Eine Ode an… unsere Games-Branche

Eine Ode an… unsere Games-Branche

Es sind diese Tage, an denen über den Release des Nachfolgers vom Sequel der Fortführung des Call of Duty Universums spekuliert wird, wo ich drüber nachdenke, wann ich denn das erste Mal „bewusst“ den Launch einer erfolgreichen Spieleserie mitbekommen habe.

Mit meinen 25 Lenzen kann ich natürlich nicht auf ein „Urgestein“-Wissen eines Heinrich Lenhardt oder Harald Fränkel zurück greifen, aber ich denke ich komme auch schon ganz schön weit zurück: Die erste bewusste Spielserie, dessen Grundsteinlegung ich aktiv mitverfolgt habe war tatsächlich Tomb Raider aus dem Jahr 1996, man darf gar nicht erwähnen, dass ich da „erst“ 11 Jahre alt war.

Spieleserien ahoi

Seit 15 Jahren schwingt sich nun die mit großen Waffen ausgestattete Lara Croft durch die Höhlen dieser Welt, im September 2011 erscheint mittlerweile die 10. Auflage ihrer Abenteuer. Was dem digitalen Ebenbild natürlich nie passieren wird, das sehen wir derzeit immer stärker an den Serien: Sie kommen in die Jahre, ihr Erfolg ist jedoch ungebrochen. Und diesen Erfolg will sich natürlich kein Publisher entgehen lassen, diese bittere Erkenntnis sehen wir derzeit an den Releasekalendern, alleine der April liest sich wie die Enzyklopädie der Spieleserien: Portal 2, Mortal Kombat, Motorstorm: Apocalypse, Rabbids 3D, Socom 4, Darkspore. Allesamt Ableger großer und erfolgreicher Franchises, allesamt Garanten für die Publisher, dass zumindest Entwicklungskosten wieder eingespielt werden.

Selbst vor dem relativ jungen Markt der Browsergames macht dieser Trend keinen Halt, man muss sich nur mal Farmville und seine zahllosen Klone und Abwandlungen anschauen. Selbst Farmville Entwickler Zynga hat jetzt das Spielprinzip fast zu 100% übernommen und Cityville daraus gemacht, wie zu erwarten war das Spiel äußerst erfolgreich. Man hat einem bekannten, etabliertem Prinzip einfach einen neuen Anstrich verpasst, einen „NEU!!!“ Aufkleber drauf gepappt und die Spieler lieben es, weil es vermeintlich neu aber doch vertraut ist.

Warum machen die Publisher das?

Die große Frage, die sich jeder halbwegs normal denkende Mensch nun stellen sollte ist diese: Warum zur Hölle machen die Publisher das? Warum müssen wir mittlerweile das siebte Spiel der Call of Duty Serie spielen? Warum schraubt EA seit mittlerweile 11 Jahren an „Die Sims“ rum? Warum finden innovative Ideen im AAA-Bereich der Games-Branche so gut wie gar nicht statt? Die Antwort ist schmerzhaft und wer GameDev Story gespielt hat, der kennt sie schon: Weil das Risiko des Scheiterns von innovativen Ideen nicht mit den wirtschaftlichen Interessen der Spielepublisher zu vereinbaren sind. Einfach gesagt: Mama serviert lieber das, wovon sie weiß, dass die Kinder es essen.

Bei der Spielebranche müssen wir uns klar machen, dass die Kollegen bei Electronic Arts, Activision und Ubisoft zuallererst auf den Umsatz schauen (müssen), anders kann man ein international geführtes Unternehmen gar nicht leiten. Kein normal denkender Investor zieht das hohe finanzielle Risiko vor, weil es ja auch so innovativ ist. Die Erwartung der Rendite ist der Killer der Innovation. Und dass die Rechnung aufgeht wurde uns erst vor kurzem gezeigt. Call of Duty: Black Ops, wohlgemerkt der siebte Teil der Serie, ist vor wenigen Wochen zum meist verkauften Spiel in den USA aller Zeiten gekürt worden.

So traurig es ist, aber die Schuldigen an diesem Teufelskreis sind letztendlich wir, die Konsumenten und Käufer. Die Games-Branche folgt einem eisernen Prinzip, welches auch den Erfolg von McDonalds mit begründet, dieses Prinzip ist der Grund, warum wir auch auf Urlaub am anderen Ende der Welt in den McDonalds latschen und da essen: Wir wissen was wir bekommen! Denn letztendlich folgen auch wir dem Gedanken der Investoren, wir müssen schließlich auch eine ganze Menge Holz für das Spiel hinlegen, wir müssen ziemlich lange dafür arbeiten. Und das Gefühl sein Geld für etwas verschwendet zu haben, was man am Ende nicht mag ist kein Gutes, deswegen betreiben auch wir im lokalen GameStop Risikominimierung: Wir kaufen, was wir kennen!

Wir können den Unterschied machen!

Diesen Artikel mit solch einer Aussicht zu schließen würde dem Umstand aber nicht gerecht werden, denn seit dem Erfolg von Steam und der Erschließung von neuen Vertriebswegen entsteht plötzlich auch ein Markt der Indipendent Entwickler, die uns nun ganz ohne Publisher als Kunden erreichen können. Dass dieser Weg funktioniert hat uns nicht zuletzt der Erfolg von Minecraft bewiesen. In dieser Sparte werden tatsächlich Spiele mit dem Willen zur Innovation erschaffen, denn dieser Markt funktioniert nur auf diese Art und Weise: Setze dich ab, dann hast du Erfolg! Jedoch funktioniert dieser Markt auch nur, weil willige Spieler und Konsumenten auch mal das Risiko eingehen und 10 Euro für ein Spiel in den Sand setzen, welches ihnen nicht gefällt. Der letzte Aspekt für den Erfolg eines Indipendent Games ist aber auch: Spiele das Spiel und rede drüber! Ohne Werbung lebt solch ein Spiel von deiner öffentlichen Meinung, welche du in Foren, Kommentaren und Blogs veröffentlichst!

Und diese Aussicht ist doch eine schöne, in den letzten 150 Wörtern hat sich das Blatt doch noch mal gewendet. Denn der Markt gehört nicht den Publishern, nicht mehr! Der Markt gehört uns Spielern, nur wir bestimmen über den Erfolg oder Misserfolg von Ideen. Und deswegen müssen wir auch manchmal ein Wagnis eingehen. Aus diesem Grund hier mein Appell an die Leser, die es bis zu diesem Absatz geschafft haben: Geht zu einem Spieledealer eurer Wahl, setzt euch ein Preislimit und kauft ein Spiel, von dem ihr noch nie gehört habt! Und schreibt drüber. Erzählt uns, welches Spiel es war und wie ihr es fandet, vielleicht finden wir ja hier den ein oder anderen versteckten Diamanten.


Hendrik Luehrsen ist Projektleiter von Krautgaming und seit jeher bekennender Feind von Spieleserien. Mit erschreckender Treffsicherheit widmet er sich immer den Spielen, welche garantiert keine Serie nach sich ziehen, Beispiele dafür sind C&C Renegade oder Planetside.

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