Metro Exodus Review: Aus dem Tunnel ins Licht?

Metro Exodus Review: Aus dem Tunnel ins Licht?

von am 14.02.2019 - 23:06

Nach 3 Büchern, diversen Ablegern,  zwei Spielen und anderen Adaptionen, erscheint mit „Metro Exodus“ das bislang ambitionierteste Projekt von A4-Studios im Metro Universum. Es geht mit der Lock „Aurora“ an die Oberfläche und die Welt wird offener. Ob das die Serie weiter bringt, oder sich in der offenen Welt verirrt, verraten wir im Test.

Eine klaustrophobische Historie

Ich weiß noch, wie ich damals, vor 9 Jahren, Metro 2033 gelesen habe.  Ich war begeistert und verängstigt gleichzeitig. Denn auch wenn die Geschichte um Mutationen und einen Krieg im nuklearen Moskau nicht sonderlich realistisch war, so zeigte sie mir doch gewisse Urängste auf. Ängste um den Verlust der modernen Welt durch diese reale, radioaktive Gefahr.

Doch von dieser Sorte gibt es viele Romane, Spiele. Was Metro jedoch von der Konkurrenz unterschied, war die stets anwesende Klaustrophobie. In den beiden Spielen kam dies natürlich noch viel stärker zu Geltung. Wenn man mit der Taschenlampe durch das Moskauer U-Bahn Netz streifte, war man nie sicher. In jedem Tunnel lauerte Gefahr. Jede Station war ein Hafen zum Rasten und Durchatmen. Und diese seltenen Ausflüge an die Oberfläche waren dadurch so besonders. Sie waren ein kleiner Fingerzeig auf die Welt da draußen.

Doch was, wenn es für Artjom nur noch an die Oberfläche geht? Ist das dann überhaupt noch Metro?

 

Befürchtung und Wahrheit

Und meine Befürchtungen bestätigen sich zum Anfang. Nach einer hervorragenden Anfangssequenz werde ich in eine völlig überhastete Story hineingeworfen. Alles soll größer, besser weiter sein. Jeder Charakter wird mir nur extrem kurz vorgestellt und spätestens, als ich im ‚Fast and Furious‘ – Style von einem explodierenden Zug auf meinen springe, setzt sich bei mir fest: „Das ist nicht mehr mein Metro“. Und um das schon mal vorweg zu nehmen: Wirklich großartig wird die Story in Metro Exodus leider nie.

Ich bin enttäuscht. Und komme endlich in das erste offene Areal. Nun zählt es. Wenn Metro Exodus jetzt auch noch in der ersten offenen Welt der Reihe schwächelt, mache ich mir als großer Fan ernsthafte Gedanken. Ich steige also aus meiner treuen Lokomotive aus, die den Namen Aurora trägt, um die Welt zu erkunden.

Offene Welt=Offener Spaß?

Mir wird zum Navigieren zunächst eine Karte gegeben. Keine die ich übers Menü Aufrufe… Nein. Sondern eine auf die ich (in bester „Firewatch“-Manier) schauen muss. Meine Figur wird zwar angezeigt, aber ansonsten nichts. Nur ein paar Fragezeichen sind darauf gekritzelt. Wo Gefahren und Belohnungen auf mich warten, zeigt sich nicht. Das schafft Neugier.

Das HUD ist dabei auf die allernötigsten Dinge beschränkt. Wenn ich durch die Wildnis streife, habe ich im Normalfall keine einzige Einblendung. Und das ist großartig. Dadurch kann ich in der Welt komplett versinken. Wo mir ein Red Dead Redemtion 2, trotz aller Immersion, Anzeigen auf dem Bildschirm kleistert, macht es Metro richtig.

Grafisch ist Metro Exodus eine Macht. Egal in welcher der 4 Jahreszeiten man sich bewegt, die Engine holt das Maximum von dem heraus, was auf Konsolen so möglich ist. Optische Schmankerl wie Öllachen auf dem Wasser, die Flora und Fauna, sowie die Mutanten runden das sehr positive Gesamtbild ab. Insbesondere die  Lichteffekte können mit den größten der Branche mithalten.

Heulende Mutantenklänge

Ab diesem Zeitpunkt, lässt mich Metro Exodus endlich atmen. Und versprüht Atmosphäre noch und nöcher. Den größten Anteil hat hieran wohl das grandiose Sounddesign. Wenn ich aus weiter Ferne die Mutanten rufen höre, die Raben von dem Bäumen krächzen und nebenbei Flüsse unschuldig rauschen, kommt extreme Einsamkeit auf. Auf großartige Art und Weise wird hier ein enorm immersiver Klangteppich geschaffen, den ich so selten zu hören bekommen habe.

Über den Soundtrack hingegen, lässt sich nicht so viel sagen. Die jeweiligen Klänge, seien es Gitarren oder Flöten, halten sich im Hintergrund und untermalen das Geschehen unauffällig. Nur in den Actionszenen wird es leider recht schnell repetitiv und fast schon nervig. Wo wir doch gerade bei der Action sind.

laut oder Leise?

Bei Kämpfen habe ich stets die Wahl laut oder leise vorzugehen. Ich kann so zum Beispiel auf die Nacht warten um einzelne Camps im Schutz der Dunkelheit zu überfallen. Ich kann alles was in dieser Welt Licht erzeugt, verdunkeln… Seien es Lampen, Fackeln, Lagerfeuer oder Fässer. Die Nacht ist mein Freund und so schreitet man leise voran.  Ich kann aber auch das Tageslicht für bessere Sicht und großkalibrige Action nutzen. Egal wie ich dabei vorgehe, spaßig ist das Gunplay an sich schon.

Die Waffen bieten dabei jede Menge Möglichkeiten zur Modifikation. Craften inklusive! Ich finde im Grunde 2 verschiedene Ressourcen (Chemikalien und Metalle) um meine Waffen nach und nach zu verbessern. Ich muss sie reinigen und modifizieren. Das ist schön umfangreich ins Spiel eingebaut und motiviert zum Erkunden der Welt.

Ist das KI oder kann das Weg?

Die Kämpfe in der Open World  sind leider, abseits des Spielgefühls, nicht gelungen. Auch wenn es Spaß macht, einen Gegner nach dem anderen zu erledigen und sich durch zu schleichen: Sobald es zu offenen Konflikten kommt, versagt die KI regelmäßig. Seltsame Bugs und Glitches inklusive. Die Gegner sehen einen nicht, obwohl sie es sollten. Bleiben an Wänden hängen und machen ihren Job generell ganz, ganz schlecht.

Und darunter leidet dann leider auch die Open World. Denn wenn mich hier spielerisch dann doch recht viele Macken erwarten, kann die Atmosphäre noch so gut sein. Das Spielerlebnis wird verwässert. Und wenn dann auch noch die langen Ladezeiten dazu kommen, ist man schon ziemlich frustriert und hadert mit dem Weiterspielen. Nach aktuellem Stand sind aber (laut Aussage der Entwickler) diverse Patches und Anpassungen in Arbeit, die eben diese Macken ausbügeln sollen.

Charaktere vs. Story

Wie bereits zu Anfang erwähnt, ist die Geschichte an sich, vom Anfang bis zum Ende… ok.  Es tut mir ein bisschen Weh das so zu sagen, aber wegen der Geschichte sollte man das Spiel leider nicht spielen. Zu unfokussiert, zu viel von allem will die Story. Und sie scheitert auch ein wenig an ihren Ambitionen.

Die Charaktere hingegen retten alles. Jeder der auf der Aurora anheuert und dort sein Lager aufschlägt, wächst einem mit der Zeit ans Herz. Dass ich während den Gesprächen mit meinen Kameraden stumm bleibe, stört dabei wenig. Auch, weil Artjom dabei immer was zu tun bekommt. Ob ich jetzt mit meinem Vorgesetzten „Miller“ eine Zigarette rauche, oder auf einer Gitarre spiele. All diese kleinen Interaktionen füllen den Zug mit Leben. Und damit erinnert Metro Exodus ganz plötzlich an RPGs wie Mass Effect.  Selbst wenn das Niveau der Dialoge und die Regie nicht ganz an diese heranreicht. Aber als ich meine letzte Fahrt mit der Aurora angetreten habe, wurde mir dann doch ganz anders. Es geht eben mehr um die zwischenmenschlichen Konflikte in dieser rauen Welt. Und dem ist sich Metro zum Glück stets mehr als bewusst.

 

Artjom Fängt sich

Im weiteren Spielverlauf werden die offeneren Areale zurückgefahren und der Story und den Charakteren wird mehr Raum gegeben. Die Missionen werden auch linearer und das Spiel damit auch plötzlich nochmal ein gutes Stück besser. Es geht wieder häufiger in die dunklen Katakomben voller Spinnen und Mutanten, was einen tollen Throwback zu den alten Teilen darstellt. Daher muss man dann natürlich auch die Frage stellen: „War der Ausflug in die offene Welt nötig?“.

Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Das obliegt dann auch dem persönlichen Geschmack. 

Fazit:

 

Metro Exodus

von am 14.02.2019

Ja… Metro Exodus macht Fehler: Die KI macht ihren Job leider nur bedingt gut. Die Ladezeiten sind zudem heftig. Die Open World schwankt im Niveau zwischen großartig und mittelmäßig. Die Story wird zusätzlich eigentlich nur von den gelungenen Charakteren getragen. Doch als nach 25 Stunden der Abspann über den Bildschirm flimmert, kann ich dann doch nichts anders sagen als „Ich war zufrieden“. Denn Metro hat auch viele Stärken: Der geniale Sound, die minimalen HUD-Element, das tolle Gunplay, die kreativen Mutanten und das gute Missionsdesign. Und allem voran: Eine der dichtesten Atmosphären, die ich je in einem Ego-Shooter genießen durfte. Metro ist ein zwiespältiges Erlebnis mit schwankenden Stärken und Schwächen. Aber wer sich darauf einlässt, wird mit einer sehr schönen Reise belohnt, die noch lange im Gedächtnis bleibt und das Spiel mit einer wirklich positiven Note beendet.

Grafik: 88

Sound: 98

Gameplay: 83

Spieldesign: 75

Spielspaß/Athmosphäre: 82

 

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