des virtuellen Charakter-Lebens. Der erste Schlachtzug stand auf dem Programm. Für mich als Druidin bedeutete dies nicht besonders viel Vorbereitung. Ich beobachtete jedoch meine Kollegen, die schon zwei Stunden vor dem Beginn des Schlachtzuges zu schuften hatten. Hexenmeister, die unzähligen Gegnern Seelensteine abzogen, um ihre Taschen für Gesundheitssteine und Beschwörungen zu füllen. Magier, die hunderte Brote und Wasser für den ganzen Schlachtzug herstellten und danach nicht mehr ausloggen durften, damit die Stärkungsmittel nicht verloren gingen. 40 Männer und Frauen in einem Teamspeak-Channel … dieses Erlebnis ist heute kaum noch zu haben. Disziplin war hier das oberste Gebot und selbst, wenn die nicht immer gegeben war, schaffte es ein guter Raidleiter, seine ganzen 39 Mann unter Kontrolle zu behalten.

Kontrolle hieß in diesem Fall: „Spieler A, du bannst den Gegner hinten links. Spieler B, du nimmst dir den vorderen … nein, den anderen, ja, genau, den hier rechts. Es geht los auf 3 … “ – Markierungen, Tische, Brunnen … all diese Annehmlichkeiten gab es früher nicht – der ganze Schlachtzug hatte demzufolge alle Hände voll zu tun, um mit 40 Leuten ein einziges Ziel geschickt zu Boden zu bringen. Im Falle einer größeren Gruppe war es oft genug genau andersherum … die Gruppe brachte 40 Leute zu Boden.

Irgendwann ist jeder Schlachtzug eingespielt – gerade früher, als „Stammgruppen“ in der Tat noch Stammgruppen bedeuteten und sich in den meisten Fällen die gleichen 40-45 Spieler versammelten und nur wenig rotiert wurde. Abend für Abend stellte ich mir Kekse und Cola auf den Tisch, schloss die Tür ab, loggte ein und nahm mein Headset für mindestens fünf Stunden nicht mehr ab. Außer während einer Pause, die maximal fünf Minuten andauerte und vom Schlachtzugsleiter vorgeschrieben wurde. „Ihr dürft jetzt auf Toilette. Jetzt. Nur jetzt.“

Gut, dass es früher die „World of Warcraft macht süchtig“-Hater noch nicht gegeben hat, die meinen Lebensstil sicherlich nur kopfschüttelnd wahrgenommen hätten. Irgendwie war es ja schon skurril, das gebe ich ja offen zu. Wenn man sich einen Wecker stellt, um morgens so früh wie möglich World of Warcraft einloggen zu können, obwohl man auch hätte ausschlafen können … heute lache ich darüber, weil mir niemals im Traum einfallen würde, Schlaf für irgendwas in der Welt einzutauschen. Heute bin ich jedoch auch erwachsen und Mutter und sehe meine World-of-Warcraft-Erfahrung aus einem anderen Blickwinkel.

Nein, ein Hater bin ich definitiv nicht geworden. Ich liebte World of Warcraft so sehr, dass ich 2008 sogar beschloss, eigene Level-Guides auf Deutsch für die Allianz zu schreiben. Hiermit begann auch der Einstieg in die Spielebranche und ich wurde nach meinem ersten Auftrag aus dem Hause Computec bzw. PC Games MMore zur Journalistin.

Obwohl ich in meinem Job fast nur noch ins Spiel einlogge, wenn ich einen Auftrag für World of Warcraft habe, bei dem Recherche nötig ist, liebe ich das Spiel noch immer. Jeder, der mich fragt, bekommt zu hören, dass WoW mein Lieblings-MMO ist. Blöderweise musste ich am Wochenende feststellen, dass sich in meinem Kopf der Gedanke breit gemacht hat, dass Guild Wars 2 tatsächlich nach sieben Jahren mein absolutes Lieblings-MMO ablösen könnte. Das macht mich traurig, denn ich denke so unglaublich gerne an die Klassikzeit von World of Warcraft zurück.

Wie unfassbar schön es war, jeden Abend den gleichen Schlachtzug zu besuchen, vorher eine Stunde einen Feuerbuff zu organisieren, diszipliniert im Teamspeak zu hocken und nur auf Anweisung auf Toilette gehen zu dürfen. Wie schön es war, einen einzigen bekloppten Boss, jeden verdammten Abend anzugehen, Prozent um Prozent, sich für jedes einzelne Prozent zu freuen … der ganze Schlachtzug kreischte und jubelte im Teamspeak, wenn ein Boss nach Wochen harter Arbeit das Zeitliche segnete. Ich meine nichts davon ironisch! Auch wenn ich heute unterschreiben kann, dass World of Warcraft definitiv einen saumäßig hohen Suchtfaktor hat und man diesen kontrollieren und einschätzen muss, damit das reale Leben niemals leidet und man eben nicht als süchtig gilt, habe ich trotzdem nichts Negatives aus meiner eigenen Sucht-Phase zu berichten.

Es war toll, es war geil, es war absolut besonders und einzigartig. Mein Freund, Jack, der Schurke, hatte Recht. Diese Zeit wird nie wieder kommen und so sehr Blizzard auch versucht, vieles aus der Klassikzeit zurückzubringen, indem Talentsystem vereinfacht oder die Klassikgebiete aufgewertet werden … das Feeling und das Spiel von früher wird nie wieder zurückkommen. Ich trauere der Zeit hinterher und beglückwünsche jeden einzelnen Spieler zu dieser Erinnerung, der die wundervolle Klassik-Zeit mit all ihren Tücken und stressigen Aufgaben miterlebt hat.

Natürlich war und ist nicht alles toll … WoW ist nun mal, wie es ist. Fehler, Bugs, Balance – es ist ein Spiel. Genießt es, solange die Server laufen. Ich drücke die Daumen, dass Blizzard die zehn Millionen aktiven Abonnenten behält. Ihr könnt nicht jeden Spieler glücklich machen und es gibt IMMER etwas zu Meckern bzw. zahlreiche Dinge, die nicht funktionieren … wer jedoch wie ich in sieben Jahren so viele schöne Moment erlebt hat, der kann trotz aller Wehwehchen nur eines sagen.

Danke, Blizzard.

Kommentare

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Rabano 19. September 2012 um 21:00 19.09.2012 - 21:00

Jop, Everquest 1+2 sollten auch in die Hall of Fame – schließlich hat Everquest den Weg für Spiele wie WoW erst möglich gemacht und in vielerlei Hinsicht hat WoW viel von Everquest übernommen. 🙂

OPTIMUZ D KRIME 17. Mai 2012 um 18:41 17.05.2012 - 18:41

Schöner Beitrag, WoW sollte sowas wie in ne Hall of Fame kommen, damit niemand dieses Spiel nach release von Guild Wars 2 vergisst!!!