Pathfinder Kingmaker [Review]

Pathfinder Kingmaker [Review]

von am 17.10.2018 - 21:35
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Pathfinder: Kingmaker von Owlcat Games, ist ein aktueller Vertreter des wiedererstarkten und gefragten Genres der isometrischen Rollenspiele. Oft auch gerne als Oldschool-RPGs bezeichnet, traten Titel dieses Genres jahrelang automatisch in einen Wettbewerb, um das Erbe von „Baldur’s Gate“ anzutreten.

Dieses ausgezeichnete Spiel, basierend auf den Regeln von „Dungeons & Dragons“ und angesiedelt in den „Vergessenen Reichen“ war nicht nur wegweisend, sondern galt eben für sehr lange Zeit auch als die Referenz schlecht hin (oder eben der Nachfolger „Baldur’s Gate II: Thron des Baal“).  Es brauchte erstaunlicherweise einige (erfolgreiche) Kickstarter-Kampagnen um diesem Genre wieder Leben einzuhauchen und die Liste mit aktuellen Titeln zu füllen. Einer Kickstarter-Kampagne verdanken wir auch den aktuellen Genre-König „Pillars of Eternity“.  Dieser Trend hält nach wie vor an und diesem haben wir nun auch das vorliegende Pathfinder: Kingmaker zu verdanken. Es ist zugleich auch das erste Videospiel, das auf Vorlage des recht erfolgreichen Pen & Paper – Rollenspielsystems “Pathfinder“ basiert. Dazu konnte man Chris Avellone als Autoren gewinnen, der eben auch an dem bereits erwähnten „Baldur‘s Gate“ und an „Pillars of Eternity“ mitwirkte. Ebenso an einigen anderen erfolgreichen Titeln, wie „Wasteland 2“ und „Fallout: New Vegas“. Klingt also danach, als hätte Owlcat Games eine ordentliche Streitmacht aufgestellt, um den Thron zu erobern. Doch der Weg wird lang und die Schlacht hat noch einige Wendungen parat.

Als Fan und Kenner des Genres fühlt man sich schon bei der Charakterauswahl und –Erstellung, als würde man „nach Hause kommen“. Das Pathfinder-Regelwerk basiert auf Version 3.5 des ursprünglichen Dungeons & Dragons Regelwerkes, welches auch damals bei Baldur’s Gate zugrunde lag. Dazu gibt es noch erweiterte Möglichkeiten bei der Charaktergestaltung, oder man lässt sich halt einfach auf Knopfdruck einen Recken oder eine Reckin generieren. Aber auch aus Spielen, wie beispielsweise Pillars of Eternity (die in von Entwicklern bzw. Autoren selbst kreierten Spielwelten angesiedelt sind und nicht auf einer Pen & Paper Vorlage basieren), gibt es viele wiedererkennbare Elemente. Das fängt beim Regelwerk an und geht weiter über Menüs und grundlegende Spielmechaniken. Durch gute Tutorials und detaillierte Hilfestellungen sollten aber auch Einsteiger schnell Zugang finden. Zumindest was die grundlegende Bedienung und Handhabung des Spiels angeht.

Die Handlung basiert ebenso auf einer Vorlage des Pen & Paper Systems und schickt uns, wie der Name schon sagt, auf den Abenteuerpfad „Königsmacher“. So beginnt das Spiel nicht, wie oft üblich, mit einem einsamen Recken, der irgendwo hinterm letzten Baum eines Fantasy-Reiches erwacht und noch nicht ahnt, welch große Bestimmung auf ihn zukommt. Nein. Pathfinder: Kingmaker beginnt direkt im Thronsaal der Herrscherin und da wird direkt Tacheles geredet. In den Stolen Lands ist eine Stelle frei – gesucht wird ein Baron. Im Kleingedruckten finden sich dann noch Details über Banditen und irgendwelche anderen Gefahren, aber das wird sich schon irgendwie regeln lassen. Das größere Problem ist erst einmal die Stelle zu bekommen, denn wir sind nicht der einzige Bewerber und die Herrscherin scheint sehr streng bei ihrer Auswahl zu sein. Beweisen sollen wir uns und durchsetzen gegen die anderen Kandidatensoweit. Dummerweise wird dann urplötzlich das Schloss angegriffen. Unbekannte Attentäter sind eingedrungen. Entfernt erinnert dieser Einstieg mit dem Angriff, an Neverwinter Nights.

Verdammtes Schicksal! Wann sollen wir denn jetzt mit unseren Bewerbungsaufgaben beginnen? Oder sollte sich dies alles genau als die Herausforderung entpuppen, durch die wir uns als Optimalbesetzung für die Stolen Lands empfehlen können? Nun ja… Das müsst ihr dann wohl selber herausfinden und euch ins Abenteuer stürzen, denn mehr wird an dieser Stelle dazu nicht verraten.

Es folgen also recht früh die ersten Kämpfe des Spiels und wie sich diese gestalten, hängt stark vom gewählten Schwierigkeitsgrad ab. Vom recht relaxten Story-Modus, über einen fordernden Modus bis hin zum unfairen Modus ist alles dabei. Dazu darf man diverse Einstellungen noch nach belieben anpassen. So wie man es persönlich bevorzugt. Kann man im normalen Modus in den ersten Kämpfen noch problemlos die ganze Gruppe markieren und völlig schmerzfrei auf den Gegner hetzen, wird sich das sehr bald ändern. Recht schnell begegnet man den ersten Gegnern, bei denen man doch ein wenig taktischer vorgehen muss. Da reicht auch oft keine mächtige Ausrüstung oder ein starker Zauber, um das Ruder noch herumzureißen. Auch ist Pathfinder: Kingmaker nicht besonders geradlinig. Das heißt, dass man immer wieder mal in Gegenden kommen kann, in denen sich Gegner herumtreiben, die der eigenen Gruppe gnadenlos überlegen sind. Gnadenlos ist hier auch das richtige Stichwort, denn gerne tauchen solch heftige Widersacher auch in Zufallsbegegnungen auf. Da bleibt als letztes Mittel oft nur die Flucht – wenn man denn noch dazu kommt. Ebenso kann auch die Zusammensetzung der Gruppe eine besonderen Einfluss auf den Ausgang eines Kampfes haben. Also auch hier bietet es sich an, weise zu wählen und nicht zu versuchen mit einem bevorzugten Trupp vom Anfang bis zum Ende durchzukommen. Auf insgesamt elf potenzielle Wegbegleiter kann man im Verlaufe des Spiels treffen. Es gibt also genug Varianten für eine (aktuell) schlagkräftige Truppe. Diese darf übrigens maximal sechs Köpfe zählen.

Das Spiel bietet alles, was man von einem modernen, zeitgemäßen Fantasy-Rollenspiel erwarten kann. Es gibt unheimlich viel zu erkunden und entdecken, was trotz der möglichen Bedrohung durch (über-)starke Gegner, Spaß macht und motivierend ist. Dazu gibt es im Spielverlauf immer wieder Situationen, in denen der Spieler eine Entscheidung treffen darf und muss. Das fängt bei einem möglichen Diebstahl an, was aufgrund der Gesinnung bestimmter Charaktere schon Konsequenzen haben kann und steigert sich im Spielverlauf zu gewichtigen Entscheidungen über Leben und Tod. Ebenso wie bei den Kämpfen, ist Pathfinder: Kingmaker auch hier absolut gnadenlos.

Wer sich nicht benimmt oder etwas Falsches sagt, kann gerne mal einen Begleiter dauerhaft verlieren. Und es ist keineswegs immer alles schwarz oder weiß. Es gibt viele Grauzonen und man tut gut daran, sich die Dialoge gut durchzulesen und die Auswahl der Entscheidung gut zu überdenken. Also nicht für notorische Textboxen-Wegklicker geeignet.

Abgesehen von den taktischen Kämpfen und der Erkundung hat das Spiel aber noch einen Trumpf im Strumpf. Kommt ihr schon darauf? 😉

Natürlich sind wir letztendlich der Spitzenbewerber. Eben der Typ, der immer einen kessen (Zauber-)Spruch auf den Lippen hat und dem der W20 hold ist. Und auch der Name „Kingmaker“ kommt auch nicht von ungefähr. Wie es dazu kommt, wird immer noch nicht verraten. Aber ihr dürft euch darauf einstellen, dass ihr ein Reich zu verwalten habt. Dies geschieht auf einem separaten Bildschirm und bietet einige Optionen. Zum einen dürft ihr Begleiter und NPCs mit diversen Aufgaben und Missionen betrauen, Gebäude errichten und natürlich haben eure Taten enormen Einfluss auf Reichtum und Expansion. Dieser Aspekt ist sicher nicht gänzlich neu, aber recht unverbraucht in einem RPG und ziemlich gut umgesetzt. Wenn man sich das alles so vor Augen hält, ist Pathfinder: Kingmaker ein richtiges Rollenspiel-Schwergewicht. Die Angaben zur Spielzeit sind recht wage und reichen, je nachdem wen man fragt, irgendwo von 40 bis 120 Spielstunden. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn jeder hat einen anderen Spielstil, bevorzugt einen anderen Schwierigkeitsgrad und die Ladezeiten sind ja auch nicht ohne (Ja, der musste sein!). Der eine nimmt jede Nebenquest mit, holt jede Katze vom Baum und muss jeden Winkel erkunden, während der andere im Stechschritt durch die Hauptquest marschiert. Auf jeden Fall hat das Spiel Potenzial, gute hundert Stunden zu fesseln.

Technisch hat Pathfinder: Kingmaker auch so einiges zu bieten – lange Ladezeiten bei Spielstart und beim Laden von Spielständen! Die sind wirklich spürbar und auch eine SSD bringt nur minimale Linderung der unerträglichen Langeweile, die man beim Anstarren der Ladebildschirme erdulden muss. Aber Spaß beiseite. Die Ladezeiten nerven ein wenig, aber es lässt sich aushalten. Dafür sieht das Spiel wahnsinnig hübsch aus. Pillars of Eternity war seinerzeit schon echt ansehnlich, der Nachfolger Pillars of Eternity II: Deadfire, oder auch ein Divinty: Original Sin 2 legten da noch eine ordentliche Schippe drauf. Die Entwickler von Pathfinder: Kingmaker haben sich hier ordentlich ins Zeug gelegt, um hier mithalten zu können.

Die Umgebungen sind sehr detailliert gestaltet und es wirkt alles überaus stimmig. Wie es sich für ein hochmodernes Spiel gehört, sieht hier selten etwas auch nur im Ansatz nach Baukasten aus. Natürlich wiederholen sich Texturen und Objekte, doch die meisten Areale sehen bewusst gestaltet bzw. arrangiert aus und nicht zufällig generiert. Dazu gibt es schöne Lichteffekte, die enorm zur Atmosphäre beitragen. Und auch die Zauber sind mit schönen Effekten in Szene gesetzt. Auch wenn man ganz nah an das Geschehen heranzoomt, ist alles recht ansehnlich und das Bild büßt nur minimal an Schärfe ein.

In Sachen Klang und Radau gibt es auch wenig zu bemängeln. Zumindest was die Qualität angeht. Schon im Startmenü stimmt der epische Soundtrack auf das bevorstehende Abenteuer ein und deutet da schon an, dass man es hier mit einem ernstzunehmenden Thron-Anwärter zu tun hat. Im Spiel gibt es situationsbedingt die passende musikalische Untermalung, brachialen Kampflärm und umfangreiche authentische Umgebungsgeräusche. Das wiederum bildet eine unheimliche stimmige und überzeugende Atmosphäre. In dieser Hinsicht haben die Verantwortlichen sehr viel richtig gemacht. Dazu kommen noch gelegentlich vertonte Dialoge und ebenfalls situationsbedingte Kommentare der Gefährten und diverser NPCs. So wie man es bei den anderen Vertretern des Genres auch kennt. Damit kommen wir dann auch in dieser Disziplin zum größten Kritikpunkt. Das eine Vollvertonung einen enormen Aufwand darstellt, vor allem in Anbetracht der gigantischen Anzahl an vorhandenem Text, ist nachvollziehbar. Das bringt hohe Kosten und auch einen nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand mit sich. Doch dass ein Titel, der durch die Kickstarter-Kampagne fast das doppelte an benötigtem Kapital einspielt, dann nicht mal eine deutsche Synchronisation bekommt ist etwas schade. Klar… Das Geld ging halt auch für die Stretch-Goals drauf, und zusätzliche Missionen und Charaktere sind natürlich immer fein. Aber schön wäre es trotzdem gewesen. Wo Branchengrößen, wie zum Beispiel Rockstar Games, seit Jahren auf eine deutsche Vertonung pfeifen, soll jetzt nicht Owlcat Games den schwarzen Peter bekommen. Dafür sind die umfangreichen Texte im Spiel vollständig übersetzt. Die Übersetzung ist sogar sehr gelungen und wurde von fähigen Leuten vorgenommen, die auch die Pen & Paper Vorlage sehr gut kennen.

Jetzt kommt der, für Entwickler und Publisher, unangenehme Teil. Wer sich in den letzten Wochen seit dem Erscheinen ein wenig mit dem Titel beschäftigt hat, der wird von einigen Problemen gehört haben. Das Spiel leidet unter einigen Bugs, was natürlich keine Seltenheit ist und in der Regel schnell ausgemerzt wird. Die Entwickler haben auch schon umfangreiche Fehlerbereinigungen angekündigt. Trotzdem ist so was natürlich immer sehr schade und in einigen Fällen sogar sehr ärgerlich. Gerade wenn ein Bug einen Spielstand unbrauchbar macht, oder das generelle Weiterkommen verhindert. Kauft man ein Spiel im Early Access oder erhält auf anderem Wege einen Vorabzugang zu einem Spiel bzw. der frühen Version eines Spiels, so muss man immer damit rechnen, dass es zu unvorhergesehenen Schwierigkeiten kommen kann. Bei einem fertigen Spiel, das als “fertiggestellt“ und als “final“ bezeichnet wird, sollte so etwas in diesem Umfang natürlich nicht passieren. Auf der anderen Seite kann hier aber auch ein wenig Entwarnung gegeben werden. Im Laufe dieses Tests wurde das Spiel auf zwei verschiedenen Systemen, dreimal neu angefangen (mit unterschiedlichen Schwierigkeitseinstellungen) und bis kurz vor Fertigstellung gab es nur einen einzigen ersichtlichen Bug. Dabei wurde die Heldengruppe in einem Raum eingesperrt und die Tür ließ sich nicht mehr öffnen.

In der Zwischenzeit wurden schon einige Patches von den Entwicklern bereitgestellt.

Fazit:

Pathfinder

von am 17.10.2018

Pathfinder: Kingmaker ist grundsätzlich ein wirklich tolles Rollenspiel. Es sieht hübsch aus, bietet viel Inhalt, eine interessante Story und so ziemlich alles, was man sich von einem Rollenspiel wünscht. Es hat das Potenzial, jeden halbwegs interessierten Spieler, für hundert Stunden in seinen Bann zu ziehen. Die Entwickler sollten jetzt noch ihre Bemühungen intensivieren und die Fehler beseitigen und nach Möglichkeit das Balancing noch etwas justieren. Das Spiel ist stellenweise recht schwer und es ist auch ok, wenn man eine richtige Herausforderung sucht. Es gibt sie – die Gaming-Masochisten, die früher schon jedes Frust-Game durchgezockt haben und heute jedes Dark Souls und ähnliche Spiele, bis zum äußersten meistern. Ja… es gibt sogar die Teufelskerle, die The Witcher 3 auf Schwierigkeitsstufe „Todesmarsch“ spielen und Spaß dabei haben. Die wählen dies aber freiwillig und auch diese Spieler rasten aus, wenn ein Spiel total unfair ist. Frust kann Spiele kaputt machen und Bugs die ein Weiterkommen verhindern, können Spieler mehr als verärgern. Das darf bei diesem eigentlich gelungenen Titel nicht passieren und wenn die Patches fertig sind, darf sehr gerne an Erweiterungen gearbeitet werden, die uns noch tiefer in die Welt von Pathfinder entführen.

Grafik – 84
Sound – 85
Gameplay – 75
Spieldesign/Spielwelt – 90
Spielspaß/Atmosphäre – 76

 

 

Krautgaming: Wir bedanken uns an dieser Stelle, für den tollen Gastbeitrag unseres Kollegen von www.GAMEtainment.at

 

 

 

Über markruhland

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