Ein weiterer Splitter – GameStop will exklusives Gameplay für Vorbesteller

Ein weiterer Splitter – GameStop will exklusives Gameplay für Vorbesteller

von am 09.07.2014 - 16:26

Die Entscheidung ist schon schwer genug: Da locken große Spiele mit gefühlten zweihundert Versionen. Je nachdem, auf welchem Gerät wir spielen wollen, bei wem wir kaufen und wessen Füße wir massieren, gibt es allerlei exklusives Material – das reicht von Büchern mit Konzeptgemälden, Actionfiguren, Soundtracks und Making of-DVDs bis hin zu exklusiven Waffen, Kostümen oder sogar Missionen für die Spielfigur. Das ist nicht immer einfach und kann den Kunden in existenzielle Ängste stürzen; doch geht es nach GameStop, dann wird es in Zukunft noch schwerer.

Wie VentureBeat berichtet, möchte GameStop in die Entwicklung von großen Spielen eingreifen, um sich frühzeitig exklusive Inhalte zu sichern. Das heißt: Größere Spiele könnten exklusives Gameplay enthalten, das nur Vorbesteller bei GameStop spielen können. Bisher ist es nur ein Gedanke, doch lasst uns etwas spekulieren: Stellt euch zum Beispiel ein Assassins Creed IV vor, in dem ihr nur in der GameStop-Version mit eurem Schiff fahren dürft.

Das sieht düster aus, doch noch ist unklar, in welchem Maß die Pläne ihren Keil in die Spielelandschaft treiben. GameStop hat Kotaku versichert, dass sie nicht in den „künstlerischen Prozess“ während der Spielentwicklung eingreifen wollen. Gleichermaßen möchte GameStop aber auch keine Auskunft darüber geben, ob sie die Exklusivrechte an Inhalten kaufen möchten, die bereits entwickelt wurden.

Wie es auch kommt: Allein der Gedanke ist bedenklich, denn das Spiel als Kunstform ist schon jetzt fragmentiert – Konsolen und Betriebssystemen reißen an ihm. Wenn nun auch noch GameStop das Modell der Exklusivität verfolgt und später Steam oder Amazon auf die Idee kommen, dann wird es noch schwerer, das Spiel als wichtige Kunstform zu verteidigen.

Zuerst erschwert es den Zugang zum Medium, wenn wir ein Werk in zweitausend Versionen teilen. Der Durchschnittsspieler, der am Feierabend eine ruhige Stunde spielen möchte, lässt sich vielleicht von den verschiedenen Versionen einschüchtern. Ich bin in die Zukunft gereist und habe folgendes Gespräch aufgezeichnet:

Verkäufer: „Ah, Sie haben sich also für Dragon Age IV: The Dragoning entschieden. Gute Wahl, denn nur, wenn Sie bei uns kaufen, können Sie mit Schwertern kämpfen.“
Kunde: „Ich wollte es eigentlich kaufen, weil ich gehört habe, dass man da einen Drachen reiten kann.“
Verkäufer: „Oh, da muss ich Sie enttäuschen – das geht nur in der PlayStation 4-Version, wenn sie diese bei einem großen Online-Versandhaus kaufen wollen, das ich hier nicht näher beschreiben will.“
Kunde: „Ich habe aber keine PlayStation 4, sondern eine Xbox One – wie kann ich denn dann endlich meinen Drachen reiten?“
Verkäufer: „Nun, dann müssen Sie wohl bei der Konkurrenz kaufen, müssen dafür aber auf packende Schwertkämpfe verzichten. Glauben Sie mir: Nur mit Äxten und Magie ist das Spiel ganz schön langweilig, auch wenn sie irgendwann am Ende ’nen Drachen reiten können.“

Dann erschwert die Fragmentierung die analytische Aufarbeitung, da die definitive Version eines Spiels schwer zu ermitteln ist. Die PlayStation 4-Version von GameStop enthält vielleicht eine Mission in Watch Dogs 2: Watch Harder, die ein komplett anderes Licht auf die Story wirft; ein Licht, das man nicht sieht, wenn man die Xbox One-Version bei Amazon gekauft hat, in der man dafür mit Helikoptern fliegen darf. Das macht die Besprechung von Spielen schwer, gerade dann, wenn wir durch Gameplay die Auslegung der Spielfiguren selber gestalten: Wenn EA zum Beispiel auf die glorreiche Idee kommt, dass wir nur in der Origin-Version von Mass Effect 4: Electric Boogaloo moralische Entscheidungen treffen dürfen. Selbst wenn ein Triple A-Entwickler so etwas wie eine Aussage in sein Spiel einbauen möchte, wird es schwer, sie und ihren kulturellen Wert zu ermitteln, wenn die Versionen des Spiels sich mitunter sogar widersprechen.

Und letztendlich schadet dies unserer eigenen Videospielkultur. Wenn wir keine definitiven Werke haben, wissen wir auch nicht, welche wir für die Nachwelt erhalten sollen – das alte Problem von der Vergänglichkeit unserer Spiele klopft wieder an der Tür. Denn wie sollen wir die zwanzig verschiedenen Versionen von A Little bit Further Beyond Good and Evil archivieren, vergleichen und analysieren?

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