Eine Ode an… Sega Dreamcast
Jemand hat mal zu mir gesagt „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“. Und jedes Mal wenn ich auf diese kleine weiße Kiste schaue, fällt mir immer wieder dieser Satz ein. Sie mag zwar nicht die beste Konsole gewesen sein, nicht die schnellste, wohl aber doch eines der wichtigsten Stücke Videospielgeschichte. Die Rede ist von Segas letzter Konsole: Die Sega Dreamcast.
Es mag schon einige Jahre, mittlerweile Jahrzehnte her sein, da hörte ich zum ersten Mal von der Dreamcast. Ich glaube 10-12 Jahre alt müsste ich gewesen sein. Ich war damals bei einem Freund zu Besuch und hatte das Vergnügen, mehrere Stunden Streets of Rage auf dem Sega Saturn spielen zu können. Doch mein Blick ruhte die ganze Zeit auf der unscheinbaren weißen Box, die unterhalb des Saturns ins Regal geschoben wurde. Nach mehrmaligem Fragen und quengeln kam ich zum ersten Mal in den Genuss der Dreamcast. 3D Grafik, die ich damals nur von der Playstation 1 und dem N64 kannte, zeigte sich mir mit Sonic Adventures in einem eindrucksvollen, neuen Gewand. Ich war schlichtweg begeistert. Seit diesem Zeitpunkt wollte ich eine Dreamcast besitzen. Doch es sollte Jahre dauern bis ich endlich in den Besitz einer Konsole kam.
Zu jenem Zeitpunkt war der Höhepunkt der Konsole aber schon um Jahre überschritten, denn die Dreamcast zählte noch zur 6. Konsolengeneration, mittlerweile befinden wir uns mit der Xbox 360, der Playstation 3 und Nintendos Wii schon in der 7. Generation.
In der Zeit, bis ich mir die Dreamcast kaufte, wurde diese schon restlos vom Markt getilgt, Spieleproduktionen eingestellt, neue Konsolen entwickelt, ja sogar schon neuartige Bewegungscontroller der Marke Kinect oder Playstation Move entwickelt. Die Dreamcast wurde zu einem kurzlebigen Phänomen und lebt heute nur noch in den Sammlungen von Videospielnerds vor sich hin. Dabei hatte die Konsole einen nicht allzu schlechten Verkaufsstart hingelegt, hatte ein breit gefächertes LineUp und konnte auch technisch überzeugen.
Das mag zwar alles schön und gut klingen und wäre sicherlich auch noch heute bekannter, wäre da nicht Sonys Playstation 2 auf den Markt gekommen und hätte sich Sega nicht mit Mammut-Projekten wie Shenmue verrechnet. Mit neuerer Technik, neuen Spielen und vor allem dem DVD-Laufwerk entriss die Playstation 2 der Dreamcast in Rekordzeit jegliche Entwickler und Spieler und wurde zum Platzhirsch unter den Konsolen. Am Ende stand Sega gänzlich allein gelassen vor dem Scherbenhaufen und konnte nur eines Tun: Die Produktion einstellen, Verkaufsstops erwirken und sich rein auf den Software Markt konzentrieren.
Schade! Wirklich schade kann man da nur sagen, zumal Sega mit der Dreamcast den eindeutigen Vorläufer für den heutigen Konsolenstandart schuf. Gelungenes Dashboard, Ethernetanschluss, Interner Browser und Spiele mit Multiplayerfunktion waren kein Problem für die Wunderkiste. Alleine schon mit der Umsetzung des allerersten Onlinerollenspiels für eine Konsole, Phantasy Star Online, schrieb Sega Geschichte. Dann gab es noch Spiele wie Jet Set Radio, Soul Calibur 1 (Das eindeutig am besten auf der Dreamcast, noch heute aussieht) und Shenmue.
Shenmue, ja Shenmue. Der wohl größte finanzielle Flop für Sega. Spielerisch wie künstlerisch ist das Spiel eines der wichtigsten und einflussreichsten seiner Zeit. Alleine die dort geschaffenen Quick Time Events finden noch heute in allerlei unterschiedlicher Spielen Verwendung. Aktuell bekanntes Beispiel hierfür wäre der Action-Kracher God of War. Neben den Quick Time Events ist Shenmue auch für seine außergewöhnlich gute Grafik, für damalige Verhältnisse, bekannt. Der Nachfolger, Shenmue 2, war mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser. Größere Stadt, mehr Leute, neue Jobs…und beschissensten Aufhänger in einem Videospiel aller Zeiten! Und trotzdem, da kann man richtig ins Schwärmen kommen.
Wie schon erwähnt, kam ich erst vor kurzer Zeit in den Besitz einer Dreamcast und nutze diese relativ wenig, da mich aktuellere Titel auf aktuellen Konsolen mehr in Beschlag nehmen als mir, ehrlich gesagt, manchmal lieb ist. Und trotzdem bekomme ich jedes Mal so ein leichtes Schaudern, wenn ich an Segas Dreamcast vorbei laufe, da mich diese, mehr als jede andere Konsole ihrer Zeit, begeisterte und an die alten Tage, als 3D Grafiken noch in ihren Kinderschuhen steckten, erinnert.
Was die Konsolenzukunft von Sega angeht, kann man nur vage Vermutungen machen. Auch auf Shenmue 3 wartet die halbe Welt. Wann kommt es, gibt es dann eigene Konsole oder kommt es doch für aktuelle Spielekisten? Fragen über Fragen – und im Grunde sind einem doch die Hände gebunden.
Trotz kurzer Lebenspanne, ständiger Konkurenz mit Sony und Nintendo hat es die Dreamcast mit ihren technischen Features, den gelungenen Spielen und bombastischen Grafiken geschafft, einen Platz in den Herzen der Spieler zu finden. Leider zu früh fallen gelassen, vergessen, wiederentdeckt und schlussendlich doch noch aktuell lebt die Dreamcast in den Herzen derer weiter, die die beste Konsole der Welt genauso schätzen und mögen wie ich. Eine besondere Erwähnung sei den Entwicklern gewidment, die mit ihren Projekten noch heute Spiele für die Dreamcast entwickeln und auch herausbringen.
Florian Merz ist Redakteur bei Krautgaming und fand schon immer das Sonic eindeutig cooler sei als Nintendos Super Mario.