Eine Ode an… Electronic Arts

Eine Ode an… Electronic Arts

Electronic Arts vollführt dieses Jahr anscheinend einen Tanz auf der Klinge. Nicht abreißende Negativmeldungen, Entlassungen und für viele Spieler schon das Unternehmen gewordene Böse selbst. Doch halt! Es gab mal eine Zeit, wo alles gut war. Was ist bloß passiert, EA?

Es begann am 28. Mai 1982, also vor knapp 30 Jahren, als Trip Hawkins die Firma Electronic Arts gründete und so den Grundstein für den zeitweise größten Spielepublisher der Welt legte. Und der Name, zu deutsch „Elektronische Kunst“ kommt nicht von ungefähr. Frühe Firmenpolitik war die gezielte Förderung von Designern und Programmierern.

Wenn ihr als Leser die goldene „25“ bereits überschritten habt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihr euch an die frühen Perlen von Electronic Arts erinnert. Dazu gehören Meisterwerke wie die Desert Strike, die frühe Need for Speed Serie, Dungeon Keeper und natürlich die Sims Reihe zum Jahrtausendwechsel. Unzählige Erinnerungen an großartige Momente mit hervorragenden Spielen. Die gesamte Mass Effect Reihe darf hier natürlich nicht unerwähnt bleiben.

Alleine für „Die Sims“ hat Electronic Arts größte Anerkennung verdient, denn die gesamte Serie hat eine vollkommen neue Zielgruppe an die Computer und Konsolen geführt, junge Mädchen hatten nun auch ein richtig gutes Spiel, man könnte fast sagen, dass die Sims das erste wirklich erfolgreiche Casual Game war.

Ebenfalls unvergessen sind die Anfänge der Battlefield Reihe mit Battlefield 1942 im Jahr 2002. Im Vergleich zu den eher schnellen und Close Combat orientierten Spielen der Zeit wie Counter Strike, Quake III Arena und Unreal Tournament war Battlefield 1942 geradezu eine Befreiung hinsichtlich taktischer Vielfalt und Teamwork. Ich erinnere nur an die epischen Momente, in denen die ganze Squad auf der Tragfläche des Bombers auf El Alamein zur feindlichen Basis fliegt.

Irgendwas läuft falsch

Doch der Schein trügt. Schon damals lief etwas schief im Hause Electronic Arts. Während die Firma oftmals ihrem Namen gerecht wurde und tatsächlich Kunst produzierte, war auch schon damals klar, dass die spielerische Qualität unter dem massiven Wachstum und dem daraus resultierenden Bilanzdruck leiden würde. Offensichtlich wurde das bei dem Erwerb der Rechte am Ultima Universum, selbst Ultima Erschaffer Richard Garriot protestierte gegen Ultima 8 und Ultima 9, nicht überraschend gelten die beiden unter EA entstandenen Titel als die schwächsten der Reihe.

Peter Molyneux äußerte sich zu einem seltsamen Phänomen, demnach Kreativität in Konzernen wesentlich schwerer umzusetzen ist, als wenn man auf sich alleine gestellt ist. „Microsoft war so sicher. Microsoft war so nett. Du wirst so unterstützt. Nichts was ich tat, konnte mir kreativ oder gar körperlich schaden…“ äußerte Molyneux als ein Grund für seine Abkehr vom Konzern Microsoft. Es ist gut vorzustellen, dass die Teams unter Electronic Arts unter ähnlichen Qualen leiden.

Während talentierte und starke Persönlichkeiten wahrlich großartige Spiele aus dem Moloch EA hervorbringen können zerbricht wohl der Großteil der Entwickler am Unternehmensdruck und produziert lediglich Mittelmaß.

Finanzkrise

Wenn man die Gesamtgeschichte von Electronic Arts betrachtet, dann muss man kein Genie sein um zu sehen, dass zwischen 1995 und 2005 irgendwas passiert ist, was die Unternehmensausrichtung vom Herstellen von großartigen Spielen zum Geldverdienen mit Spielen als Hilfsmittel hat wechseln lassen. Wirtschaftlich und aus Sicht der Aktionäre definitiv die richtige Entscheidung, aus Sicht der Spieler jedoch fatal.

Schon Ende 2006 berichtete der Analyst Even Wilson von Pacific Crest Securities vom Niedergang der Qualität der von EA herausgegebenen Spiele. Seine Analyse erfolgte wohl auf Reaktion des unterirdischen „Superman Returns“. So äußerte Wilson gegenüber GameSpot:

„Schlechte Bewertungen und Qualität beginnen der Marke EA zu schaden. Anhand unserer Untersuchung auf Basis der von GameRankings.com gesammelten Daten fällt die generelle Qualität der Spiele weiter… Obwohl Marktanteile bis heute noch nicht verloren wurden, ist ein Verlust in den kommenden Jahren, wie zum Beispiel 2007, in dem der Konkurrenzkampf massiv wird, wahrscheinlich, wenn die generelle Qualität sich nicht verbessert.“

Trotz der Kritik darf nicht vergessen werden, dass Electronic Arts seit 2005 fünf Spiele veröffentlicht hatten, die durchschnittliche Wertungen von 90 und höher bei Metacritic.com erhielten. Darunter Battlefield 2, Crysis, Rock Band, Mass Effect 2, Mass Effect 3 und Dragon Age: Origins.

Doch der Analyst sollte recht behalten. Mit dem Zusammenschluss von Activision und Vivendi Games im Jahr 2008 zu Activision Blizzard verlor Electronic Arts die Krone des größten Spieleherstellers. Die Finanzkrise 2008 traf den Spielehersteller hart, die Aktie von EA viel von fast 49 USD am 29. August 2008 auf 15,32 USD am 26. Dezember 2008. Als Reaktion auf diesen massiven Wertverlust musste EA im Februar 2009 die Entlassung von knapp 1100 Mitarbeitern bekannt gegeben.

Nach einem ebenfalls verlustreichen Jahr 2009 wurde am 9. November 2009 die Entlassung von weiteren 1700 Mitarbeitern bekannt gegeben werden. Wohl gemerkt, nur einen Tag, bevor Activision Call of Duty: Modern Warfare 2 veröffentlichte, das bis dahin erfolgreichste Spiel aller Zeiten.

Mit allen mitteln

Man kann sich leicht vorstellen, welch ein Druck seit dieser Zeit auf dem Management lastet. John Riccitiello, CEO von Electronic Arts, hat die Aufgabe, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln ein hoch unprofitables Unternehmen zurück in die Gewinnzone zu fahren. Und „mit allen Mitteln“ wird im Management von Electronic Arts nur zu wörtlich genommen, anders kann man sich die wohl daraus resultierenden Entscheidungen nicht erklären.

Mit diesen Entscheidungen sind in dem Fall Mittel wie die Einführung von SecuROM als DRM für das Spiel Spore gedacht. Damit heimste sich Electronic Arts jedoch ein PR Desaster ein, welches seinesgleichen sucht. Anstatt Spore zu beschützen musste sich EA damit abfinden, dass Spore das bis dahin am meisten illegal herunter geladene Spiel ist.

Einen ähnlichen Aufruhr hat Electronic Arts mit der hauseigenen Steam Alternative „Origin“ erzeugt. Nach der Veröffentlichung von Origin wurde das kurz zuvor veröffentlichte Crysis 2 von Steam entfernt und als „only on Origin“ markiert. Schlimmer jedoch war der Skandal rund um die EULA von Origin und die Vorwürfe, dass Origin Spyware sei. So berichtete „Spiegel Online“ passend zum Release von Battlefield 3 am 28.11.2011 von dem Vorfall. EA hält sich in der EULA (End User Licence Agreement) von Origin das „Sammeln, Nutzen, Speichern und Übertragen von technischen und verwandten Informationen“ offen. Von diversen Nutzern wurde EA daraufhin vorgeworfen, das auch sensible Daten wie, z.B. Steuerprogramme von Origin, ausgelesen würden.

Zurück in die Zukunft

Es ist eine Krux mit Electronic Arts. Einerseits liefern sie uns hervorragende Spiele, die uns die freie Zeit versüßen, andererseits versuchen sie uns mit Handschellen an sich zu binden und stolpern dabei von einem PR Desaster ins Nächste. Das ganze wird dann nur noch angefacht von aktuellen Gerüchten der neusten Entlassungswelle, bei der wieder bis zu 1000 Jobs auf dem Spiel stehen.

Letztlich ist es dann doch so, Ode bleibt halt Ode, dass ich ganz klar sagen muss: Electronic Arts, ich mag dich! Ich weiß, du hast harte Jahre hinter dir, dennoch hast du erst kürzlich mit Mass Effect 3 bewiesen, dass deine Designer und Programmierer immer noch dem Namen „Electronic Arts“ gerecht werden. Was wir jedoch brauchen ist die Gewissheit, dass du uns auch liebst! Ein kleines Glaubensbekenntnis. Keine Worte. Taten! Denn wir verdanken dir und deinen Designern und Entwicklern viele, schöne Momente, an die wir uns erinnern können. Danke dafür.

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