DCP 2014: Von Moderatoren, Kritik und Zottelbärten
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Letzten Donnerstag wurde in München der Deutsche Computerspielpreis 2014 verliehen. Neben glücklichen Preisträgern und Repräsentanten der Politik fanden sich aber auch mehr als genug Kritiker am Konzept des DCP. Dass alles ist zu verkraften, wenn dort nicht noch die Klischee-Keule der Presse ausgepackt würde, die mit Zottelbärten anrückt.

Das Wichtigste zu Beginn, der Preis für das beste deutsche Spiel ging verdient an den Titel „The Inner World“ von Entwickler Studio Fizbin. Zu den Hauptpreisträgern gesellten sich noch sechs weitere Teams, die für ihre Projekte ausgezeichnet wurden, der Deutsche Computerspielpreis gab sich also auch dieses Jahr wieder als große Party der deutschen Entwicklerszene. Aber dieser Teil des DCP ist eben jenes: nur ein Teil des Gesamten.

Denn abseits der allgemeinen Aufmerksamkeit ist der DCP vor allem eines, eine hoch politische Veranstaltung. Alljährlich gilt die Preisverleihung als Gradmesser für die Akzeptanz von Computerspielen in Deutschland, jedes nominierte Spiel, jedes Wort der Politiker wird vorsichtig analysiert, um den politischen Status quo von Games in Deutschland zu ermitteln.

Und demnach können wir Gamer uns eigentlich glücklich schätzen! Die politischen Sprecher Dorothee Bär (@DoroBaer, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur), Ilse Aigner (Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie) und Alexander Dobrindt (Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur) erzählten uns von Ihren Erfahrungen mit Videospielen und bekannten sich zum Medium. Mit der Staatssekretärin Bär haben wir im neuen Verkehrs- und Internetministerium eine starke Verfechterin des Mediums Games, betont offen geht sie mit dem Thema um und ist sich durchaus bewusst, dass Games nicht nur aus Friede, Freude, Blumenwiese bestehen.

Deutliche Kritik am DCP

Dagegen steht jedoch offene Kritik am Konzept des DCP, welcher fernab jedweder Produktionsrealität nominiert. Aktuell reichen drei Bedenkenträger der 15-köpfigen Jury aus, um ein Veto zu einem Spiel aus Jugendschutzgründen zu erreichen. Das dies kein tragfähiges Konzept ist machten auch die IDG Mitarbeiter Heiko Klinge und Andre Peschke klar, als sie vor etwa einer Woche ihren Rückzug aus der DCP Jury verkündeten. Der Veranstalter, die Stiftung Digitale Spielekultur unter Geschäftsführer Peter Tscherne, sieht aber ebenfalls Handlungsbedarf, das Konzept des DCP soll grundlegend überarbeitet und neu gestaltet werden.

Und hier endet auch schon die Liste der Spiele-Versteher. Die Liste all jener, die nicht verstanden haben, worum es beim DCP geht, wird angeführt von der glücklosen Moderatorin Funda Vanroy. Die aus gefühlt 2048 Folgen Galileo-Rutschentest bekannte Münchenerin führte durch den Abend und moderierte dabei ziellos am Publikum vorbei. Tiefpunkt des Abends war Vanroys Moderation nach der Verleihung des Sonderpreis „Serious Game“, welcher an das Team des Spieles „The Day the Laughter Stopped“ ging. Thematisch angelehnt an das Spiel hielt der Entwickler eine flammende Rede gegen die Vergewaltigung gegen Frauen, dicht gefolgt von der Frage Vanroys „Habt ihr alle Spaß?“, die das Publikum schockiert schweigend verneinte.

Die Klischee-Keule

Könnte der Focus Redakteur mich gemeint haben?

Könnte der Focus Redakteur mich gemeint haben?

Aber all diese Fauxpas kann das Event spielend verkraften, geht es bei dem DCP ja vorrangig um die Auszeichnung herausragender, deutscher Spiele und die politische Außenwirkung der Games-Brache in der Republik. Deswegen ist es weitaus verheerender, wenn die Themenfremde Presse aus offensichtlichem Unverständnis und Hilflosigkeit zum Einzigen greift, was dem DCP abseits des Fachpublikums wirklich schaden zufügen kann: der Klischee-Keule. So geschehen auf der Seite Focus Online.

Schlecht Platziert, Vergewaltigung & heiße Mütter

Schlecht Platziert, Vergewaltigung & heiße Mütter

Der Redakteur Michael Späth beschreibt auf Focus Online das anwesende Publikum wie folgt: „Fast ausschließlich Männer und Technik-Freaks, die Spielehersteller oft mit langer Mähne und Zottelbart.“ Neben all der angemessenen Kritik am Event gibt es kaum etwas, was einem Deutschen Computerspielpreis mehr schaden könnte als die Verbannung eines Massenmediums in die Nische, das Anhängen etwas schmuddeligen, nerdigen an eine Veranstaltung, welche das Ziel hat Computerspiele in die Mitte der Politik und Gesellschaft zu tragen. Fast schon ironisch passend wirkt die Platzierung von Focus Online, wo 10 Zeilen unter dem „Habt ihr alle Spaß“-Skandal das Video „Ranking der fünf heißesten Mütter in Video-Games“ angepriesen wird.

Es ist eine durchaus bemerkenswerte Situation, wenn sich nahezu alle Parteien über die Wichtigkeit einer Veranstaltung eins sind, die dann von der Presse jedoch mit der Klischee-Keule verhauen wird. Deswegen bleibt hier nur der Appell dieser Redaktionen an unsere Kollegen der General-Interest Medien: Bitte reflektiert eure Meinungen, bitte steckt uns nicht in eine Nische, das haben die Beteiligten des Deutschen Computerspielpreises nicht verdient!

Über Hendrik Luehrsen

Hendrik ist Projektleiter und Gründer von Krautgaming. Nach seinem Ausstieg beim Web-TV Sender wollte er seiner Liebe zum Thema Videospiele weiterhin Ausdruck verleihen und gründete so Krautgaming. Heute ist Hendrik Geschäftsführer bei der Agentur Luehrsen // Heinrich und kümmert sich hauptsächlich um die technische Weiterentwicklung und Koordination der Plattform.

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