Call of Cthulhu [Review]

Call of Cthulhu [Review]

von am 12.11.2018 - 22:28
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H.P. Lovecraft gilt als einer der prägendsten Autoren des Horror-Genre und sein Cthulhu-Mythos dient noch heute als beliebte Inspirationsquelle. So auch für das neue Game von Focus Home Interactive, welches wir euch hier vorstellen möchten…

Dunkle Erinnerungen

Ich gehöre zu den Spielern, die das Glück hatten, über die beiden Klassiker gestolpert zu sein, welche das Horror-Genre auf spielerischer Ebene in ein völlig neues Licht gerückt haben.

Dazu zählen nämlich Eternal Darkness und Dark Corners of the Earth. Während Eternal Darkness natürlich eher als Anlehnung und Hommage zu verstehen ist, behandelte Dark Corners of the Earth aktiv den Cthulhu-Mythos. Doch das neue Call of Cthulhu schlägt erneut eine neue Richtung ein.

Es verschlägt uns in das fiktive Küsten-Städtchen Darkwater, wo wir in der Rolle des Detektiv Edward Pierce, einen ziemlich skurrilen Fall übernehmen. An den Fall seid ihr durch den Vater der verstorbenen Sarah Hawkins geraten, die zusammen mit ihrem Gatten und ihrem Sohn, in einem verhängnisvollen Brand zu Tode kam. Als einzigen Hinweis bekommt ihr ein Bild gezeigt, das Sarah als namenhafte Künstlerin gezeichnet hatte.

Dabei wird berichtet, dass die morbiden Phantasien die sie auf Leinwand gebracht hat, Teil von finsteren Visionen waren. So macht sich der Detektiv letztlich auf den Weg nach Darkwater, wo sich das tragische Familiendrama zugetragen hat.

Der Ort des Unglücks: Die Villa der Familie Hawkins…

Zwischen den Zeilen

Im Fischer-Ort angekommen, zeigen sich die Einheimischen nicht unbedingt von der besonders gastfreundlichen Sorte. Und statt eines leckeren Buffet als Willkommensgruß, begutachtet die anwesende Bevölkerung lieber einen zerfetzten Orca-Kadaver.

Um mich also schlauer zu machen, was hier eigentlich für komische Dinge passieren, begebe ich mich unter die Leute und welcher Ort könnte da wohl besser geeignet sein, als die hiesige Hafenkneipe…

So beginnt die Reise, die zunächst noch lösbar erscheint und wandelt sich in ein schreckliches Szenario ab, das ganz schnell von den Standardnormen unserer eigentlichen Realität abweicht. Edward wird selbst von Visionen geplagt und je näher er einer überirdischen Verschwörung auf den Grund geht, desto tiefer rutscht sein Bild der Wahrnehmung in wahnhafte Gefilde ab… oder denkt er das nur?!

Das Spiel ist, ähnlich wie das Spiel VAMPYR, sehr auf die Geschichte fokussiert und bedacht darauf, diese in angenehmen Portionen aufzudecken. Eure detektivische Rolle kommt dabei auch zum Zug. Manchmal durch ein paar Rätsel und Aufgaben, in welche andere NPC Charaktere involviert sind und weiterhin durch eure Recherche. Diese fällt besonders durch eure Charakterentwicklung ein wenig unterschiedlich aus, denn ihr bedient insgesamt 7 Fertigkeiten, die ihr entweder über CP (Charakterpunkte) ausbaut, oder aber über Fundstücke, bei welchen es sich zumeist um literarische Werke über Medizin und Okkultismus handelt. 

Je nachdem wie ihr die Fertigkeiten ausgebaut habt, bekommt ihr alternative Gesprächsoptionen oder Hinweise, die euch tiefer in die Geschichte eintauchen lassen.

Wer hat behauptet das Lesen nicht  schädlich ist?! Selbst Skizzenbücher bringen euch dem Wahnsinn näher.

 

Ich finde das erzählerische Konzept dahinter wirklich gelungen. Call of Cthulhu schafft es auch einen ausgewogenen Wechsel aus mysteriöser Atmosphäre und gut dosierten Horror-Elementen zu schaffen. In meinen Augen sehe ich nur ein winziges Detail, dass ein wenig zu kurz kommt: Edwards Motivation.

Während man in VAMPYR von Dontnod Entertainment beispielsweise das stetige Gefühl einer gewissen Nachvollziehbarkeit der Figur hat, wirkt das bei Edward etwas blass. Versteht mich bitte nicht falsch. Edward ist interessant und der designte Charakter fügt sich gut in das Geschehen ein. Nur wird nicht ganz klar, warum er sich nicht versucht aus der Situation zu flüchten und stattdessen einfach weiter und weiter auf die tiefen Abgründe der Wahrheit zusteuert. Denn eigentlich hat er, außer den ihn befallenden Visionen und seinem Bildnis, keine tiefer spürbare Bindung zu dem Fall. Und selbst bei den Visionen ist nicht ganz klar, wie tief er tatsächlich bereits zuvor an seinen (nennen wir es) „Schicksalsweg“ mit den „Großen Alten“ gebunden war. Dieser Umstand liegt aber weniger an einer erzählerischen Schwäche, als an der schwachen Selbstdarstellung der Figur, die ein wenig mehr Emotionalität hätte vertragen können.

Ein kleiner Hinweis: In der heutigen Zeit ist es nicht mehr ganz so üblich, Texte in Ladesequenzen zu lesen, doch Call of Cthulhu bedient sich tatsächlich dieser Methode und fasst bisher geschehene Dinge und überleitende Informationen in kleinen Klappentexten zusammen, die ihr in den Ladesequenzen zum nächsten Kapitel lesen könnt.

Erzählerisch macht das Spiel jedenfalls einen guten Job und fängt die lovecraftsche Welt gekonnt ein.

Das Profil des Geistes

Cyanide Studio und Focus Home Interactive haben mit Call of Cthulhu auf jeden Fall ein vielschichtiges Werk geschaffen, das einige interessante Aspekte zu bieten hat. Wie bereits zuvor erwähnt, liegt der Fokus dabei schwer auf der Geschichte und der mystischen Welt nach H.P. Lovecraft.

Dabei geht das Spiel sehr liebevoll mit den Details der Geschichte um. Jede Storyaufgabe wird in Tagebuchform im Spielermenü erhalten, jede Figur mit seinem Hintergrund beschrieben und jeder gefundene Hinweis inhaltlich ausgeschmückt. Alles aus Edwards Perspektive geschildert.
Besonders spannend gestaltet sich eure Suche nach Antworten zu eurem Fall, durch die bildliche Inszenierung der Geschehnisse. Ihr findet nicht nur Dokumente und Gegenstände, sondern nutzt auch Edwards Fähigkeit, Situationen im Geist nachzustellen. Stilistisch ein schönes Mittel, das ein wenig an den Agenten wider Willen aus der Serie Hannibal erinnert und euch so näher an das unheimliche Geschehen und die damit einhergehenden Verwicklungen führt.

Edward besitzt die Gabe, aufgrund seiner Entdeckungen Geschehnisse sehr bildlich nachzustellen. Will Graham lässt grüßen.

 

Auch die bereits erwähnten Ausrichtungen eurer Fähigkeiten machen sich besonders ab der zweiten Hälfte des Spiels bemerkbar, denn  im Umgang mit anderen Charakteren und Situationen, könnt ihr stellenweise neue Herangehensweisen freischalten. 

Auch die gestellten Aufgaben sind geschickt inszeniert und man hat in den unterschiedlichen Kapiteln der Geschichte kaum das Gefühl, dass sich Abläufe wiederholen. Zwar handelt es sich hierbei meist um das Suchen von Gegenständen und neuen Wegen, aber die Verknüpfung mit den unterschiedlichen Story-Abschnitten sorgt automatisch für Abwechslung. Tatsächlich kann man sogar froh sein, dass hier nicht noch zusätzlich mit übermäßigen Rätsel-Einlagen gearbeitet wurde, denn diese hätten den dichten Erzählfluss mit größerer Präsenz sogar eher gestört.

Die Gefahr in Call of Cthulhu hat viele Gesichter. Aber nicht jedes offenbart sich sofort…

 

Das größte Spannungshoch baut Call of Cthulhu in den albtraumhaften Sequenzen auf. Hier wird gezielt mit den Urängsten der menschlichen Psyche gespielt und aus künstlerischer Perspektive werden auch bekannte Szenarien in ein (nicht nur sprichwörtliches) neues Licht gerückt. Unterschiedliche Farbpaletten werden genutzt um klassische Stimmungseffekte zu erzeugen und die Wirkung sitzt. Dafür wirken die Animationen rund um die NPCs etwas grobschlächtiger. 

Die Sychronisation ist gelungen und wer der englischen Sprache mächtig ist sollte vielleicht abwägen, komplett auf die deutschsprachigen Untertitel zu verzichten, denn diese sind nicht immer so korrekt und geschmeidig, wie man es sich gerne wünschen würde.

Die musikalische Begleitung punktet dafür wieder ordentlich. Zwar sind die verstörenden Klänge nicht unbedingt tauglich zum separaten Anhören, aber innerhalb des Spiels erzielen die Stücke den gewünschten Effekt und treiben uns durch die wendungsreiche Geschichte.

Technisch mag es bessere Titel geben, aber die Stimmungen, die Call of Cthulhu dem Spieler aufhalst, sind vortrefflich gelungen. 

Fazit

Call of Cthulhu

von am 12.11.2018

Nach Titeln wie Outlast, Resident Evil 7 und Alien Isolation, ist die Messlatte im Horror-Genre schon mächtig gestiegen. Es geht nicht mehr einfach nur darum, dass möglichst viel Blut fließt und ein Schocker den nächsten jagt. Die Atmosphäre muss sitzen und am besten auch noch eine reichhaltige Geschichte erzählt werden. Call of Cthulhu liefert in dieser Hinsicht komplett ab. Es mag Spiele geben, die vielleicht besser aussehen, aber die lovecraftsche Stimmung und Bedrohlichkeit wird perfekt eingefangen. Das Spiel arbeitet mit simplen, aber effektiven Tools zur Erzählung der Geschichte, setzt gut dosierte Schockmomente ein und bietet wunderbare Anspielungen auf H.P. Lovecrafts Werk und sogar ein paar Easter Eggs, die sich auf seine Person beziehen. Ein schaurig schöner Titel, der trotz kleinerer (eher technischer) Schwächen, beste Unterhaltung bietet.

Grafik: 75
Sound: 78
Gameplay: 82
Spieldesign/ Spielwelt: 80
Spielspaß/ Atmosphäre: 87

 

Über Daniel Machut

Ich bin Chefredakteur bei KRAUTGAMING ! Aufgewachsen in der Steinzeit des Gaming, bin ich noch heute unterwegs in den unterschiedlichsten Welten. Hyrule, Rapture, Eos, das viktorianische London, Sondereinsätze auf der ganzen Welt und selbst die dunklen Tiefen des Weltraums habe ich nicht gescheut. Hier sollt ihr mehr von meinen Reisen in den virtuellen Weiten erfahren...

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