Review zu AMY – Der Download-Survival-Horror im Test

Review zu AMY – Der Download-Survival-Horror im Test

von am 21.02.2012 - 14:40

In vielen Spielen, die von einer Zombieapokalypse handeln, wird geschossen als gäbe es kein Morgen. Dafür sind die Protagonisten meistens auch entsprechend ausgebildete Kampfmaschinen. Was passiert allerdings, wenn man sich während des gesamten Spiels um ein kleines Kind kümmern muss und nicht mal waffenkundig ist? AMY versucht, eine ganz neue Perspektive auf das übliche Zombiegemetzel zu erzeugen. Ob das gelingt, erfahrt Ihr in unserem Review!

Bei dem Genre Horror-Survival das Rad noch mal ganz neu zu erfinden, ist so gut wie unmöglich. Die meisten Szenarien sind schon in irgendeiner Art und Weise von jemand anderem zum ersten Mal erdacht worden und so langsam dreht es sich auf B-Movie-Level im Kreis. Kreative Wendungen oder gar Originalität vermisst man zumeist schmerzlich.

Auch bei AMY hebt sich die große Rahmenhandlung nicht gerade vom Rest der Zombie-Slasher ab. Skrupelloser Forscher züchtet Viren, die Menschen in furchterregende Untote verwandeln, und setzt diese tödlichen Mutationen in einer Stadt aus, um das Kind, welches ein mögliches Gegenmittel in sich trägt und dazu noch über PSI-Kräfte verfügt, zu testen. Die mutige wissenschaftliche Mitarbeiterin UND Betreuerin des Kindes nimmt sich ein Herz und versucht mit ihm vor der tödlichen Gefahr zu fliehen und einen Ausweg zu finden. Bla, bla, bla, kommt Euch bekannt vor? Uns auch, wie gesagt, in irgendeiner Form war diese Geschichte schon mal da. Aber eines lässt AMY dann doch aus den mannigfaltigen Variationen ein und derselben Erzählung herausstechen. Das ist nämlich die durchgängige Aufgabe, sich um das Kind zu kümmern, es immer in der Nähe zu behalten und es niemals aus den Augen verlieren zu dürfen. Das schränkt nämlich den altgedienten Zombie-Schlächter in uns ganz schön ein.

Im besten Fall nennt man AMY ein „entschleunigtes“ Spiel, was meiner Argumentation in einem früheren Artikel über den Wunsch nach Entschleunigung auch im Videospiel-Bereich natürlich in die Hände spielt, im schlimmsten Fall ist es einfach nur „lahm“. Denn dadurch, dass wir immer auf das Kind, in diesem Spiel ein Mädchen mit dem titelgebenden Namen Amy, aufpassen müssen, können wir uns nicht in Speed-Run-Manier durch das Spiel hetzen, sondern sind zur Langsamkeit gezwungen. Darauf muss man sich einlassen, wer das nicht kann, der wird mit AMY nicht glücklich werden.

Der rund zwei Gigabyte große Download-Titel, welcher für circa zehn Euro im Playstation Store und dem Xbox Live Marktplatz gekauft werden kann, ist in sechs Kapitel unterteilt und an drei bis vier Wochenenden à zwei Stunden Spielzeit durchgezockt. Also genau der richtige Snack zwischen zwei Blockbustern. Es hat sogar einen speziellen Grund, warum der Preis hier so eine besondere Hervorhebung erfährt, genauso wie die Größe des Downloads.

Denn bei all dem, was nun folgt und was anscheinend einige andere Kritiken vergessen haben, ist eben die Tatsache, dass wir es hier mit einem kleinen Titel einer Indie-Schmiede zu tun haben, die weder über das Budget noch über das Personal für entsprechend ausschweifende Beta-Tests verfügen. Es gibt durchaus Unzulänglichkeiten, und die werden auch ungeschönt benannt, aber trotz allem macht AMY gar nicht so viel falsch, wie viele denken. Aber kommen wir nun zu den Fakten.

Gameplay

AMY wird in der Third-Person-Perspektive gespielt und die Kamera ist frei drehbar. Wirklich nennenswerte Waffen gibt es keine. Lediglich Schlagstöcke, die nach einer gewissen Zeit den Geist aufgeben und zerbrechen. Diese leicht zerbrechlichen Gegenstände sind nicht gerade zahlreich im Spiel verteilt, sodass man nicht mal im Traum daran zu denken wagen sollte, sich wie ein Berserker durch die Gegner zu schlagen. Tatsächlich gibt es an einigen Stellen weitaus effektivere Mittel, die Zombie-Mutanten auszuschalten.

Beispielsweise sind an bestimmten Punkten Elektro-Minen aufgestellt, die der Hauptfigur Lana Schaden zufügen, wenn sie sich zu schnell bewegt, doch schleichenderweise sieht das ganz anders aus. Man kann sogar innerhalb eines Minenfeldes stehen bleiben, um Zombies anzulocken, die sich dann natürlich erst mal ordentlich wehtun. Oder man platziert sich genau dahinter und befördert den Zombie mittels Schlagstock auf die Mine, um sie per Elektroschock ins Jenseits zu befördern.

In Kapitel drei gibt es eine Stelle, bei der man Amys PSI-Kräfte dazu verwenden kann, um die Gegner loszuwerden. Amy kann mit Telepathie einen Luftstoß erzeugen, der den Angreifer in ein Minenfeld katapultiert und eliminiert. Ansonsten sind Amys besondere Kräfte dazu gedacht, sich der Aufmerksamkeit der Zombies zu entziehen. Denn bei AMYkommen vor allem Fans des gepflegten Stealth-Modus auf ihre Kosten. Die Betonung im Gameplay liegt auf den Aktionen „schleichen“ und „verstecken“. In den letzten Abschnitten geht es sogar so weit, dass man sich bis zu einem gewissen Grad an die Zombies anpassen muss – heißt man muss selbst so weit vom Virus infiziert werden, damit man unter den Zombies nicht mehr auffällt.

Es gibt noch eine zweite Gegner-Klasse, die man nicht bekämpfen kann. Nie. Das sind skrupellose Söldner, deren einziges Ziel die Vernichtung jeder Art von Leben oder Nicht-Leben in der verseuchten Stadt ist. An ihnen kommt man ausschließlich schleichend vorbei und muss sich im Zweifelsfall in Schränken oder unter Tischen vor ihnen verstecken.

Die Steuerung ist recht eingängig, mit dem digitalen Steuerkreuz ruft man verschiedene Gegenstände des Inventars auf, mit der linken Schultertaste wird anvisiert während man zuschlägt. Die wichtigste ist allerdings die rechte Schultertaste, mit der man sein kleines Mündel an der Hand halten muss. Das wird nach einiger Zeit ziemlich nervig. Nicht nur, dass einem die Blutzufuhr in den Fingern irgendwann abgeschnürt wird, die kleine Amy bleibt auch an fast jeder Minikante hängen oder lässt einfach die Hand los, weil sie mit uns nicht mehr Schritt halten kann.

Wobei Letzteres eigentlich clever ist, denn es bringt eine Spur mehr Realismus und einen gewissen Stressfaktor ins Spiel. Denn in einer solchen Situation ist ein Kind faktisch eine Zusatzbelastung und diesen Effekt haben die Erschaffer von AMY sehr gut mit der Steuerung umgesetzt. Wie gesagt, man muss sich darauf einlassen können und auch die Beweggründe hinter bestimmten Tastenbelegungen oder „Schikanen“ verstehen.

Der Schwierigkeitsgrad zieht innerhalb der ersten vier Kapitel proportional und maßvoll an. Im vorletzten Kapitel wird man dann mit einem doch recht unverhältnismäßig schwierigen Abschnitt konfrontiert, der dann im sechsten und letzten Kapitel in einem fast schon lächerlich schwachen Endgegner-Kampf gipfelt. Es kommt einem dabei so vor, als hätte das Entwickler-Studio die Doktrin bekommen a) auf Teufel komm raus einen Endgegner einzubauen und b) das Spiel so schnell wie möglich fertigzustellen. Ein so völlig uninspirierter Schluss wurde einem selten serviert.

Daher empfehle ich die Zuhilfenahme einer Komplettlösung, zumindest für die letzten beiden Kapitel. Grundsätzlich ist auch ein Start auf Schwierigkeitsstufe „leicht“ angebracht, um sich langsam und vorsichtig an das Spiel heranzutasten.

Technische Details

Bei einem Zehn-Euro-Titel die Grafik als Maßstab über Wohl oder Übel des Spiels anzulegen, hat wenig Sinn. Nur so viel: Für das geringe Budget ist die Grafik nicht schlecht, es könnte durchaus schlimmer sein, auch wenn den Machern die Augen und Zähne zu weiß und strahlend geraten sind. Manchmal fragt man sich, vor wem man sich als Spieler mehr ängstigen soll. Den durchweg düster gehaltenen Zombies, den martialischen Uniformen der Soldaten oder den gespenstig leuchtenden Augen und unnatürlich glühenden Zähnen von Lana und Amy?

Dafür ist die Sprachausgabe sehr gut gelungen und die Sprecher gut gewählt, bis auf den Taxifahrer, der uns hilft, das Kapitel Nummer eins zu überleben. Seine Stimme klingt eher so, als wolle er die beiden Protagonistinnen hinter das nächste Gebüsch ziehen.

AMY

von am 21.02.2012

Mein abschließendes Fazit: AMY passt in unsere überhektische und durchgetaktete Zeit. Es macht das, was die meisten großen Major-Titel nicht mehr schaffen. Es fordert unsere ganze Konzentration und das viel beschwörte „Sich besinnen“. Es ist reduziert und schert sich nicht darum, Action-Junkies ihre Dosis Rumms und Bums im Minutentakt zu verpassen. Kein Wunder also, dass es bei vielen anderen Kritikern unten durchgefallen ist. Es ist eben nix für die hochgepushten und durchgehypten Berufsspieler. Für alle anderen, die sich nach ein bisschen Ruhe und Langsamkeit im Spiel sehnen und sich auch nicht davor scheuen, für ein virtuelles Kind Verantwortung zu übernehmen, die sollten ruhig mal einen Blick auf AMY werfen. Oder zwei oder drei.

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