Game Studies – Lehren und lernen mit digitalen Spielen
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Video- und Computerspiele nehmen einen zunehmend größeren Raum in unserer Alltagswelt ein. Längst sind sie zu einem wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Phänomen geworden, welches auch Studenten und Dozenten weltweit an den Universitäten interessiert. Diese Forschungsarbeiten lassen sich unter dem Begriff der Game Studies zusammenfassen.

Was sind Game Studies?

Game Studies, also die akademische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit digitaler Unterhaltungselektronik in Form von Video- und Computerspielen, ist ein junges Forschungsfeld. Es tritt vermehrt erst seit Ende der 1990er-Jahre auf und drückt sich in unterschiedlicher Form aus. Zwar institutionalisieren und kanonisieren sich die Studien zu digitalen Spielen in Form von eigenen universitären Studiengängen, erweiterten Seminarangeboten, Tagungen und Kongressen sowie einem sich fortlaufend erweiternden Bestand an Fachpublikationen bzw. Online-Journalen, es existiert jedoch eine Vielzahl von unterschiedlichen Auffassungen und konkurrierenden Meinungen innerhalb der Forschergemeinschaft.

Wer betreibt Game Studies?

Fortlaufend entdecken Fächer und Forschungsrichtungen, wie etwa die Psychologie, Soziologie, Medienwissenschaften oder die Pädagogik das Feld der digitalen Spiele für sich und versuchen auf der einen Seite, neuartige Erkenntnisse zu gewinnen, jedoch auf der anderen Seite auch Forschungsbereiche für sich abzustecken und eine Deutungs- und Kompetenzhoheit zu entwickeln. Global ins Auge gefasst gehören die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und Skandinavien zwar immer noch zu den aktivst-forschenden Game-Studies-Nationen, jedoch holen viele Forschungsstandorte in anderen Ländern rasch auf, welches sich in der fortschreitenden Internationalisierung der Fachtagungen und Konferenzen widerspiegelt. Doch ist der Austausch gerade mit Forschern aus asiatischen Staaten, zum Beispiel Japan oder Südkorea, die beide ausgeprägte digitale Spielekultur aufweisen, noch einigermaßen beschränkt, was auch häufig der Sprachbarriere angelastet wird.

Warum überhaupt Spieleforschung?

Es existieren mannigfache Gründe, wieso digitale Spiele immer stärker ins Zentrum wissenschaftlichen Interesses rücken und tatsächlich von einer Art Forschungsboom gesprochen werden kann. Als die finanziellen Einnahmen der Filmindustrie durch den Unterhaltungsmarkt der PC- und Videospiele in der Erstauswertung überholt wurden, hatte das eine starke symbolische Wirkkraft. Es war deutlich geworden, dass man einem Medium, das Finanz- und Wirtschaftskreisläufe derart massiv beeinflussen kann, Aufmerksamkeit widmen sollte. Weiterhin hatten einige Studien darauf gedeutet, in welch kurzer Zeit Spiele es geschafft hatten, dem Fernsehprogramm als liebste Freizeitbeschäftigung in westlichen Staaten die vorderen Plätze streitig zu machen.

Spiele waren zur Jahrtausendwende in technischer, ästhetischer und sozialer Hinsicht so weit gereift, dass sich immer mehr Forscher mit diesem Phänomen beschäftigen wollten. Und drittens weitete sich der Einfluss von digitalen Spielen auch immer weiter auf andere Medien aus: An dieser Stelle seien Romane, Comics, Spielfiguren und Filme erwähnt, welche allesamt auf den fiktiven Spieleuniversen basieren.

Letztlich dürfen die persönlichen Lebensläufe der jüngeren Akademiker und Forscher nicht übersehen werden. Sie sind es, die mit digitalen Spielen aufwuchsen und diese daher als natürlichen Teil ihrer Lebenswelt erfuhren und akzeptieren. Daher sind sie als Forschungsgegenstand für sie genauso legitim, interessant, relevant und Erfolg versprechend wie andere Medien auch, seien es Filme, Musikstücke oder TV-Serien

Klingt interessant!

Wenn Ihr nun Lust bekommen habt, Euch einmal eingehender mit dem Thema Game Studies auseinanderzusetzen, können folgende Buchtitel Euch einen ersten Weg weisen. Und wer weiß? Vielleicht seid dann schon Ihr bald die kommenden Doktoren und Professoren an deutschsprachigen oder internationalen Universitäten / Fachhochschulen, die sich Game Studies auf die Fahne geschrieben haben!

  • –James Newman: Videogames. New York, 2004.
  • –Ian Bogost: Persuasive Games. The Expressive Power of Videogames. Cambridge / London, 2007.
  • –Frans Mäyrä: An Introduction to Game Studies. London, 2008.

Auch Christian Huberts, ein begnadeter Game-Studies-Hotshot hat auf seinem Blog ein paar schöne Lektüreempfehlungen zusammengetragen. Und meine eigenen Bücher zu dem Thema Spieleforschung? Die empfehle ich nicht. Das gehört sich nicht. Das sollen andere machen. Die wissen, was sie wert sind.

Über Rudolf Inderst

Geboren 1978 in München, studierte Poltikwissenschaften in München und Kopenhagen. 2009 schloss er seine Promotion zur "Vergemeinschaftung in MMORPGs" in Amerikanischer Kulturgeschichte ab. Als freier Autor schreibt er für unterschiedliche Portale und Publikationen zu den Themen digitales Spiel und Film. Auch als Herausgeber diverser Game-Studies-Sammelbände ist er immer wieder umtriebig, spielt immer wieder Basketball und praktiziert freudvoll Krav Maga. Liebt Stanislaw Lem, Comics und satte B-Medien. Wird nervös, wenn er seinen Status in sozialen Netzwerken nicht zu jeder 30. Minute ändert. Trägt gerne Bart.

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