Polygod im Test – Ein (zu) schneller Fiebertraum

Polygod im Test – Ein (zu) schneller Fiebertraum

von am 08.09.2018 - 01:25
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Prozedural generierte Level… Rogue-Like… steile Lernkurve.

Wenn man diese Wörter hört, treibt das jedem Vielzocker maximal ein Gähnen ins Gesicht. Ob der Ego-Shooter mit Zufalls-Einschlag „Polygod“ dennoch dem Genre etwas neues abgewinnen kann, verraten wir im Test…

Erhältlich für Nintendo Switch, Xbox One und PC. Getestet wurde auf der Nintendo Switch.

HAAAAAALT!

Du! Ja du! Hälst du gerade deine Switch im Handheld Modus? Und willst Polygod spielen? Tu es nicht. Kaufe dir einen Pro-Controller und versuche es dann, denn mit den normalen Joy-Cons werdet ihr schon bald an der Steuerung verzweifeln. Auf entspanntes Daddeln zwischendurch, ist dieses Spiel nicht aus. Ihr müsst euch zwangsweise in einen Rausch spielen, ansonsten braucht ihr es eigentlich gar nicht erst zu versuchen. Die Lernkurve ist extrem und das erfahrt ihr auch in den ersten Minuten sofort.

Also: Pro Controller angelegt? Switch im Dock? Konzentration voll und ganz am Spiel?

Dann kann es ja los gehen.

 

Aller Anfang ist plötzlich

Ihr wählt zunächst im Menü einen „Seed“ aus. Hiermit sind die jeweilig zufällig generierten Level gemeint. Sobald ihr dies getan habt, werdet ihr auch sofort ins Spiel geworfen. Eine kleine Ansammlung an Polygonkreaturen (die von einer angeketteten Biene bis zu einem Auge in einem Glas reichen) sind eure einzigen Anhaltspunkte für diese Welt. Ein einfacher T-förmiger Raum, mit einem Portal am Ende, dient euch als Hub.

Und was macht man mit einem Portal? Man geht hindurch. Was auch sonst. Und schon ist man im ersten Level. Das erste was einem wiederfährt, ist Überforderung. Wie in jedem guten Rogue Like ist ‚learning by doing‘ die Devise.

Polygod“ ist ein eisenharter Arena-Ego-Shooter der Marke Unreal Tournament. Es steuert sich auch ähnlich gut. Das Gameplay ist generell hervorragend gelungen. Man hat stets die volle Kontrolle und die stabile Bildrate tut ihr übriges. Jeder Fehler wird gnadenlos bestraft. Und das nicht zu knapp. Die Steuerung ist einfach und geht sofort in Mark und Bein:

Ihr feuert mit A, mit der linken Schultertaste könnt ihr springen und mit dem Stick wird gesteuert. Anvisieren ist nicht, außer bei ein paar wenigen Waffen.

Dem Tod etwas abgewinnen

Die Hauptattraktion des Spiels ist das Seelen-System. Dieses funktioniert wie folgt: Für das Töten von Gegnern aller Art, bekommt ihr Seelen. Diese dienen euch als eine Art Währung. In jedem Level gibt es mehrere Stationen, an denen ihr euch für die Seelen mit verschiedenen Fähigkeiten ausrüsten könnt.

Durch diese Mechanik wird durchaus die Neugier geweckt. Allein die schiere Anzahl der verschiedenen Fähigkeiten lässt unzählige Möglichkeiten zu, ein Level zu bewältigen. Und diese müsst ihr ausreizen. Denn wie in jedem guten Rogue-Like werdet ihr sterben. Oft. Sehr oft.

Ähnlich zu spielen wie „The Binding of Isaac“,  müsst ihr jedes Mal aufs neue scheitern, um das Spiel besser zu verstehen und es so nach und nach zu den 7 Bossen zu schaffen. 

Die Mathe-Unterricht-Situation

Wir kennen das alle:   Man sitzt im Mathe-Unterricht und ist gut vorbereitet. Man hat ja alles gelernt, was gefragt war. Oder?

Nervös nimmt man das Blatt entgegen, lässt den Blick auf die Formeln und Zahlen schweifen und stellt fest: DAS IST DOCH WAS GANZ ANDERES, ALS UNTERRICHTET WURDE!

Ja, leider verhält es sich so (oder so ähnlich) auch mit den Bossen in Polygod. Sollten gute Bosse in Shootern als eine Abfrage der bis hierhin erlernten Fähigkeiten fungieren, übernehmen die Bosse hier leider die Rolle der frustrierenden Zentralklausur. Hier werden euch in einer absurd steilen Lernkurve, Fähigkeiten abverlangt, die ihr so in dieser Art nicht unbedingt erlernt haben könnt. Zwar bringt das Spiel einem die Grundlagen gut bei, vertieft diese jedoch nur unzureichend. Und das wird bei den Bossen leider zum Problem. Natürlich sind die Bosse schaffbar, ihr solltet aber eine große Frusttoleranz mitbringen.

Wenn man dann zum 8. Mal in unfairer Manier an einem Boss schietert, stellt man sich schon die Frage, was eigentlich los ist.

Das zufällige Problem

Die Level sind prozedural generiert. Soll heißen: Kein Level gleicht dem vorherigen und wird zufällig generiert, sobald ihr dieses betretet. In den ersten 2-3 Stunden fällt das noch nicht so sehr auf . Doch nach und nach sickert eine Gewissheit durch. Die Gewissheit, alles schon gesehen zu haben. Und in dieser Gewissheit liegt das größte Problem von Polygod.

Denn wo andere Spiele dieser Art, durch schicke 2-D Level, oder Zelda-eskes Design, einige repititve Aspekte dieser Art des Spieldesigns übertünchen können, fehlt es Polygod schlichtweg an Identität. Sei es im Artstyle, als auch im Leveldesign an sich.

Die Level sind immer schachtelhaft aufgebaut. Seien es Rechtecke, Quadrate oder andere geometrische Formen. In diesen befindet sich immer eine gewisse Anzahl an Gegnern, sowie Objekten unterschiedlichster Natur, hinter denen ihr Deckung suchen könnt. Nach einer gewissen Zeit, wurde zumindest mir recht langweilig bei diesem Levelaufbau.

Aber woran lag das?

Warum wird mir hier langweilig, aber bei vielen anderen Spielen dieser Art nicht? Wieder drängt sich mir das Spiel „The Binding of Isaac“ auf. Und dann wird mir urplötzlich klar, warum dem so ist.

Eine Frage des Kontexts

Denn wozu mache ich das alles hier? Die Welt wird mir zwar schemenhaft präsentiert, jedoch nicht einmal annähernd interessant genug. Ich habe keinen Ankerpunkt in dieser Welt. Zwar habe ich vagen Kontext durch die Charaktere, jedoch bleiben diese schlichtweg Schablonen. Schablonen einer Welt, die ich gerne sehen würde, aber nicht kann.

Wo mir ein „Binding of Isaac“ eine, zum fröhlichen Interpretieren einladende Welt präsentiert, bleibt hier alles blass. Farblos. Irgendwie nicht greifbar. Zwar ist der Polygonlook gelungen, jedoch wird nicht aus dem brach liegenden Potenzial geschöpft. Und so spielt ihr einen von vielen, sich gut spielenden Arena-Shootern, der zwar spielerisch vieles gut, aber leider nicht neu macht.

Und sonst so?

Dann wäre da ja noch der Multiplayer, in dem ihr euch gemeinsam durch die Level schlagen könnt. Viel gibt es dazu eigentlich auch nicht zu sagen. Der Multiplayer hat jedoch leider auch Designschwächen, da einige der Level im Coop nicht sonderlich gut funktionieren.

Aber das Verbinden funktioniert schnell und problemlos. Für eine Runde zwischendurch, ist also immer Zeit.

Fazit:

Polygod

von am 08.09.2018

Ach Polygod, wo soll ich dich nur einordnen! Wenn ich an dich denke, kommt mir zunächst das recht gute Gunplay in den Sinn. Deine Level spielen sich schön schnell und man kommt schnell in einen tollen Flow. Aber nach und nach blättert deine schöne, grelle Shooter-Farbe ab. Und dann ist da leider nicht mehr so viel. Nach allen 7 Bossen bin ich einfach noch immer nicht zufrieden. Weder mit der Welt,der Story oder den Charaktere. Mit einer Sache jedoch voll und ganz. Und daher kommt es für euch da draußen einfach nur auf eure Prioritäten an. Ihr wollt einfach gutes Gunplay und jede Menge Gegner zum umholzen? Am besten für ein paar Ründchen in der Bahn oder Bus? Dann ist Polygod wie für euch gemacht. Kauft es euch. Habt Spaß. Denn Den werdet ihr definitiv haben. Aber wartet vielleicht besser auf einen Sale. Wenn ihr jedoch eine Story, eine Welt und generell Kontext in eurem Spiel braucht, dann rate ich euch vom Kauf leider ab. Denn das ist Polygod nicht. Und will es wohl auch nicht sein. Und das ist vielleicht auch gut so.

Grafik: 61

Sound: 67

Gameplay: 70

Spieldesign: 62

Spielspaß/Atmosphäre: 60

 

 

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