WWE 2K19 – Der Rost zwischen den Ringseilen

WWE 2K19 – Der Rost zwischen den Ringseilen

von am 15.10.2018 - 19:21
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Wrestling – für die einen himmelschreiender Blödsinn, für die anderen wiederum großer Sport mit spannenden Geschichten. Muskulöse Sportler, die sich durch Tische werfen, mit Stühlen schlagen und sich in halsbrecherischen Manövern von Ringseilen und Käfigen stürzen. Das actiongeladene Geschehen im Ring selbst, nimmt 2K Sports seit dem Jahr 2000 zum Anlass, die Videospielreihe WWE 2K zu veröffentlichen. Ob es sich bei dem zwanzigsten Teil wieder nur um ein Update zum Vollpreis à la FIFA handelt oder ob WWE 2K19 genügend eigene Impulse setzen kann, klärt der folgende krautgaming-Test.

Der mitunter größte Kritikpunkt an den Wrestlingspielen aus dem Hause 2K ist von Seiten der Kritiker und Fans stets die altbacken anmutende Grafik. Und gleich zu Beginn muss gesagt werden, dass auch der neue Teil keine großen Fortschritte in dieser Hinsicht gemacht hat. Während die eigentlichen Kampfanimationen meist flüssig und mehr oder weniger schön anzusehen sind, ist die Grafik innerhalb von Cutscenes allerhöchstens auf einem ordentlichen Playstation 3 Niveau. Obwohl es bei dem Vorgänger WWE 2K18 etliche Grafikverbesserungen durch einen Enginewechsel gab, kann man der Reihe immer noch keine zeitgemäße Optik anrechnen. Dies betrifft zumeist die Charaktermodelle (eigentlich der wichtigste Teil), die sich fernab von photorealistischer Darstellung bewegen.

FOKUSSIERT AUF DIE STORY

Doch anstatt nur negative Aspekte anzusprechen, sollten auch die überwiegend positiven Punkte von 2Ks neustem Wrestlingspiel angesprochen werden. Der beliebte Karrieremodus wurde deutlich ausgebaut und der Fokus wurde auf eine stringentere Storyline gelegt. Diese dreht sich, wie so oft, rund um den eigenen Charakter, dem man sich in einem gewohnt üppigen Charakter-Editor zusammen stellen kann. Nachdem man sich seinen eigenen Stil innerhalb des Rings ausgesucht hat, wrestelt man sich von kleinen Veranstaltungen in Sporthallen zur NXT-Bühne für Nachwuchsathleten und letztendlich auch hinauf zur großen WWE. Es ist das erste Mal, dass man sich im Karriere-Modus zuerst in die Seile kleiner Independent Wrestling Bühnen wirft, um später ein Superstar der WWE zu werden, der um die Intercontinental und Universal Championship-Gürtel kämpft. Die zahlreichen Cutscenes sind dabei sympathisch aufbereitet und die verschiedenen Storylines und Fehden mit anderen Wrestlern sind unterhaltsam und motivierend. Noch dazu stolpert man in seiner eigenen Karriere über zahlreiche Charaktere aus dem WWE-Universum, mit denen man Feindschaften beginnen oder sich eben verbünden kann. Neben der Inszenierung besticht der Karriere-Modus auch mit seinem massiven Umfang und zahlreichen Möglichkeiten, den eigens erstellten Charakter auch in anderen Modi einzusetzen. Der stärkere Fokus auf den Karriere-Modus tut WWE 2K19 merklich gut und sollte auch in Zukunft beibehalten werden. Gerade im Vergleich zur Karriere in WWE 2K18, ist die aktuelle Version eine massive Verbesserung.
Fans der WWE-Storylines werden sich zudem freuen, dass es auch die unheimlichen Spielereien von Bray Wyatt in die Story geschafft haben, die den Spieler an andere Orte führen, was ein angenehmer Umgebungswechsel zum klassischen Ring ist.
Eine weitere Neuerung, die im Vorfeld schon massiv beworben wurde, ist der Tower-Modus.

DER WEG AN DIE SPITZE

In ihm tritt man gegen mehrere Wrestler an. Entweder mit seinem eigenen Charakter oder bereits existierenden Figuren. Die Besonderheit dabei ist es, alle Kämpfe hintereinander ohne Speichervorgang zu gewinnen, um den Tower erfolgreich abzuschließen. Die entschärfte und deutlich einfachere Variante ist der Modus, in dem das Zwischenspeichern erlaubt ist.
Zu den Tower-Modi gesellt sich der Showcase-Modus, der sich um die Karriere des beliebten WWE-Wrestlers Daniel Bryan dreht. In mehreren Matches übernimmt man dabei die Rolle des bärtigen Wrestlers und stellt die größten Momente seiner Karriere dar. In den Matches bekommt man gewisse Aufgaben gestellt, die daraus bestehen, die selben Kombinationen nachzustellen, wie sie in den echten Kämpfen von Bryan stattgefunden haben.

KEIN WIEDERSEHEN MIT DEM GENERAL MANAGER

Was wiederum vielen Fans bitter aufstoßen wird, ist dass es wieder einmal keinen General Manager Modus gibt. In diesem konnte man als Manager die Kampfpaarungen im Hintergrund festlegen, Saisons planen und sogar Rivalitäten entwickeln. Seit WWE SmackDown vs. RAW 2008 fehlt der Modus jedoch in 2Ks Spielen, obwohl viele Fans dessen Rückkehr fordern. Die zahlreichen anderen Modi dürften aber dafür entschädigen, dass man nicht als virtueller General Manager agieren kann. Noch dazu sind bekannte Modi wie der Royal, Rumble oder Hell in a Cell (inklusive der breiten Einstellungsoptionen) wieder mit am Start.
Hinzu kommt, dass WWE 2K19 am lokalen Koop festhält und sich somit bis zu sechs Leute auf der Couch miteinander oder gegeneinander im Ring herumschlagen können. Gerade dieser Modus sorgt für spaßige Unterhaltung und ist auch nach vielen weiteren Matches immer noch unterhaltsam. Aber vielleicht ist daran auch einfach nur der Irrsinn des Wrestlings schuld, den man einfach unterhaltsam finden muss.

SCHNELLE MANÖVER MIT ALTEN PROBLEMEN

Die Entwickler kündigten WWE 2K19 unter anderem mit einem überarbeiteten Gameplay an, dass sich schneller und griffiger als zuvor anfühlen sollte. Obwohl man merkt, dass sich die Akteure in den Seilen schneller bewegen, sind leider alte Bugs immer noch präsent, wie beispielsweise die ungenaue Hitbox der Gegner und längere Eingabezeiten.
Dem eigenen Charakter steht ein großer Skilltree offen, um etwa neue Moves innerhalb des Rings zu erlernen, die man allerdings nur sehr langsam freischalten kann. Dabei obliegt es dem Spieler am Anfang seiner Karriere selbst, welchen Stil er für seinen Charakter wählt. Als Highflyer beispielsweise nutzt man Ringpfosten und Seile, um sich möglichst kunstvoll und schnell durch die Luft zu wirbeln, während das Powerhouse, mit riesigen Muskeln und einer beeindruckenden Statur, den Gegner physisch zu Boden ringt. Die Steuerung variiert bei jedem Typ und es liegt bei 2Ks Wrestlingspielen wie zuvor am Spieler, wie tief er in die Steuerungsoptionen seines Charakters eintauchen möchte. Im Punkt ‚Vielfalt der Möglichkeiten‘ innerhalb des Kampfes, kann man WWE 2K19 nicht wirklich gravierende Fehler anstreichen. Zumal man neben dem eigenen Charakter auch auf ein breites Roster der WWE zugreifen kann.
Als Wrestling-Fan wundert man sich jedoch, warum große Namen wie etwa Bobby Lashley nicht im Spiel enthalten sind. Es liegt nahe, dass ein DLC mit großen Namen des Sports erscheinen wird, da man bereits Ronda Rousey nur als Ingame-Charakter erhalten konnte, wenn man 2Ks neuesten Titel vorbestellt hat.
Noch dazu findet man auch leider im Wrestling die altbekannte Lootbox wieder und so kann man sich auch hier gewisse Manöver und Fähigkeiten innerhalb des Rings mit Echtgeld kaufen. Online kann man dabei wohl kaum von einem Vorteil sprechen und ist somit nur für Spieler gedacht, die sich nicht gedulden können einzelne Aktionen freizuschalten.
Dennoch wird deutlich, dass sich WWE 2K19 gameplaytechnisch auf dem richtigen Weg befindet und sich das Entfernen von dem Simulationsansatz als richtig herausgestellt hat.

Inszenierung – originalgetreu und doch anders

Was Spielern der vorherigen WWE-Teile gleich zu Beginn der Kämpfe positiv auffallen wird, ist die generell überarbeitete Inszenierung und Präsentation der einzelnen Wrestler. Obwohl sich die eigentliche Grafik kaum nennenswert weiterentwickelt hat, sind die Animationen der Sportler flüssiger, ihr Auftreten gleicht dem aus dem Fernsehen und selbst die Eingänge der Kämpfer werden im Spiel so inszeniert, wie sie tatsächlich stattfinden. Obwohl die Treue zum realen Auftreten der Wrestler für jeden Freund des Sports ein wahres Fest ist, kann sich WWE 2K19 mit diversen Extras auch als humorvolles Spiel präsentieren, denn Platz für Schabernack wird an erstaunlich vielen Stellen geboten.
So kann man zum Beispiel einen Pixel-Look erzeugen, mit einer Cel Shading Optik in den Ring steigen oder den unverschämt lustigen Big Head Mode aktivieren. Spielerisch haben diese Kleinigkeiten zwar keinerlei Auswirkungen, sind aber dennoch unterhaltsam und sorgen insbesondere unter den lokalen Mitspielern für den einen oder anderen Lacher. Warum man allerdings die Wrestling-Legende Triple H auch als Zombie spielen oder als Minecraft-Charakter kämpfen kann, hat sich uns in unserem Test nicht wirklich erschlossen. Gerade im Hinblick auf die immer noch deutlich angestaubte Grafik hätte man die dafür eingesetzten Ressourcen auch anderweitig nutzen können.

DIE FIFA-PARALLELE

Für 2Ks WWE-Reihe kann trotz aller Neuerungen und Verbesserungen dieselbe Kritik angebracht werden, wie für die FIFA-Spiele von Electronic Arts. Nämlich dass es sich nur um marginalen Feinschliff, anstatt um einen großen spielerischen Schritt nach vorne handelt. Während sich FIFA und Pro Evolution Soccer Jahr für Jahr ihre mehr oder weniger großen Änderungen um die Ohren werfen, muss 2Ks WWE-Reihe nicht mit einem anderen Platzhirsch konkurrieren. Der deutlich schlechtere Vorgänger WWE 2K18 hat 2017 alleine in der ersten Verkaufswoche knapp 400.000 Einheiten verkauft und schreibt kontinuierlich schwarze Zahlen für 2K. Warum sich also mit grundlegenden Neuerungen befassen, wenn sich der Titel auch ohne allzu großen Aufwand von Programmierern und Entwicklern verkauft?
Ein wahrer Segen für die Wrestling-Reihe wäre also ein Konkurrent, der spielerisch möglichst stark ist und dazu auch noch außerhalb der WWE Organisationen (wie das große japanische Wrestlingsunternehmen NJPW) inkludiert. Doch solange es keine ernstzunehmende Konkurrenz auf dem Markt gibt, wird wohl auch WWE 2K20 nur mit einem weiteren Feinschliff aufwarten, anstatt eine wirkliche spielerische Innovation zu bieten.
Konkurrenz belebt bekannterweise das Geschäft und würde zwangsweise dazu führen, dass 2K bei der Qualitätskontrolle der WWE-Spiele höhere Maßstäbe setzen muss.

WWE 2K18 vs. WWE 2K19

Auf die Frage, welcher der beiden Titel der stärkere ist, gibt es nur eine klare Antwort: Es ist WWE 2K19! Da der klassische Nachfolger eines Videospiels heutzutage meist größer und imposanter ist, mehr Inhalte und Neuerungen hat, dürfte es eigentlich klar sein, dass der aktuelle Teil besser ist. Doch gerade bei den WWE-Titeln sind die älteren Spiele oftmals die, mit dem größeren Charme. Viele Fans bestehen darauf, dass WWF No Mercy aus dem Jahr 2000 das beste Wrestlingspiel ist, andere wiederum behaupten, dass WWE SmackDown! Here Comes the Pain von 2003 die Krone gebührt.
Welches Wrestlingspiel nun auch immer das hochwertigste ist… Fakt ist, dass es ein stetiges auf und ab gibt. Während WWE 2K18 als schlechter Nachfolger von WWE 2K17 galt, kann WWE 2K19 nun wieder als ein guter Teil der Reihe angesehen werden. WWE 2K19 spielt sich besser, hat eine durchweg bessere Inszenierung und sorgt durch den Karriere-Modus und kleinere Spielereien für eine längere Motivation als die Vorgänger. 

FAZIT

WWE 2K19

von am 15.10.2018

Im Vergleich zum vorherigen WWE 2K18, ist der aktuelle Nachfolger eine deutliche Verbesserung. Zugegeben, man merkt an diversen Stellen, dass alte Probleme nicht oder nur unzureichend ausgebügelt worden sind, doch die zahlreichen neuen Modi und das überarbeitete Gameplay sorgen dafür, dass WWE 2K19 als Wrestlingspiel überzeugen kann. Die gealterte Sportspielreihe scheint allmählich den Rost zwischen den Ringseilen abzuschütteln, doch um sich in Zukunft noch weiter zu verbessern, sollte eine grundlegend neue Engine der erste Schritt sein, denn Luft nach oben gibt es definitiv. Bis dahin ist WWE 2K19 das aktuell beste (und konkurrenzlose) Wrestlingspiel und insbesondere denjenigen zu empfehlen, die den Vorgänger nicht gespielt haben.

Grafik: 65
Sound: 77
Gameplay: 83
Spieldesign/ Spielwelt: 79
Spielspaß/ Atmosphäre: 81

 

Über Martin Seng

Moin moin. Martin Franz Seng mein Name, Editor für sengediting.com und freier Autor für alles was kreucht und fleucht von M! Games über Quotenmeter bis hin zu krautgaming. Aufgewachsen mit dem Gameboy Advance SP (in der goldenen Zelda Edition) bin ich insbesondere für Stealth-Spiele, Rollenspiele und ein einziges Multiplayerspiel zu haben (Rainbow Six Siege all the way baby!). Zuständig für Special Interest und die etwas tieferen Videospiel-Thematiken. So long and thanks for all the fish!

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